Süddeutsche Zeitung

Ausfälle von AOL-Chef Tim Armstrong:Einsparungen wegen kranker Babys

Bereits im vergangengen Jahr fiel AOL-Chef Tim Armstrong auf, als er in einer öffentlichen Konferenz einen Mitarbeiter feuerte. Nun setzte er noch einen drauf: Er machte zwei schwer krank geborene Babys für Pensionskürzungen verantwortlich.

Als das Eine-Million-Dollar-Baby am 9. Oktober 2012 auf die Welt kam, wog es etwa 700 Gramm, seine Haut war purpurrot und zerschrammt, fühlte sich an wie Gelee. Wochenlang musste das Mädchen beatmet werden, trotzdem setzte irgendwann die Atmung aus, dann begann sie wieder, hinzu kam eine Hirnblutung. Das Kind überlebte - trotz aller Widrigkeiten.

Dieses "geplagte Baby" sollte nun also schuld sein. So zumindest erklärte es AOL-Chef Tim Amstrong in der vergangengen Woche seinen Mitarbeitern. "Zwei AOL-Mitarbeiter haben geplagte Babys bekommen, dafür mussten wir eine Million Dollar zahlen", sagte Armstrong. Und begründete damit, warum sein Konzern künftig die Rentenzuschüsse erst am Jahresende und nicht mehr am Monatsende auszahlen werde. Das soll dem Konzern mit 2600 Mitarbeitern und 2,2 Milliarden Dollar Umsatz Geld sparen.

Armstrong, 43, und seit 2009 Chef des Internetkonzerns AOL, fällt nicht zum ersten Mal mit solchen verbalen Ausfällen auf. Im August feuerte er während einer Telefonkonferenz mit Journalisten und vor einem Raum voller Kollegen einen Mitarbeiter - und bekam im Netz einen Sturm der Entrüstung zu spüren. Am Ende musste er sich entschuldigen.

Nun wiederholt sich die Geschichte. Diesmal als bittere Farce. Und abermals überschlugen sich im Netz die Kommentare über den (wohlmeinend) unglücklichen Hinweis auf die "Million-Dollar-Babys". Am Sonntag meldete sich schließlich die Mutter eines der Babys zu Wort. Deanna Fei ist Roman-Autorin, ihr Mann arbeitet bei AOL.

Eindringlich beschreibt sie in einem Essay, wie sie am Tag der Geburt ihrer Tochter mit Schmerzen aufwachte, ins Krankenhaus gefahren wurde, wie die Ärzte ihr dort erklärten, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit ihrer Tochter maximal ein Drittel betrage. "Ich bin nicht einverstanden, wie er meine Tochter auf ein unglückliches Baby reduziert, dass dem Konzern zu viel Geld kostet", schrieb Fei. Über ihrem Artikel postete sie ein Bild ihrer Tochter, wie sie lachend krabbelt.

Was dabei fast unterging: Bereits am Samstag schrieb Armstrong eine E-Mail an seine Mitarbeiter. "Ich habe einen Fehler gemacht und entschuldige mich für meine Äußerungen", heißt es darin. Die angekündigte Änderung bei den Pensionszuschüssen nahm er dabei auch gleich zurück.

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