Auto:Volkswagen will Tierversuche für die Zukunft ausschließen

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Dunkle Wolken ziehen über ein Logo des Autobauers am VW-Werk in Wolfsburg. Foto: Julian Stratenschulte (Foto: dpa)

Berlin/Hannover (dpa) - Nach der massiven Kritik an umstrittenen Diesel-Abgastests mit Affen will Volkswagen künftig auf Tierversuche verzichten.

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Berlin/Hannover (dpa) - Nach der massiven Kritik an umstrittenen Diesel-Abgastests mit Affen will Volkswagen künftig auf Tierversuche verzichten.

"Wir wollen Tierversuche für die Zukunft absolut ausschließen. Damit so etwas nicht noch einmal passiert", sagte der VW-Generalbevollmächtigte Thomas Steg der "Bild"-Zeitung (Dienstag). Der Autobauerlasse prüfen, was nach den Versuchen mit den Affen geschehen sei, in welchem Zustand sie übergeben wurden und wie es ihnen heute gehe.

Zuvor hatte auch VW-Konzernchef Matthias Müller die Versuche als inakzeptabel bezeichnet. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh forderte erneut vom Vorstand vollständige Aufklärung und personelle Konsequenzen - ohne Ansehen von Personen.

Osterloh kritisierte am Rande der Verhandlungen zum VW-Haustarif in Hannover: "Anscheinend ist einigen bei Volkswagen der ethische und moralische Kompass abhanden gekommen." Er machte klar, dass die Beschäftigten von Volkswagen Versuche mit Menschen und Tieren rundheraus ablehnen: "Hier sind die Grenzen von anständigem und integrem Verhalten eindeutig überschritten worden." Er werde sich auf der Sitzung des Aufsichtsratspräsidiums in der kommenden Woche "hier eindeutig und unmissverständlich positionieren".

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates sorgt sich derweil um den Imageschaden für die seriöse Forschungsarbeit. "Dass die Forschung durch die Autoindustrie gesponsert worden ist, kann auch das Vertrauen in die Forschung untergraben", sagte Peter Dabrock dem Sender hr-info. Die Aufregung um eine Schadstoffstudie des Aachener Universitätsklinikums hänge damit zusammen, "dass die Forschung ausgerechnet von jemandem gesponsert worden ist, der größter Profiteur dieser Forschung sein kann - das hat ein Geschmäckle."

Das führe zu der Frage, wie die Forschungsförderung in Deutschland generell geregelt werden sollte. "Die Autoindustrie macht ein ums andere Mal Vertrauen kaputt", kritisierte der Ethik-Professor der Universität Erlangen.

Die Autoindustrie hatte Wissenschaftler eingespannt, um mit der von BMW, Daimler, VW und Bosch gegründeten Lobbyorganisation EUGT - die Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor - Gesundheitsgefahren von Dieselabgasen zu verharmlosen. 2015 war aufgeflogen, dass VW die Abgasreinigung von Millionen von Dieselfahrzeugen manipuliert hatte.

Derweil reißt die Kritik aus der Politik an den Tests nicht ab. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte der "Passauer Neuen Presse": "Was da berichtet wird, ist einfach schockierend. Wer solche Tests in Auftrag gibt, scheint jeglichen Maßstab verloren zu haben." Menschen und Tiere für die eigenen Zwecke zu missbrauchen, sei "einfach entsetzlich". Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) betonte in Brüssel: "Das, was VW wohl führend und zusammen mit anderen Automobilherstellern gemacht hat an Versuchen mit Affen in New Mexico und mit Menschen in der Bundesrepublik Deutschland, halte ich für verantwortungslos."

Die Grünen im Bundestag forderten, die Bundesregierung müsse schnell Antworten darauf geben, seit wann sie von den Affenversuchen wusste und ob öffentliche Gelder an die EUGT gezahlt wurden, um diese "menschen- und tierverachtenden Methoden" zu finanzieren.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann hält Distanzierungen der Autoindustrie für unglaubwürdig. "Es ist ja schön, dass sich heute alle davon distanzieren, weil die öffentliche Meinung das inzwischen von ihnen verlangt", sagte der Grünen-Politiker im rbb-Inforadio. "Vor allem die Aufsichtsräte müssen jetzt mal aufklären, wie die Verantwortungs- und Entscheidungsstrukturen in ihren Unternehmen jeweils laufen. Denn es kann doch nicht wahr sein, dass keiner von ihnen etwas gewusst hat und immer ist es irgendwie passiert."

Die umstrittenen Tests sollen auch Thema im Bundestag werden. Die Grünen beantragten für diese Woche eine Aktuelle Stunde im Parlament. "Wir fordern die Bundesregierung auf, klar zu sagen, ob sie bereits von den zwielichtigen Methoden der Autoindustrie wusste und inwieweit diese sogar aus öffentlichen Geldern finanziert wurden", sagte Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann. Sie warf den Autobauern vor, mit angeblich wissenschaftlichen Tierexperimenten und Tests an Menschen die Gefahr von Stickoxiden zu verharmlosen.

Bosch-Chef Volkmar Denner nannte die Versuche mit Affen einen erheblichen Rückschlag. Bosch sei bereits 2013 aus der EUGT ausgestiegen. Die wissenschaftlichen Fortschritte hätten nicht dem entsprochen, was man erwartet habe, sagte Denner.

Der Grünen-Politiker Harald Ebner forderte striktere Richtlinien für Tierversuche. Der Bundestagsabgeordnete sagte der "Heilbronner Stimme": "Die deutschen Behörden haben nach aktueller Regelung zu wenig Handhabe, Tierversuche wirksam zu begrenzen. Alternative Methoden werden viel zu wenig gefördert."

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