Süddeutsche Zeitung

Corona-Hilfen:Worum es beim Autogipfel geht

Die Bundesregierung will die Hersteller mit neuen Milliardenhilfen unterstützen. Käufer von Elektroautos und Hybridfahrzeugen sollen profitieren.

Von Markus Balser, Berlin

Wie schwierig die Zeiten für die Autobranche sind, machen schon die Umstände des Krisengipfels am Dienstagabend klar. Die Runde wird groß. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel nehmen mehrere Minister, Ministerpräsidenten, Parteichefs, Topmanager von Autokonzernen, Verbänden und Gewerkschaftsfunktionäre teil. Doch während solche Gipfel vor Ausbruch der Corona-Pandemie an der Zufahrt zum Kanzleramt auch immer zur Leistungsschau der deutschen Limousinenbauer wurden, rollt diesmal keine schwarze Luxusklasse auf den Hof. Die Spitzenrunde kommt um 19 Uhr per Videoschalte zusammen. Die teuren Dienstfahrzeuge bleiben in der Garage.

Inhaltlich dürfte es sich trotzdem sehr viel ums Auto drehen. Die Politik sorgt sich offenbar um die wichtigste deutsche Branche. Nach mancher Enttäuschung in den vergangenen Monaten will die Regierung die Hersteller diesmal mit Milliardenzahlungen unterstützen. Eigentlich soll das Treffen in der Reihe "Konzertierte Aktion Mobilität" für strategische Beratungen über die Zukunftstechnologien dienen. Diesmal aber wird die Runde wohl auch dazu genutzt, um finanzielle Hilfen für die Gegenwart zu besiegeln.

Union und SPD sprachen sich am Dienstag schon im Vorfeld des Gipfels dafür aus, die Kaufprämien für Elektroautos zu verlängern. Diese Förderung habe zu einem "erkennbaren Sinneswandel bei Verbrauchern und Herstellern geführt", sagte etwa SPD-Chef Norbert Walter-Borjans vor der Videokonferenz. Die Regierung müsse nun für Kontinuität sorgen. Durch die Verlängerung der Prämie, aber auch durch einen Ausbau von Ladekapazitäten und der Fertigung von Batteriezellen.

Autokäufer erhalten über den Fördermechanismus einen Zuschuss von bis zu 6000 Euro für den Kauf eines Elektroautos, bei Hybridfahrzeugen sind es bis zu 4500 Euro. Der Bonus gilt für Fahrzeuge mit einem Kaufpreis von maximal 40 000 Euro. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und die CSU hatten sich schon für eine Verlängerung der Zuschüsse bis 2025 ausgesprochen.

Der Autoindustrie haben die Prämien bereits geholfen. Die Absatzzahlen von Elektro- und Hybridfahrzeugen stiegen zuletzt deutlich. Allerdings dürfte beim Autogipfel auch klar werden, dass die Regierung schon jetzt ihren Ausstieg aus solchen Programmen plant. Gelten sollen die vollen Prämien wohl nur bis 2022. Danach könnten sie sinken und möglicherweise nur noch auf reine E-Autos beschränkt werden. In jedem Fall geht es um sehr viel Steuergeld: Die vorläufigen Pläne für den Gipfel sehen eine Milliardensumme allein für diese Förderung vor.

Auf das Programm des Gipfels hat die Kanzlerin auch den Ausbau der Ladeinfrastruktur gesetzt. Die Bundesregierung will angesichts steigender E-Auto-Zahlen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass diese Fahrzeuge auch problemlos laden können. Wenn man beim Aufbau der Infrastruktur im aktuellen Tempo weitermache, werde man die eigenen Klimaziele nicht erreichen, warnte am Dienstag etwa Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Zu den offenen Punkten gehört, ob auch Zulieferer mit einem "Zukunftsfonds" rechnen können, der ihnen finanziell beim Umbau zu mehr Elektromobilität helfen soll.

Eine neue Abwrackprämie soll auch kommen - für Laster

Für Ärger bei Umweltschützern sorgt hingegen ein anderer Punkt auf der Agenda des Spitzentreffens. Denn auch eine neue Abwrackprämie ist in Vorbereitung. Allerdings nicht für Pkws, sondern für Nutzfahrzeuge. Beim Austausch eines älteren Lkws zugunsten moderner Euro-6-Fahrzeuge sollen Zuschüsse von bis zu 15 000 Euro pro Laster gezahlt werden. Darauf hätten sich die beteiligten Ministerien für Verkehr, Finanzen und Umwelt geeinigt, hieß es in Regierungskreisen. Insgesamt soll es für 2021 und 2022 dabei um eine Fördersumme von 500 Millionen Euro gehen. Gewerkschaften hatten für ein solches Programm geworben.

Hersteller von Lkws verzeichnen derzeit besonders starke Einbrüche. In vielen Werken droht ein massiver Stellenabbau, etwa bei der VW-Tochter MAN. Umweltschützer warnen jedoch vor den Effekten einer solchen Förderpolitik. Eine derartige Prämie verzögere die Anschaffung von emissionsfreien Lkws, warnt etwa die Umweltorganisation NABU. Die neuen Dieselfahrzeuge würden im Schnitt etwa zehn Jahre fahren. In diesem Zeitraum aber könnten viel mehr Fahrzeuge auf Elektromobilität umgestellt werden.

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