Süddeutsche Zeitung

Außerordentliche Hauptversammlung der Deutschen Bank:Teure Pflicht ohne Kür

Auf Hauptversammlungen wird eigentlich das Management hart angegangen. Nicht so heute bei der Deutschen Bank: Die Aktionäre schimpften auf die "Privatfehde der Kirch-Anwälte", die die Veranstaltung nötig gemacht hatte. Die eine oder andere Frage nach Steueroasen und der geschönten Bilanz stellten sie dann doch noch.

Von Andrea Rexer, Frankfurt

Ein glanzvoller erster Auftritt war es nicht. "Das ist eine Pflicht ohne Kür", sagte Paul Achleitner so auch zu Beginn der ersten Hauptversammlung, die er für die Deutsche Bank leitete. Möglichst rasch und effizient sollten die nur drei Tagesordnungspunkte besprochen werden, schließlich handelte es sich nicht um eine reguläre, sondern eine außerordentliche Hauptversammlung.

Und richtig gern gekommen waren die meisten Aktionäre nicht. "Mit der Bank hat diese Versammlung nichts zu tun, hier geht es doch nur um die Fortsetzung der Privatfehde der sogenannten Kirch-Gruppe", schimpfte Aktionärsvertreter Klaus Nieding. Als "Tollhaus, das Kirch-Anwälte inszenieren" und als "Spielereien der Rechtsanwälte" bezeichneten andere verärgerte Aktionäre die Veranstaltung und schimpften auf "räuberische Aktionäre".

Die außerordentliche Hauptversammlung war einberufen worden, weil einige Kläger die Beschlüsse der Versammlung des vergangenen Jahres erfolgreich angefochten hatten. Um den Jahresabschluss rechtssicher abschließen zu können, wiederholte die Bank drei wesentliche Abstimmungen: die Bestellung des Wirtschaftsprüfers, die Gewinnverteilung - und die Wahl von drei neuen Aufsichtsräten, darunter Paul Achleitner als neuen Chef des Kontrollgremiums.

Und so drehten sich die meisten Wortbeiträge der Aktionäre auch um den Rechtsstreit mit Kirch. Wer für das Desaster verantwortlich gemacht wurde, war durchaus umstritten: Die einen sahen "Plapper-Vorstand" Rolf Breuer in der Pflicht, der mit seiner Äußerung den Rechtsstreit mit Kirch vor über zehn Jahren ins Rollen gebracht hatte, andere zeigten sich wütend über den Missbrauch der Hauptversammlungen als Ersatz-Gerichtssaal vonseiten der Kirch-Erben. Und auch an diesem Donnerstag nutzten die Anwälte das Forum in der Jahrhunderthalle, um die Bank mit zahlreichen Fragen auf Trab zu halten. Gleich zu Beginn begrenzte Achleitner die Redezeit auf zehn Minuten, damit alle Redner zu Wort kommen können.

"Wer die Party bestellt hat, soll auch die Zeche dafür zahlen"

Erbost waren die Aktionäre vor allem über die Zusatzkosten, die diese zusätzliche Versammlung verursacht. Rund fünf Millionen Euro würden dafür anfallen, teilte Achleitner mit, die internen Kosten wie etwa Mitarbeitergehälter sind dabei nicht eingerechnet. "Wer die Party bestellt hat, soll auch die Zeche dafür zahlen", sagte Aktionärsvertreter Nieding an die Adresse der Kirch-Gruppe.

Mehrere Aktionäre beschuldigten die Kirch-Seite, Aktionärsrechte zu missbrauchen. "Es darf einfach nicht sein, dass Partikularinteressen von Minderheitsaktionären eine ganze Organisation so lahmlegen können zum Schaden aller übrigen Aktionäre", sagte Ingo Speich von Union Investment. Aktionärsvertreter Hans-Martin Buhlmann nahm es von der humorvollen Seite: "Das ist eine Farce mit Nutzen, immerhin gibt es Wasser." Die Kirch-Anwälte ließ all das unbeeindruckt. Sie verteidigten ihre Position mit dem Hinweis auf die Verletzung der Aktionärsrechte, im vergangenen Jahr war einem Vertreter ein Wortbeitrag verweigert worden.

Anders als bei regulären Hauptversammlungen beantwortete das Management keine Fragen zur generellen Geschäftspolitik, auch wenn die zahlreichen Skandale und Ermittlungsverfahren einige Aktionäre interessiert hätten. Behandelt wurden lediglich Fragen zu den drei Tagesordnungspunkten, bei allen anderen Themen wurden die Aktionäre auf die Hauptversammlung im Mai vertröstet.

Gar keine Antworten gab es dabei von Co-Vorstandschef Anshu Jain. Das Reden überließ er Jürgen Fitschen: Die Hauptversammlung muss aus rechtlichen Gründen auf Deutsch durchgeführt werden. Die Aktionäre waren davon nicht begeistert: "Warum antwortet der Jain nicht?", riefen mehrere Aktionäre dazwischen. Doch das änderte an der Entscheidung der Bank nichts.

Aktionäre fragen nach Steueroasen und schöngerechneten Bilanzen

Einige Ausnahmen vom direkten Bezug auf die Tagesordnung ließ Achleitner dennoch zu. So interessierte sich ein Aktionär für die Rolle der Deutschen Bank bei Geschäften in Steueroasen. "Der Vorstand hat sich mit dem Thema befasst und eine Untersuchung eingeleitet", sagte Achleitner.

Mehrere Aktionäre interessierten sich für die Vorwürfe ehemaliger Mitarbeiter, dass die Bank die Bilanz in der Finanzkrise schöngerechnet habe. Achleitner bekräftigte, dass die Bank richtig gehandelt habe - und dass sie mit den Behörden zusammenarbeite: Ja, die Bank habe Rückstellungen für das Verfahren gebildet, bestätigte Fitschen erstmals. Die Höhe der Summe hingegen verriet er nicht. Ein rasches Ende ist in dem Streit nicht absehbar. "Es gibt keine Vergleichsverhandlungen", sagte Fitschen. Mehrere Vergleichsverfahren sind in den vergangenen Jahren gescheitert.

Obwohl es Achleitners Premiere als Versammlungsleiter ist, führt er routiniert durch die Fragerunden. Seinem Vorgänger Clemens Börsig wurde mehrfach vorgeworfen, dass er zu dünnhäutig auf die teils sehr kritischen Beiträge der Aktionäre reagiert habe. In dieser Hinsicht konnte sich Achleitner an diesem Donnerstag warmlaufen. Denn dass bei der regulären Hauptversammlung am 23. Mai die richtig heiklen Fragen zu den diversen Ermittlungen und Rechtsstreitigkeiten der Bank kommen werden, steht außer Frage.

Das Abstimmungsergebnis war eindeutig: Alle wiederholten Beschlüsse wurden mit mehr als 90 Prozent angenommen.

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SZ vom 12.04.2013/sks
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