Süddeutsche Zeitung

TouchscreenAutos sollen wieder mehr Knöpfe bekommen

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Alles per Bildschirm steuern? Im Auto nicht die beste Idee, findet die EU-Sicherheitsorganisation NCAP und droht Herstellern damit, sie schlechter zu bewerten, wenn sie zu viel in den Touchscreen packen.

Von Helmut Martin-Jung

Es ist so wunderbar einfach: Ein Wisch hier, ein Fingertipp da, und schon zeigt einem das Smartphone die neue mögliche Liebe oder auch mal bloß den Weg zur Pizzeria. Viele Autohersteller haben versucht, diese Art der Bedienung zu adaptieren. Haben aus ihren Fahrzeugen in den vergangenen Jahren so etwas wie rollende Tablets gemacht. Der Touchscreen quasi als letzte Konsequenz daraus, dass Autos mittlerweile längst computergesteuerte Maschinen sind.

Aber eben noch nicht ganz. Trotz aller vollmundigen Ankündigungen der Industrie, bleiben völlig autonome Autos ein Versprechen. Der Apple-Konzern hat sein milliardenteures Autoprojekt sogar eingestellt - weil man ohne volle Autonomie kaum mehr bieten könne, als andere Hersteller.

Noch also müssen Menschen das Verkehrsgeschehen selbst im Blick haben. Das tun sie aber besser, wenn sie zumindest einige Handgriffe tatsächlich mit einem Handgriff erledigen können. Je mehr Funktionen Touchscreens übernahmen, desto mehr reifte auch die Erkenntnis: Was fürs Handy gilt, muss fürs Auto noch lange nicht die beste aller Lösungen sein - weil die Touchscreens die Menschen am Steuer zu sehr ablenken.

Die ersten Hersteller haben bereits reagiert. VW etwa will in seine neuen Autos wieder mehr Knöpfe und Schalter einbauen, kündigte der Konzern Mitte 2023 an. Dabei geht es nicht nur um die Sicherheit, auch die Kundschaft hatte sich beschwert. Oft ist es im Auto einfach zu umständlich, auf einem Touchscreen herumzutippen und zu wischen. Und man muss dabei ja hinsehen, anders als etwa bei einem gewöhnlichen Lautstärke-Knopf fürs Autoradio. Den findet man blind genauso gut.

Nun haben EU-Sicherheitsexperten noch einmal nachgelegt. Die Euro NCAP droht damit, die Sicherheitsbewertungen für Autos herabzusetzen, wenn die Hersteller zu viele Funktionen bloß noch über den Touchscreen zugänglich machen. NCAP steht für European New Car Assessment Programme, dahinter verbirgt sich eine Organisation mit Sitz in Brüssel, die aus Mitgliedern europäischer Verkehrsministerien, Automobilclubs und Versicherungsverbände besteht. Sie vergibt die bekannten Sternebewertungen für die Sicherheit von Autos. Die NCAP will Vorschläge für mehr traditionelle Schalter und Knöpfe erarbeiten.

Verpflichtend sind die zwar nicht, aber wenn ein mit Funktionen überladener Touchscreen künftig einen Stern kostet, könnte das die Hersteller dazu bringen, wieder mehr auf traditionelle Bedienelemente zu setzen. Etwa Tesla: Dessen Fahrzeuge zeichnen sich durch riesige Bildschirme in der Mitte des Armaturenbretts aus. Viele Funktionen lassen sich nur darüber steuern.

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