Süddeutsche Zeitung

Autoexperten:Der Männerjob

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In kaum einer anderen Branche gibt es so viele Gesprächsrunden zu allen denkbaren Themen. Frauen reden dabei selten mit.

Von Max Hägler

Kann eine Firma mit Carsharing wirklich Geld verdienen? Was hat der Elektroauto-Boom in China mit dem Fünfjahresplan der Regierung in dem Land zu tun? Gibt es genügend Arbeit in den Opel-Werken, nachdem Peugeot den deutschen Traditionshersteller übernommen hat? Und was ist von Teslas Ankündigung zu halten, alsbald wirklich und dauerhaft in die schwarzen Zahlen zu kommen - erwächst daraus eine dauerhafte Konkurrenz für deutsche Autobauer?

Die Automobilbranche mit ihren etwa 800 000 Beschäftigten allein in Deutschland wirft gerade in Zeiten des Umbruchs wie jetzt etliche Fragen auf. In kaum einer anderen Branche gibt es deshalb so viele Gesprächsrunden zu allen denkbaren betriebswirtschaftlichen oder technischen Themen. Die Auseinandersetzungen mit Konzernmanagern und auch Betriebsräten sind dabei unentbehrlich, aber sie vermitteln meist nur eine eindimensionale Sicht: Auf die jeweilige Firma bezogen, unter Aussparung kritischer Punkte. Insofern ist der Austausch mit Branchenkennern von Wert. Es können Hochschullehrer sein wie Ferdinand Dudenhöffer. Auch sein Kollege Stefan Bratzel gehört dazu, Professor an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Das Team des von ihm begründeten "Center of Automotive Management" sammelt allerlei Daten dieser weltweiten Industrie und wertet sie aus. Manche haben sich zudem auf spezielle Märkte spezialisiert, wie der China-Experte Jochen Siebert.

Das Feld ist eigentlich groß, und doch gibt es gar nicht so viele kundige Fachleute - und fast keine Frauen: Die Autoindustrie ist eine Männerbranche. Das gilt auch für Banken, die Märkte und Akteure im Blick haben. Frank Schwope etwa, Analyst von der NordLB, verfolgt die Strategien zahlreicher Autounternehmen auf dem Kurstableau und empfiehlt dann: Aktie kaufen, verkaufen oder halten. Andere Bankhäuser in Deutschland oder den USA beobachten das Gebaren und die Geschäftsentwicklung von Autofirmen ebenfalls genau - und meist sehr kritisch. Der lauteste Ruf, Elon Musk wegen fortgesetzten Kiffens als Tesla-Chef abzulösen, kam etwa aus dieser Riege. Und schließlich lohnt das Gespräch mit Beratungsfirmen. Firmen wie Oliver Wyman, Berylls, EY, Roland Berger, McKinsey, Accenture oder PWC leben davon, dass Autofirmen ihre Expertise abkaufen. Die Analysten dort teilen ihre oft interessanten Studien und Meinungen gern mit anderen Branchenbeobachtern. Frauen gibt es allerdings auch hier kaum - und ganz unabhängig sind die Analysen selten: Das Wohl des zahlenden Kunden geht stets vor.

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SZ vom 24.04.2019
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