Auto - Stuttgart:Nachrüstung statt Diesel-Verbot? Gericht entscheidet

Stuttgart (dpa/lsw) - Lassen sich mit den von der Autoindustrie angedeuteten Nachrüstungen älterer Dieselmotoren die drohenden Fahrverbote in den Großstädten verhindern? Vom Verwaltungsgericht Stuttgart wird dazu heute eine wegweisende Entscheidung erwartet. Auf Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) haben die Richter überprüft, ob das Land Baden-Württemberg genug tut, um die extreme Belastung der Luft in Stuttgart mit giftigem Stickstoffdioxid zu reduzieren. Für die Stuttgarter Entscheidung dürften sich etliche Großstädte interessieren, die ähnliche Probleme mit dem vor allem aus Dieselmotoren stammenden Schadstoff haben.

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Stuttgart (dpa/lsw) - Lassen sich mit den von der Autoindustrie angedeuteten Nachrüstungen älterer Dieselmotoren die drohenden Fahrverbote in den Großstädten verhindern? Vom Verwaltungsgericht Stuttgart wird dazu heute eine wegweisende Entscheidung erwartet. Auf Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) haben die Richter überprüft, ob das Land Baden-Württemberg genug tut, um die extreme Belastung der Luft in Stuttgart mit giftigem Stickstoffdioxid zu reduzieren. Für die Stuttgarter Entscheidung dürften sich etliche Großstädte interessieren, die ähnliche Probleme mit dem vor allem aus Dieselmotoren stammenden Schadstoff haben.

Im neuen Luftreinhalteplan, den das Gericht auf die DUH-Klage prüft, stehen verschiedene Varianten von Fahrverboten ab 2018 für viele Diesel mit einer Abgasnorm unterhalb von Euro 6. Diese unpopuläre Maßnahme möchte das Land allerdings vermeiden und erhofft sich einen Aufschub bis klar wird, ob sich die Luft in Stuttgart nicht auch durch die Nachrüstungen ausreichend verbessern lässt. "Wir wollen Fahrverbote in Stuttgart vermeiden - und ich bin zuversichtlich, dass das gelingt", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch hingegen ist zuversichtlich, dass das Gericht im Sinne der Kläger entscheiden wird. Dem Radioprogramm SWR Aktuell sagte Resch, der Richter habe vor einer Woche keine Zweifel daran gelassen, dass alle Maßnahmen jenseits der Fahrverbote nicht ausreichten: "Deswegen bin ich sehr, sehr optimistisch, dass wir heute eine sehr kluge Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart bekommen. Und diese Entscheidung wird lauten: Klare Fahrverbote und klare Absage an diese Pseudo-Software-Updates, die auch nach Meinung des Gerichts ungeeignet sind, in Stuttgart für saubere Luft zu sorgen."

Bei der Verhandlung letzte Woche hatte das Gericht angedeutet, dass es bislang vage Ankündigungen der Autoindustrie nicht als tatkräftiges Handeln des Landes anerkennen werde, zu dem es gesetzlich verpflichtet ist. Ebenfalls zu erwarten ist, dass mit dem Stuttgarter Spruch das letzte Wort nicht gesprochen ist. Beide Seiten zeigten sich nicht abgeneigt, in einer sogenannten Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht eine höchstrichterliche Entscheidung zu suchen.

Die grün-schwarze Landesregierung baut auf eine Wende durch den geplanten nationalen Diesel-Gipfel am 2. August. Nur wenn die Autoindustrie verbindliche und wirkungsvolle Nachrüstungen für ältere Dieselmotoren auf die strengste Abgasnorm Euro6 präsentiere, könne das Land letztlich vor Gericht bestehen, sagte Kretschmann. Dafür müsse die Autoindustrie aber für eine wirksame Nachrüstungslösung mit deutlich weniger Schadstoffausstoß sorgen. "Was nicht reichen wird, sind irgendwelche Ankündigungen diffuser Art."

Das Verwaltungsgericht hatte bei der Verhandlung der DUH-Klage die Hoffnung von Land und Autobauern deutlich geschmälert, mit den bisherigen Ankündigungen für Nachrüstungen, Fahrverbote ausgerechnet in der Autostadt Stuttgart zu verhindern. Experten des Landes sagten Richter Wolfgang Kern auf dessen Nachfrage, dass die bisher vorgesehenen Nachrüstungen an Deutschlands schmutzigster Kreuzung, dem Neckartor, im allerbesten Fall eine Schadstoffreduzierung um neun Prozent bringen würden.

Unter dem Strich könnte also am Ende stehen, dass Land und Stadt um Fahrverbote nicht herumkommen. Das Land sei gesetzlich verpflichtet, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, mit dem die EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid absehbar nachhaltig eingehalten werden können, betonte das Gericht. Am innenstadtnahen Stuttgarter Neckartor sind die Werte nicht selten doppelt so hoch wie erlaubt. Ein Anlieger von Deutschlands schmutzigster Straßenkreuzung erreichte vor dem gleichen Gericht 2016 einen Vergleich: Land und Stadt mussten zusagen, ab 1. Januar 2018 an Tagen mit extrem hoher Belastung den Verkehr am Neckartor um 20 Prozent zu reduzieren. Wie das gehen soll - dazu gibt es laut Land bisher keine Pläne.

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