Auto-Industrie:Dieselkrise schlägt auf Bosch durch

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Manager spricht von "Strukturbruch" und kündigt Fortsetzung des Stellenabbaus an. Mitarbeiter demonstrieren und fordern Unterstützung von der Politik.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Etwa 4000 Mitarbeiter des Autozulieferers Bosch haben am Mittwoch vor den Toren des Werks Stuttgart-Feuerbach für den Erhalt ihrer Jobs demonstriert. Dabei standen Arbeiter im Blaumann neben Ingenieuren mit weißem Hemd. Die ungewöhnlich hohe Beteiligung sowie die Reden machte deutlich: Der Wandel in der Automobilindustrie könnte noch viel heftiger werden als bislang gedacht. In der Branche fürchtet man, dass noch mehr Jobs wegfallen als angenommen.

"Das ist mehr als eine Strukturkrise zwischendurch", sagte Roman Zitzelsberger, Chef der IG Metall Baden-Württemberg. "Das Problem wird die ganze Branche schütteln." Diese Einschätzung bestätigte Bosch-Manager Uwe Gackstatter nach der Kundgebung vor Journalisten: Der Chef der Antriebssparte sprach von einem "Strukturbruch". "Wir werden das heutige Beschäftigungsniveau nicht halten können." Grund: Die Aufträge für Komponenten von Dieselmotoren brechen ein. Deshalb habe Bosch 2018 bereits 600 Arbeitsplätze abgebaut, indem ausscheidendes Personal nicht mehr ersetzt wurde. 2019 werden mindestens 500 weitere Stellen wegfallen, auch durch Trennung von befristet Angestellten. Und ein Ende ist nicht in Sicht: In den weiteren Dieselwerken in Bamberg und Homburg sind bereits alle befristeten Verträge ausgelaufen und nicht verlängert worden, angesichts mangelnder Auslastung werden die Fabriken tageweise komplett geschlossen.

Der Abgasskandal, die Diskussion um Fahrverbote und der dadurch sinkende Absatz von Dieselfahrzeugen schlägt voll auf den Weltmarktführer bei Dieseltechnologie durch. Bei Bosch hängen etwa 50 000 Jobs weltweit vom Selbstzünder ab, davon 15 000 in Deutschland. Vom drohenden Stellenabbau sind nicht nur ungelernte Fließbandkräfte betroffen, sondern auch hoch qualifizierte Entwicklungs-Ingenieure. "In der Forschung kommen praktisch keine Aufträge mehr rein", sagt Betriebsrat Andreas Hiebel.

Bis zuletzt ging die IG Metall davon aus, dass durch den Wandel vom Verbrennermotor zur Elektromobilität bis zum Jahr 2030 in Deutschland etwa 70 000 Jobs verloren gehen. Diese Zahl ist inzwischen überholt, wie Gewerkschaftssekretär Zitzelsberger betont. Er geht davon aus, dass bis zu 160 000 Arbeitsplätze wegfallen.

Als Stiftungskonzern versucht Bosch seit jeher, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Deshalb will er künftig diverse Komponenten nicht mehr zukaufen, sondern von frei werdenden eigenen Leuten herstellen lassen. Dieses sogenannte "Insourcing" macht in der Branche derzeit die Runde, auch bei großen Autoherstellern. Damit ist auch klar: Bald trifft es die kleinen Betriebe, die keine Aufträge mehr bekommen. Bosch-Betriebsrat Frank Sell fordert deshalb Hilfe von der Politik: "Bei der Kohle-Kommission ging es um 20 000 Arbeitsplätze, alleine bei den Zulieferern sind 200 000 in Gefahr."

© SZ vom 14.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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