Auktion beendet:Vodafone zeigt sich bei Funkfrequenzen spendabel

UMTS Mobilfunk-Antennen

Mobilfunk-Antennen auf dem Dach eines Hochhauses am Kieler Blücherplatz.

(Foto: dpa)

Gut fünf Milliarden Euro legten Vodafone, Telekom und Telefónica für neue Funkfrequenzen auf den Tisch. Wann Kunden davon profitieren können.

Von Varinia Bernau

Wie viel Geld hat die Frequenzauktion eingebracht?

Die Auktion der Funkfrequenzen ging am Freitagmittag zu Ende - mit einem gesamten Erlös von etwas mehr als fünf Milliarden Euro. Die Spendierfreude der drei Bieter, Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland, ist überraschend - und zeigt, wie wertvoll Frequenzen inzwischen sind. Sie sind der Schlüssel, um den Kunden auch unterwegs eine stabile und schnelle Internetverbindung zu bieten. Und sie sind in Zukunft, so das Kalkül der Mobilfunkanbieter, vielleicht auch bereit, für einen guten Anschluss etwas mehr zu zahlen.

Bei der Versteigerung vor fünf Jahren legten Telekom, Vodafone, E-Plus und Telefónica Deutschland zusammen 4,4 Milliarden Euro auf den Tisch. Vor zwei Jahren dann übernahm Telefónica E-Plus. Deshalb gab es dieses Mal nur noch drei Bieter. Vom Ergebnis der legendären UMTS-Auktion auf dem Höhepunkt des Internet-Hypes zur Jahrtausendewende ist aber auch der jetzige Erlös weit entfernt. Die damalige Versteigerung hatte 50 Milliarden Euro eingebracht.

Mit mehr als zwei Milliarden Euro hat Vodafone am meisten Geld bei der Auktion gelassen - wohl auch weil der Konzern in den vergangenen Jahren wegen Funklöchern und lahmen Internetverbindungen einige Kunden verloren hat.

Was passiert mit dem Geld?

Etwa 1,33 Milliarden Euro gehen jeweils zur Hälfte an die Länder und Bund. Das sind die Erlöse aus der Versteigerung der Frequenzen im 700er und im 1500er Bereich. Die Länder wollen dieses Geld in die Förderung des Netzausbaus stecken, die Stadtstaaten auch in den Ausbau von Funknetzen an öffentlichen Plätzen. Alexander Dobrindt, zuständiger Bundesminister für den Netzausbau, hat seinerseits versprochen, auch den Anteil des Bundes aus diesen Erlösen in den Breitbandausbaus zu stecken - vor allem in Zuschüsse für die Verlegung von Glasfaserkabeln in dünn besiedelte Regionen, wo sich diese Investition für die Unternehmen kaum lohnt. Diese Netze sind stabiler und schneller als die Datenübertragung per Funk. Allerdings auch teurer: Allein die Kosten für Bagger, die die Straße aufreißen und die Kabel verlegen müssen, liegen pro Kilometer bei 50 000 bis 60 000 Euro.

Proftieren dürfte von dieser staatlichen Förderung neben einigen kleineren Internetanbietern wie etwa den Töchtern städtischer Energieversorger vor allem die Telekom. Denn sie verfügt über ein weitaus größeres Kabelnetz als Vodafone und Telefónica - und könnte damit auch einer der ersten Empfänger der Fördermittel für den Ausbau in ländlichen Regionen werden. Telefónica, der Anbieter, der bislang über das kleinste Kabelnetz verfügt, wetterte bereits gegen die Wettbewerbsverzerrung. Die Kritik: Der Bund nutzt das von allen drei Unternehmen bei der Auktion eingesammelte Geld, um am Ende vor allem ein Unternehmen zu unterstützen.

Der größte Teil der Erlöse aber, etwa 3,75 Milliarden Euro, fließt in den Bundeshaushalt, über den Finanzminister Wolfgang Schäuble wacht. Wofür dieses Geld verwendet wird, ist also Verhandlungssache.

Welcher Anbieter hat sich welche Frequenzen gesichert - und was können die damit machen?

Vodafone hat sich als erster Bieter auf die bislang noch für Fernsehen genutzten Frequenzblöcke bei 700 MegaHertz gestürzt, die Rivalen zogen nach. Am Ende hat sich jede der drei Firmen den gleichen Anteil dieser begehrten Frequenzen sichern können. Dafür hat Vodafone am meisten Spektrum im hohen Frequenzbereich von 1500 und 1800 MegaHertz ersteigert, gefolgt von der Telekom.

Grundsätzlich gilt: Je niedriger die Frequenz, desto weiter tragen die Funkwellen. Mit dem Spektrum im Bereich von 700 MegaHertz lassen sich also große Gebiete mit wenigen Masten gut versorgen, bestens geeignet also für die Versorgung ländlicher Regionen. Mit dem Spektrum im Bereich von 1800 MegaHertz lassen sich hingegen große Datenmengen über kurze Strecken transportieren, das hilft den Anbietern vor allem, die Bevölkerung in Ballungsräumen zu versorgen, sprich: all die Menschen, die sich morgens in der S-Bahn ärgern, wenn das aufs Smartphone gestreamte Video ruckelt, oder die sich abends im Fußballstadion wundern, warum sich die Facebook-App so langsam aufbaut.

Können Kunden nun also bald überall schnell surfen?

Eine Weile wird es noch dauern. Drei Jahre, das ist die Auflage bei der Auktion, haben die drei Mobilfunkanbieter nun Zeit, ihr Netz aufzurüsten. Dann müssen sie es Verbrauchern an jedem Ort ermöglichen, mit einer Geschwindigkeit von mindestens zehn Megabit pro Sekunde zu surfen. Gemessen daran, dass der bislang schnellste Mobilfunkstandard LTE das Surfen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 Megabit pro Sekunde ermöglicht, klingt das zunächst einmal nicht nach allzu ehrgeizigen Vorgaben.

Das liegt daran, dass die tatsächliche Geschwindigkeit, mit der man unterwegs surfen kann, immer davon abhängt, wie viele Menschen in der Gegend dies gerade ebenfalls tun - und wie groß die Datenmengen sind, die sie dabei hin- und herschicken. Deshalb stehen in der Werbung vor den großen Geschwindigkeiten der Mobilfunkanbieter auch stets zwei kleine Wörter: bis zu. Bis zu 150 Megabit pro Sekunde können auch 120 sein - oder nur drei.

Erfüllen die Mobilfunkanbieter die Vorgaben zum Netzausbau nicht, kann die Bundesnetzagentur ihnen die Frequenzen auch wieder wegnehmen - und diese etwa einem anderen Mobilfunkanbieter oder auch einem anderen Zweck zuteilen.

Vor allem in ländlichen Regionen dürfte sich der Netzausbau noch hinziehen: Denn die dafür geeigneten 700er-Frequenzen werden bislang von den Rundfunkanstalten genutzt. Sie sollen vom Frühjahr 2016 an schrittweise freigegeben werden. "2019 wollen wir in die Zielkurve kommen", sagt einer, der an den Planungen beteiligt ist.

Die Nachbarländer von Deutschland nutzen diese Frequenzen allerdings noch länger für den Rundfunk - und sie würden damit gerade in Grenzregionen auch den Handyempfang stören. Deshalb drängt Deutschland derzeit auch andere Länder zu etwas mehr Eile. Erfolgreich bislang immerhin in Frankreich, Polen und Tschechin, so heißt es in Verhandlungskreisen. Die Mobilfunkanbieter werden sich aller Voraussicht nach ihrerseits beim Netzausbau in diesen Regionen zurückhalten, so lange sie die Störungen aus dem Nachbarland fürchten müssen.

Was heißt das für die Dienste, die bislang die Funkfrequenzen noch nutzen - etwa für Fernsehangebote?

Zwar hat die Kanzlerin persönlich im vergangenen Dezember den Ministerpräsidenten, die über die Rundfunkanstalten wachen, das Versprechen abgerungen, die 700er-Frequenzen freizugeben. Oder besser gesagt: abgekauft. Denn im Gegenzug erhalten die Länder auch die Hälfte der Erlöse aus der Versteigerung dieses Spektrums. Doch innerhalb der Rundfunkanstalten sind darüber viele verärgert: Zum einen, heißt es, fehlt es an Fernsehgeräten, die mit der neuen Technik klarkommen. Und nicht nicht jedem könne man die zusätzlichen Kosten für Kabelfernsehen oder Satellitenschüssel zumuten.

Derzeit nutzt zwar nur jeder zehnte deutsche Haushalt digitales Antennenfernsehen, auch bekannt unter dem Kürzel DVBT. Doch es geht letztlich um eine Grundsatzfrage: Wie leicht sollte es der Bürger haben, der sich über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk informieren will?

Die Rundfunkanstalten fürchten, dass nun, da sie die wertvollen Frequenzen, die sie bislang zur Verbreitung ihrer Inhalte nutzen konnten, abtreten mussten, die Mobilfunkanbieter zu einem mächtigen Wächter werden können. Sie könnten dann, so die Sorge, entscheiden, auf welche Serien und Sendungen der Verbraucher zugreifen kann - und auf welche nicht.

Schon heute zählt etwa die Telekom zweineinhalb Millionen Kunden bei ihrem internetbasierten Fernsehdienst Entertain. Und schon in der Vergangenheit stand sie dabei in der Kritik, diesem Dienst in ihren Netzen Vorfahrt gegenüber anderen Streamingangeboten zu gewähren. In den Auflagen zur Auktion findet sich nun ein Passus, der darauf hindeutet, dass sie es dabei in Zukunft noch etwas einfacher haben wird: Es gibt nämlich keine Pflicht, dass die Bieter die ersteigerten Frequenzen den Anbietern von Streamingdiensten für eine diskriminierungsfreie Übertragung zur Verfügung stellen müssen. Die Mobilfunkfunkanbieter könnten also von anderen Mediendiensten Gebühren verlangen - und die unliebsame Konkurrenz so im Zweifelsfall klein halten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: