"Auto-Kartell":Milliarden oder Millionen?

Die Industrie zweifelt an der Dimension der vermeintlich illegalen Absprachen - auch Zulieferer, die am ehesten geschädigt sein dürften.

Von Max Hägler

Es ist eine vertrackte Sache mit diesem mutmaßlichen Auto-Kartell: Diejenigen, die etwas wissen könnten, dürfen nicht darüber sprechen. Volkswagen und Daimler haben jeweils eine Art Selbstanzeige verfasst, aber noch nicht einmal das Versenden solcher Schreiben dürfen sie bestätigen, sonst verfallen mögliche Vorteile, die sie in dieser Kronzeugensituation gewonnen haben. Entsprechend war VWs Kommunikation nach einer Aufsichtsratssitzung am Mittwochabend. Zu Details möglicher Kartellrechtsfragen nehme man derzeit keine Stellung, hieß es - verbunden mit der Einordnung, dass herstellerübergreifende Gespräche zu Technikthemen ja durchaus üblich seien, also nicht gesetzeswidrig. Wie man nun aus Kreisen der Industrie und Politik hört, geht man vor allem in Wolfsburg deshalb sogar davon aus, dass viele zur Prüfung vorgelegten Sachverhalte von den Kartellbehörden nicht beanstandet werden dürften. Angeblich finden sich in den Unterlagen etwa keine konkreten Preisabsprachen - vor allem das wäre tendenziell unzulässig.

Viele Gespräche könne man nicht eindeutig bewerten; im Kartellrecht könne man nicht so klare Wertungen treffen wie oft im Strafrecht. Insofern schätzen manche mit der Sache befasste Personen, dass es mitnichten ein Jahrhundertskandal ist, der Milliardenbußgelder nach sich ziehen wird. Auch von Zulieferern, die am ehesten geschädigt sein dürften, heißt es: Dass die Auftraggeber miteinander sprechen, ist normal. Man könne ihnen das nicht unbedingt vorwerfen. Dass der Fall nicht glasklar ist, darauf deutet auch hin, dass offenbar noch keine Verfahren eingeleitet wurden, obwohl Daimler bereits im Jahr 2014 Meldung machte und VW im Sommer 2016. Und auch bei BMW, einem Teilnehmer der Runde, ist noch kein Wettbewerbshüter vorstellig geworden.

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