Aus für TV-Sender ERT:Griechen streiken wegen Schließung des Staatsrundfunks

ERT Griechenland Staatsfernsehen Schließung

Entsetzen in Griechenland: Demonstranten vor der Zentrale des Staatssenders ERT

(Foto: AFP)

Es sei eine "putschartige Aktion" gewesen: Nachdem die griechische Regierung die Schließung des Staatsrundfunks verordnet hat, reagiert das Land entsetzt. Die Gewerkschaften streiken und die Medien spekulieren schon über Neuwahlen.

"Hände weg vom Staatsrundfunk": Mit einem 24-stündigen Streik und Demonstrationen haben Arbeitnehmer in Griechenland gegen die von der Regierung verfügte Schließung des öffentlichen Rundfunks protestiert. In Athen blieben Busse und U-Bahnen in ihren Depots, im Flugverkehr werden am Donnerstagnachmittag Verspätungen im Inlandsverkehr erwartet, weil Fluglotsen nicht arbeiten wollen.

Vor der Zentrale des geschlossenen Senders ERT sind mehrere Demonstrationen geplant. Wegen Solidaritätsaktionen sind einige Zeitungen nicht erschienen, Privatsender haben Nachrichtenprogramme durch Serien ersetzt. Journalisten haben Fernsehstudios besetzt und senden ein Protestprogramm via Internet. Der Präsident des Journalistenverbandes, Dimitris Trimis, kündigte an, die Redakteure würden so lange weiterstreiken, bis die Regierung ihren Beschluss zurücknehme. Wegen des Streiks sollen auch am Freitag keine Zeitungen erscheinen.

Nach der Abschaltung des staatlichen Hörfunk- und Fernsehsenders ERT

Tausende demonstrieren im Athener Vorort Agia Paraskevi vor der Zentrale des Staatsfernsehens

(Foto: action press)

Die Beteiligung in der privaten Wirtschaft blieb allerdings gering: Die Athener Innenstadt war wie immer voll vom Berufsverkehr, die Supermärkte öffneten ebenso wie die Cafés. Aufgerufen zu den Protesten hatten die zwei größten Gewerkschaften des Landes, die die Schließung als "putschartige Aktion" bezeichneten, um die überparteiliche Berichterstattung zu unterbinden.

Kompetenzen überschritten

Der Schritt von Ministerpräsident Antonis Samaras könnte zu einer Regierungskrise führen. Die Schließung führt inzwischen zu Spannungen in der Regierung. Die beiden kleineren Koalitionspartner von Samaras Konservativen, die Demokratische Linke und die Sozialisten, forderten den Weiterbetrieb der Sendergruppe. Die Chefs der beiden Partner, der Sozialist Evangelos Venizelos und der Chef der Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis, forderten einen Koalitionsgipfel. Sie werfen Regierungschef Samaras vor, seine Kompetenzen überschritten zu haben.

Einige Kommentatoren schlossen sogar Neuwahlen nicht aus. Andere meinten, die beiden kleineren Regierungsparteien könnten sich aus der Koalition zurückziehen und Samaras mit einer Minderheitsregierung allein regieren lassen.

Die Schließung des Staatsrundfunks soll dazu beitragen, die Auflagen des Sparprogramms zu erfüllen, das die internationalen Geldgeber dem hoch verschuldeten Land verordnet haben. Etwa 2600 ERT-Mitarbeiter verlieren dadurch ihren Arbeitsplatz. Die geplante Nachfolgeanstalt soll wesentlich kleiner ausfallen und nach dem Willen der Regierung effizienter arbeiten.

Linktipp: ERT wird weiter ausgestrahlt - auf der Website der EBU, der Europäischen Rundfunkunion. Dort berichten die ERT-Journalisten über die Proteste.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: