Auslandssemester:Beliebt trotz Brexit

Auslandssemester: Die Hochschulszene und viele Studierende sind gegen den Brexit.

Die Hochschulszene und viele Studierende sind gegen den Brexit.

(Foto: Justin Tallis/AFP)

Britische Universitäten stehen weiter hoch im Kurs. Denn sie bieten Absolventen gute Karrierechancen.

Von Christiane Kaiser-Neubauer

Ein Auslandssemester steht auf der Wunschliste deutscher Studierender meist ganz weit oben. Mehr als ein Drittel verbringt derzeit einen Teil des Studiums im Ausland. Eines der beliebtesten Länder ist Großbritannien, besonders in den Wirtschaftswissenschaften. Die renommierten Business Schools in und um London ziehen dank Top-Platzierungen in Hochschulrankings und ihres hervorragenden Rufs bei Arbeitgebern jährlich Tausende internationale Studierende an. Business und Management Studies führen laut British Council die Liste der gewählten Fächer deutscher Studierender an. Ob diese Entwicklung anhält, ist fraglich. Der anstehende Austritt aus der Europäischen Union könnte die Studienbedingungen für EU-Studierende deutlich verschlechtern.

Erste Auswirkungen des Brexit zeichneten sich schon ab. "Nach dem Referendum gab es bei den Bewerbungen aus EU-Ländern für Großbritannien einen spürbaren Rückgang", sagt Georg Krawietz, Büroleiter des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in London. Für das kommende Studienjahr seien die Zahlen allerdings wieder auf das Niveau von 2015 gestiegen. Kurzfristig gibt es keinen Grund zur Besorgnis. "Schottland hat zugesichert, EU-Studierende mit Studienbeginn bis zum Jahrgang 2019/20 für die Gesamtdauer ihres Studiums mit Inländern gleichzustellen. Für Universitäten in England erwarten wir eine ähnliche Zusicherung in den nächsten Wochen. In der Zwischenzeit gilt sie für alle EU-Studierenden mit Studienbeginn 2018/19", sagt Ailsa Kienberger, Leiterin des Bereichs Ausbildung beim British Council.

Größte Hürde für ein Studium in Großbritannien sind meist die Kosten. Trotz leichter Pfundschwäche in den letzten Monaten ist ein Studium auf der Insel teuer. Die durchschnittlichen Studiengebühren liegen im Bachelor-Studium bei rund 10 000 Euro jährlich, im Master noch darüber. In Cambridge, Oxford und der London School of Economics (LSE) zahlt man teils das Doppelte. "Die renommiertesten Business Schools können sich ihre internationalen Studierenden aussuchen und verlangen oftmals hohe Studiengebühren, daher spielt hier die finanzielle Komponente stark hinein. Kostenlose Austauschprogramme mit anderen Hochschulen werden oftmals nicht als strategische Schwerpunkte gesehen", sagt Lukas Hefner, Leiter des Zentrums für Auslandsstudien der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien.

An der University of Cambridge, laut Times World University Ranking die beste Universität in Großbritannien, kostet das Jahr im Bachelor-Studium Economics 23 000 Euro und 31 000 Euro im Management-Master. "Mit unserem Zuschuss von 6100 Euro im Jahr sind diese Kosten bei Weitem nicht gedeckt. Hinzu kommen Lebenshaltungskosten von etwa 10 000 Pfund jährlich, im Großraum London sind es durch die hohen Mieten mehr", sagt Krawietz. Mischfinanzierungen aus Stipendium, Studienkredit und Auslands-Bafög sowie familiärer Unterstützung sind üblich. Tipp: Beim Auslands-Bafög sind die Bemessungsgrenzen je nach Land höher als in Deutschland, somit ist eine Förderung für jene, die in Deutschland kein Geld erhalten, möglich. Eine genaue Kalkulation im Vorfeld ist unbedingt ratsam. Auch, wenn man mit dem europäischen Austauschprogramm Erasmus+ an eine britische Hochschule wechselt und von Studiengebühren befreit ist. Einrichtungen wie die Universität Mannheim (Kings College London) und Berliner Humboldt-Universität (University College London) haben Erasmus-Partnerschaften mit hochqualitativen Ausbildungsstätten. Organisation, Bewerbung und Beratung zu Krankenversicherung und Sprachtests laufen über die deutschen Ausbildungsstätten. Wer über ausreichende Mittel verfügt, kann sich individuell über die zentrale Vergabestelle Ucas (www.ucas.com) bis Ende des Wintersemesters für die Universität seiner Wahl bewerben, muss allerdings auch Alternativen angeben. Auswahlkriterien sind neben Noten und Motivationsschreiben, Referenzen und Sprachkenntnisse. Informationen zu Bewerbung und Beratung gibt es beim British Council. "Einen Bachelor-Studienplatz an einer der drei Top-Wirtschaftsuniversitäten London School of Economics, Oxford oder Cambridge zu bekommen, ist wegen der hohen Anforderungen und der vielen Bewerber extrem schwer. Da stehen die Chancen in den Master-Programmen deutlich besser", sagt Heike Brost, Vizepräsidentin der Frankfurt School of Finance. Die University of Edinburgh Business School sei eine gute Alternative für das verpflichtende Auslandssemester im Grundstudium.

Master-Kurse stehen bei internationalen Studenten besonders hoch im Kurs, da sie ein breites Spektrum bieten und Absolventen beste Karrierechancen samt Netzwerk sichern. "Der große Vorteil der britischen Universitäten ist, dass Studenten den Masterabschluss innerhalb eines Jahres bekommen. Dieses sehr intensive Programm ist besonders bei unseren Stipendiaten in den Wirtschaftswissenschaften sehr beliebt", sagt Krawietz. Begehrteste Unis der erfolgreichen Bewerber sind die University of Oxford, Cambridge und die LSE. 120 bis 150 Jahresstipendien vergibt der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), für die Bewerbung ist eine Uniplatz-Zusage Voraussetzung.

Die Folgen des Brexit auf Erasmus und DAAD-Stipendien sind noch nicht abzusehen. Die britische Hochschulszene, erklärter Gegner des Brexit, hofft auf den Fortbestand der Kooperationen. "Das Interesse britischer Universitäten an deutschen Studierenden ist groß, denn sie kommen mit guter Ausbildung und sind im Studium sehr selbständig", sagt Kienberger. Neben der Abwanderung akademischen Personals befürchten die Briten vor allem den Wegfall wichtiger Einnahmen aus Gebühren und EU-Forschungsgeldern. "Ich erwarte keine Auswirkungen durch den Brexit auf die internationalen Austauschprogramme. Daher planen wir nicht, unsere Partnerschaften mit den britischen Universitäten zu beenden", sagt Hefner. Derzeit gebe es einen regen Austausch mit den 16 Partneruniversitäten, wo aktuell 67 Studierende der WU Wien sind.

"Wir spüren in der Beratung eine gewisse Verunsicherung der Studenten etwa was die zukünftige Höhe der Studiengebühren in Großbritannien angeht", sagt Brost. Angesichts der Vorlaufzeit von einem Jahr für Bewerbungen sollten Interessenten die Entwicklungen genau beobachten.

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