Süddeutsche Zeitung

Ausstand der Lokführergewerkschaft:Weselsky macht Bahn für Streik verantwortlich

Lesezeit: 2 min

Kampfansage an Deutsche Bahn

Ohne Streik keine Schlichtung: Wenige Stunden vor Beginn des längsten Streiks in der Geschichte der Deutschen Bahn lässt Claus Weselsky, Chef der Lokführergewerkschaft GDL, die Hoffnung auf eine Einigung platzen. Die Schuld am Streik trage das Unternehmen selbst: "Die Eskalation verursacht die Deutsche Bahn AG", sagt Weselsky bei einer Pressekonferenz in Berlin. In dem monatelangen Tarifkonflikt verhandele der Arbeitgeber, ohne ein Ergebnis zu wollen. "Einen Schritt vor, zwei zurück", das sei die Strategie der Bahn. Seine Stimme klingt gefasst, doch die Wut auf die Deutsche Bahn und die konkurrierende Gewerkschaft EVG ist klar herauszuhören.

Die Kritik aus der Bundesregierung an dem mehrtägigen Ausstand weist der GDL-Chef zurück. Er spricht von einem Eingriff in die Tarifautonomie und dem Versuch, Streiks als etwas Unanständiges hinzustellen. Eine Schlichtung sei nur möglich, wenn es um konkrete Streitpunkte wie etwa mehr Geld oder Arbeitszeiten gehe. Die GDL streite aber um das Grundrecht, Angehörige anderer Beschäftigtengruppen vertreten zu dürfen.

Fast acht Minuten lang redet Weselsky vor der Presse und macht dabei unmissverständlich klar, dass die GDL im Recht sei. Auch das Arbeitsgericht in Frankfurt am Main habe der Gewerkschaft im November gerichtlich bescheinigt, dass sie streiken dürfe, sagt Weselsky.

Was Kritiker sagen

In der Regierungskoalition ist die Streikankündigung der GDL auf scharfe Kritik gestoßen. Der Streik werde Pendler und Reisende, aber auch die Deutsche Bahn und die gesamte deutsche Wirtschaft insgesamt schwer treffen, sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) der Bild am Morgen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte, die Grenze der Akzeptanz dieses Tarifstreits in der Bevölkerung sei zunehmend erreicht.

Worum es bei dem Streik geht

In dem schon zehn Monate andauernden Tarifkonflikt hatte die GDL bereits sieben Mal den Personen- und den Güterverkehr bei der Deutschen Bahn bestreikt, zuletzt Ende April. Die Bahn verhandelt parallel auch mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), weil beide Gewerkschaften sich nicht auf Regeln für ein gemeinsames Vorgehen einigen konnten. EVG und GDL wollen Tarifabschlüsse für ihre jeweiligen Mitglieder erreichen, die Bahn will aber unterschiedliche Ergebnisse für ein und dieselbe Berufsgruppe verhindern.

Weselsky fordert die Bahn an diesem Montag auf, die "Spaltung der Lokomotivführer" zu beenden. Für alle Lokführer müsse der einheitliche Flächentarifvertrag gelten - auch für sogenannte Lokrangierführer. Letztere seien eine "Erfindung der Bahn und der EVG", um "billiger zu produzieren", sagt Weselsky.

Wie der Streik abläuft

Ab Montagnachmittag will die GDL deshalb den Schienenverkehr in Deutschland für fast eine Woche lahmlegen. Von 15 Uhr an sollen keine Güterzüge mehr rollen, der Personenverkehr soll ab Montagnacht um zwei Uhr bis Sonntagmorgen, neun Uhr, deutschlandweit bestreikt werden. Reisende müssen sich auf sechs Tage voller Zugausfälle und ungewisser Verbindungen einstellen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2463591
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/infu
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.