Auto - Zwickau:VW erweitert Presswerk - Zulieferer wegen Corona in Sorge

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Ein großes VW-Logo an der Einfahrt zum Fahrzeugwerk von Volkswagen in Zwickau. Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Zwickau/Dresden (dpa/sn) - Im Schneckentempo rollt der große graue Kasten in Richtung der neu gebauten Halle im Zwickauer Fahrzeugwerk des Autobauers VW. Unter der unscheinbaren blauen Plane befindet sich ein 125 Tonnen schwerer Pressenkopf. Es ist der erste von fünf, der am Dienstag angeliefert wurde. Mit einer neuen Presse im XL-Format will Volkswagen in Zwickau künftig nahezu alle Karosserieteile für seine Elektroautos selbst fertigen.

Der Aufbau der 26 Millionen Euro teuren Presse zieht sich den Angaben zufolge über einen Zeitraum von neun Monaten hin. Ab Februar soll die 90 Meter lange Anlage dann in den Testbetrieb gehen. Trotz Corona-Pandemie liege das Projekt mit Kosten von 78 Millionen Euro im Zeitplan. So komme das neue Kopfstück der Ziehpresse per Schiff direkt aus Brasilien, sagt Ronny Günther, verantwortlicher Projektleiter für die Presswerkserweiterung. Weitere Bestandteile der Anlage seien rechtzeitig aus China zugeliefert und zum Teil während der coronabedingten Werksschließung eingebaut worden. Selbst mit Lieferanten aus Italien oder Spanien laufe soweit alles nach Plan.

Die Erweiterung des Presswerks mit derzeit 240 Mitarbeitern - laut Rittrich das zweitgrößte der Marke Volkswagen - ist Teil des groß angelegten Umbaus des Zwickauer Werks zur E-Auto-Fabrik, in den VW seit Anfang 2019 mehr als 1,2 Milliarden Euro investiert. Mithilfe der neuen Presse und einer weiteren Großpresse, die bereits seit mehreren Jahren im Einsatz ist, soll zunächst die komplette Außenhaut des E-Modells ID gefertigt werden. Derzeit werden in Zwickau täglich 150 E-Autos in zwei Schichten gebaut, ab Juni soll die Produktion auf 225 Stück und Drei-Schicht-Betrieb hochgefahren werden.

Neben Volkswagen in Zwickau bauen auch Porsche und BMW in Leipzig E-Fahrzeuge. Gerade für Sachsen sei das Thema Elektromobilität von großer Bedeutung, weil künftig im Freistaat "überproportional viele elektrisch betriebene Autos produziert werden", hieß es in einem aktuellen Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Sachsen. Der strukturelle Wandel sei daher eine große Herausforderung für die Automobilindustrie im Freistaat.

Das IAB Sachsen hat daher 30 vom Wandel zur E-Mobilität betroffene Wirtschaftszweige ausgemacht und auf Chancen und Risiken untersucht. Die Studie sieht bei Umsatz und Beschäftigung bei sechs Wirtschaftszweigen eher Risiken - etwa bei der Herstellung von Verbrennungsmotoren, Pumpen und Kompressoren. In neun Feldern machte das IAB hingegen Chancen aus, unter anderem bei der Produktion von Batterien oder elektrischen Mess- und Kontrollinstrumenten, so Mitautor Uwe Sujata. Für die anderen Wirtschaftszweige ergeben sich hingegen kaum Änderungen, was Umsatz und Beschäftigung angeht.

Laut IAB sind die Beschäftigtenzahlen in der sächsischen Automobilindustrie in Sachsen in den vergangenen 12 Jahren um 39 Prozent gestiegen. Derzeit arbeiten rund 100 000 Menschen in der Automobilindustrie und den Zulieferbranchen.

Die Zulieferer sehen ihre sehen ihre Geschäfte wiederum durch die Corona-Krise massiv beeinträchtigt. Laut einer Kurzumfrage des Netzwerk Automobilzulieferer Sachsen (AMZ) schätzt rund ein Drittel der Zulieferer das Risiko einer "akuten wirtschaftlichen Notlage" als hoch ein, elf Prozent sogar als sehr hoch. Zwar seien die Zulieferer erleichtert, dass die Automobilproduktion nun langsam wieder anlaufe, sagte Netzwerkmanager Dirk Vogel. "Aber die Aussichten werden schon als sehr schwierig eingeschätzt, auch noch für das nächste Jahr."

Demnach schließt die Hälfte der Befragten Entlassungen nicht aus. Mehr als 80 Prozent der befragten Zulieferer nehmen bereits Kurzarbeitergeld in Anspruch. Zudem erwartet die Automobilindustrie deutliche Umsatzrückgänge in diesem Jahr - 23 Prozent der Zulieferer rechnen sogar mit einem Rückgang bis knapp 50 Prozent. AMZ hatte seine rund 160 Mitglieder vom 11. bis zum 18. Mai zur wirtschaftlichen Lage in der Corona-Krise befragt. Es beteiligten sich mehr als 100 Unternehmen - vor allem aus den Regionen Zwickau, Chemnitz, Erzgebirge und Mittelsachsen.

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