Auto-Versicherung:Allianz nutzt den Spieltrieb

Tacho-Manipulationen ab sofort strafbar

Gebrauchtwagen-Betrug ist einfach: Über die Diagnoseschnittstelle lässt sich der Kilometerstand digital manipulieren - und der Verkaufspreis heben.

(Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Das Versicherungsunternehmen gibt sich modern: Junge Versicherte mit Telematik-Tarif können ihre Fahrdaten auf Facebook mitteilen und so sparen.

Von Herbert Fromme, Köln

Deutsche Fahrer lassen ihr Fahrverhalten nicht freiwillig per App kontrollieren und schon gar nicht veröffentlichen. Davon sind Daten- und Verbraucherschützer ebenso überzeugt wie viele Versicherer. Die Allianz tritt gerade den Beweis an, dass Teile ihrer jungen Kundschaft sehr wohl ihr Fahrverhalten aufzeichnen lassen, die Ergebnisse gerne Freunden mitteilen oder sogar öffentlich machen.

Seit Mai können Allianz-Kunden unter 29, die eine spezielle Aufzeichnungs-App benutzen, den Versicherungsbeitrag durch umsichtiges Fahren um bis zu 40 Prozent senken. Der Beitrag ist bei jungen Fahrern in der Regel sehr hoch, deshalb lohnt sich für sie der Rabatt besonders. Je nach Beschleunigung, Bremsverhalten, Geschwindigkeit und gefahrenen Strecken erreichen sie einen Nachlass - oder eben nicht.

Erst vor kurzem hat der Versicherer Funktionen in die App eingebaut, mit der Nutzer sich in eine Bestenliste eintragen können. Jetzt geht er noch einen Schritt weiter. Künftig können die jungen Fahrer ihre Fahrten mit den dort gesammelten Werten per Knopfdruck in sozialen Netzwerken austauschen. "Damit folgen wir Kundenwünschen", sagt Vorstand Frank Sommerfeld. "Gerade die jungen Leute erwarten von der App die gleichen Features, die sie auch von Whatsapp oder Facebook kennen."

Der Allianz-Vorstoß wird viele Versicherer beunruhigen. Denn kaum ein Thema entzweit die Branche so sehr wie die Telematik-Tarife. Allianz, HUK-Coburg, Axa, Signal-Iduna, VHV und andere haben solche Tarife im Angebot, andere Versicherer lehnen sie vehement ab. Ihr (inoffizieller) Sprecher ist Marco Morawetz, ein bekannter Experte, der beim Rückversicherer Gen Re arbeitet. Er spricht von "irrationalem Aktionismus" und bezweifelt, dass es ein großes Kundeninteresse an solchen Tarifen gibt.

"Aktuell haben wir 13 066 Verträge", sagt dazu ein Allianz-Sprecher. "Es entscheiden sich 800 Kunden pro Woche für den neuen Tarif." Nun sind 13 000 Verträge bei 8,3 Millionen von der Allianz versicherten Fahrzeugen noch unbedeutend. Aber ein Image als moderner, junger Versicherer ist wichtig für den Anbieter. Er hat in den vergangenen Jahren heftig Marktanteile an die HUK-Coburg verloren, die jetzt 10,7 Millionen Fahrzeuge versichert. Die Allianz galt als behäbig und rückständig, den Sprung in die digitale Welt nehmen ihr viele Kunden noch nicht ab. Da soll auch die App helfen.

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