Auto:Daimler teilt sich in Aktiengesellschaften auf

Mercedes C-Klasse - Produktion in Sindelfingen

Mitarbeiter des Stuttgarter Automobilkonzerns Daimler in der Fertigung der Mercedes C-Klasse-Fahrzeuge.

(Foto: Bernd Weißbrod/ dpa)

Künftig sollen die drei Hauptbereiche als eigenständige Gesellschaften wirtschaften. Der Autohersteller macht der Belegschaft weitreichende Zusagen.

Von Max Hägler und Stefan Mayr, Stuttgart

Die Aufsplittung des Daimler-Konzerns in mehrere kleine Aktiengesellschaften rückt näher. Nicht zuletzt angesichts der stetig steigenden Konkurrenz durch neue Hersteller von Elektro-Fahrzeugen treibt der Vorstand des Stuttgarter Autokonzerns seine Pläne kräftig voran. Künftig sollen die drei Bereiche Pkw/Vans sowie Trucks/Busse und Finanz-Dienstleistungen als jeweils eigenständige AG wirtschaften, die zunächst aber hundertprozentige Töchter einer Daimler Holding bleiben. Mit diesem Schachzug will der Vorstand um Chef Dieter Zetsche das Unternehmen agiler aufstellen. "Wer dauerhaft wettbewerbsfähig und nachhaltig profitabel sein will, muss sich kontinuierlich weiterentwickeln und sich an schnell ändernde Umfelder anpassen können", sagt Zetsche. Experten bezeichnen die Schlankheitskur als sinnvoll - und mahnen gleichzeitig weitere Schritte an.

Eine zwölfjährige Beschäftigungsgarantie - das ist neuer Rekord für den Konzern

"Eine Divisionalisierung ist ein Schritt in die richtige Richtung", sagt Willi Diez, Lehrstuhl-Inhaber vom Hochschul-Institut für Automobilwirtschaft. Diez fordert zusätzlich vor allem eine eigenständige Division für Mobilitäts-Dienstleistungen, die durch einen Börsengang Geld für eine schnelle Expansion einsammeln soll. Mittelfristig werde der jetzige Prozess zu einem Unternehmenssplitting führen. Ganz ähnlich äußert sich der Betriebsrats-Vorsitzende Michael Brecht. Langfristig sei ein Börsengang "durchaus denkbar" - etwa im Falle von Kooperationen oder einer Kapitalerhöhung, "um sich zusätzliches Geld am Kapitalmarkt zu beschaffen".

Vorstandschef Dieter Zetsche betont unterdessen, der Verkauf einer der Sparten sei derzeit nicht das Ziel. Auch einen Arbeitsplatzabbau werde es nicht geben. Mit diesem Versprechen hat Zetsche ein erstes großes Hindernis aus dem Weg geräumt; Die Arbeitnehmer-Vertreter haben gegen den Umbau nichts einzuwenden. Als Zetsche den Plan vor drei Monaten verkündete, hatte das unter den weltweit etwa 300 000 Mitarbeitern (davon 170 000 in Deutschland) durchaus Unruhe ausgelöst. Vor allem die Sorge um den Job oder die Angst vor einem Weiterverkauf der Firma an Investoren keimte auf. Doch das Management sicherte sich das Einverständnis der Arbeitnehmer mit weitgehenden Job-Garantien und weiteren Zugeständnissen.

"Es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen bis 2030, das ist die längste Zukunftssicherung, die es in der Geschichte des Unternehmens jemals gegeben hat", sagt Betriebsrats-Chef Brecht. Die aktuelle Zukunftssicherung wäre Ende 2020 ausgelaufen. Zudem habe der Betriebsrat eine "Transformationszusage" ausgehandelt. Demnach werde jeder Mitarbeiter auch in Zukunft einen gleichwertigen Job bekommen - bei Bedarf soll er weiterqualifiziert werden. Alle Sparten-AGs bleiben tarifgebunden, sie zahlen weiterhin Tarifgehälter die Erfolgsbeteiligung wurde gar bis 2025 versprochen. Daimler kündigte zudem an, bis 2025 35 Milliarden Euro in die deutschen Standorte zu investieren. Schwerpunkte der Investitionen sind laut Betriebsrat Elektromobilität, Mobilitätsdienstleistungen und autonomes Fahren.

Derzeit besteht Daimler aus fünf Divisionen: Daimler Financial Services, Pkw, Vans, Lkw und Busse arbeiten nebeneinander unter dem Konzerndach. Künftig werden die Vans der Pkw-Sparte zugeschlagen, die Busse den Lkws. Die geplanten drei unabhängigen Einheiten sollen mehr unternehmerische Verantwortung bekommen. Dadurch sollen sie stärker wachsen, investieren und mehr Gewinn machen. Bis es soweit ist, dauert es allerdings noch: Das Projekt muss noch von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung förmlich beschlossen werden, das wäre frühestens 2019 möglich.

Auch VW setzt auf eigenständigeres Arbeiten der einzelnen Unternehmensteile: Die zwölf Marken sollen eigenständiger agieren. Die Erkenntnis wie in vielen großen Organisationen: Leute aus dem mittleren Management verbringen viel Zeit damit, sich für den nächsten Karriereschritt in Szene zu setzen statt produktiv im Team zu arbeiten. Kleinere Firmeinheiten könnten dieses lähmende Spiel ein wenig auflockern.

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