Autoindustrie:Ein bisschen Hoffnung

New Automobiles Shipped as Europe's Car Industry Faces Biggest Shutdown in Decades

Im Wartestand: Neue BMW-Fahrzeuge wurden auf Güterzüge verladen. Käufer sind derzeit schwer zu finden.

(Foto: Michaela Handrek-Rehle/Bloomberg)

Überall bricht der Absatz ein. Aber die Krise trifft BMW offenbar weniger als viele Konkurrenten. Für eine Überraschung sorgen Wohnmobile.

Von Max Hägler

BMW macht den Anfang bei den schlechten Nachrichten: Als erster deutscher Hersteller hat der Münchner Autokonzern Ergebnisse für das erste Quartal präsentiert, die natürlich miserabel sind angesichts der Corona-Krise. 21 Prozent weniger Autos verkauft im Vergleich zum Vorjahr, in absoluten Zahlen ausgedrückt 477 111 Wagen. In den Fabriken werden die Bänder bis Ende April stehen.

Das ist ein ziemliches Desaster - und dennoch gibt man sich bei BMW weiterhin zuversichtlicher als bei vielen anderen Unternehmen in der Branche, die rote Zahlen am Jahresende befürchten. Die Mitte März bekannt gegebenen Geschäftsaussichten hätten weiterhin Bestand, erklärte ein BMW-Sprecher an diesem Montag: "Für das Gesamtjahr rechnen wir nach der aktuellen Planung mit einer Marge im Korridor zwischen zwei und vier Prozent." Hauptargument weiterhin: In China sehe man bereits wieder "einen starken Auftragseingang", so Vertriebschef Pieter Nota. Die Seuche erschwere auch nicht den Kurs, die härteren CO₂-Richtlinien der EU zu erfüllen: Die verbleibenden Kunden fragten mehr Autos mit Elektro-Antrieben nach. "Wir sehen keine Notwendigkeit, die Zielsetzung zum Schutz des Klimas auszusetzen", sagt Nota - im Gegensatz zu manch anderem Manager der Konkurrenz.

Auch das Geld reicht derzeit noch in München: "Unsere Liquidität von 17,4 Milliarden Euro gibt uns einen soliden Handlungsspielraum", heißt es von BMW. Immerhin denkt man nun auch in München nach, wo sich Geld beschaffen ließe, wenn die Seuche die Geschäfte stärker beeinträchtigt als erhofft. Man habe "ein breites Instrumentarium an Refinanzierungsmöglichkeiten", auch Darlehen der staatlichen KfW-Bank seien möglich. Etliche Konkurrenten gaben in den vergangenen Tagen bekannt, Kreditlinien auszuweiten: Daimler (um 12 Milliarden Euro), Fiat-Chrysler (3,5) und Peugeot-Citroën (drei).

Bereits am Freitag hatte das Kraftfahrtbundesamt die Statistik der Zulassungen für Deutschland errechnet. Überall zeigen sich dabei rote Balken im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal. BMW kommt im Inlandsgeschäft noch glimpflich davon, minus sieben Prozent. Opel und Peugeot haben jedoch bereits ein Drittel ihres Deutschlandgeschäfts verloren. Volkswagen und Toyota etwa 18 Prozent. Wenn man allein den Monat März betrachtet, schlagen sich etwa die Schließungen von Autohäusern und ein zurückgehendes Kaufinteresse gravierend nieder: Ein Drittel weniger Autos wurden in Deutschland im Vergleich zum März des vergangenen Jahres verkauft, nur noch 215 119 Wagen, so wenige wie zuletzt vor 20 Jahren.

In den drei Ländern Kontinentaleuropas, die von der Seuche noch härter getroffen wurden, sind die Verkaufszahlen noch stärker eingebrochen: In Spanien sanken die Neuzulassungen um 69 Prozent, in Frankreich um 73 Prozent und in Italien sogar um 85 Prozent. "Der Neuwagenmarkt liegt europaweit am Boden", sagt Peter Fuß, Partner der Unternehmensberatung EY. Wie sich das weiter entwickelt? Da wagt Fuß keine Prognose: Im günstigsten Fall wird der Rückgang in Deutschland in diesem Jahr bei 15 Prozent liegen. Dabei hänge jedoch nicht alles an den derzeit gestoppten Fabrikationen: Auch die nahende Rezession und wahrscheinliche Jobverluste in größerem Ausmaß dürften die Nachfrage nach Neuwagen dämpfen, so Fuß.

Es gibt aber eine Produktkategorie, die offensichtlich in der Krise, vielleicht sogar ihretwegen, nachgefragt ist: Der Verkauf von Wohnmobilen stieg hierzulande im März um mehr als zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

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