2009: Aufsteiger der Wirtschaft:Ein anderer Stil

Im Jahr der spektakulären Rücktritte blieben viele fähige Chefs wie etwa Xerox-Managerin Ursula Burns oder Lufthansa-Vize Christoph Franz im Schatten. Sie pflegen einen anderen Stil und andere Werte. In Bildern.

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Xerox-Chefin Ursula Burns, Foto: AP

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Im Jahr der spektakulären Rücktritte blieben viele fähige Unternehmenschefs wie etwa Xerox-Managerin Ursula Burns oder Lufthansa-Vize Christoph Franz im Schatten. Sie pflegen einen anderen Stil und andere Werte.

Ursula Burns

Am 1. Juli 2009 bekam Xerox eine neue Chefin, und das war in doppelter Hinsicht ein historischer Einschnitt. Erstens führt seither mit der 50-jährigen Ursula Burns erstmals eine afroamerikanische Frau eines der 100 größten Unternehmen der USA. Und zweitens folgt sie, was fast noch ungewöhnlicher ist, einer anderen Frau an der Spitze nach: ihrer Freundin Anne Mulcahy.

Burns wuchs in den schlimmen sechziger und siebziger Jahren in einer Sozialsiedlung in Manhattan auf.

Die alleinerziehende Mutter musste die Familie als Putzfrau und Tagesmutter ernähren, aber sie vermittelte ihrer Tochter Ursula den Willen zum Aufstieg.

"Es kommt auf die Chancen an und darauf, sich nicht vom Hier und Jetzt niederdrücken zu lassen", sagte Burns später.

Sie wurde Ingenieurin und fing 1980 als Praktikantin bei Xerox an, dem Kopier- und Druckerkonzern aus Connecticut. Die Firma förderte gezielt Angehörige von Minderheiten, was ihren Start erleichterte.

Der Aufstieg danach aber war ihr eigenes Werk. Zusammen mit ihrer damaligen Chefin Anne Mulcahy rettete sie Xerox 2001 vor dem Bankrott. Die enge Zusammenarbeit der beiden Frauen war damals entscheidend für den Erfolg, sie war es auch beim Wechsel an der Spitze in diesem Jahr.

Zu beneiden ist sie um ihren Job derzeit allerdings nicht. Die Rezession und die zunehmende elektronische Kommunikation haben das Geschäft mit gedrucktem Papier brutal geschädigt. Im dritten Quartal halbierte sich der Gewinn von Xerox, der Umsatz ging um 16 Prozent zurück. Immerhin stieg der Aktienkurs danach. Die Analysten hatten noch Schlimmeres erwartet.

Text: Nikolaus Piper, SZ vom 30.12.09 Foto: AP

Bundesumweltminister Norbert Röttgen, Foto: dpa

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Norbert Röttgen

Wie hätte doch die Welt anders aussehen können für Norbert Röttgen. Um ein Haar wäre er vor drei Jahren Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Industrie geworden.

Er wäre ebenfalls nach Kopenhagen zum Klimagipfel gefahren, er hätte dort ebenfalls auf einem Podium neben den Energiebossen Jürgen Großmann (RWE) und Wulf Bernotat (Eon) gesessen. Nur hätte er irgendwie den Spagat schaffen müssen zwischen den Vorreitern und den Nachzüglern im Klimaschutz - beide sind im BDI vertreten.

Doch der Norbert Röttgen des Jahres 2009 hat andere Sorgen. Schließlich ist der CDU-Mann nun Umweltminister und beschäftigt mit der Rettung der Welt.

Das Gipfeltreffen war zwar ein Flop, doch für den Juristen Röttgen, 44, trotzdem ein Erfolg. Er hat die Bewährungsprobe auf der Bühne internationaler Klimaverhandlungen bestanden.

Als Verhandler hatte er sich schon zuvor profilieren können, als Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion. In Kopenhagen saß er dann auf der ganz großen Bühne, leitete in fließendem Englisch eine Verhandlungsgruppe zur Fortschreibung des Kyoto-Protokolls.

Sichtlich genoss er die Aufmerksamkeit. Stets spielten deutsche Umweltminister eine starke Rolle bei den UN-Konferenzen. Röttgen knüpfte daran an.

Doch internationale Konferenzen sind nur ein Teil seiner Mission. Röttgen muss weitere Teile der Union für den Umweltschutz öffnen und damit auch die Hürden senken für eine mögliche schwarz-grüne Koalition, sollte es mit der FDP dereinst allein nicht reichen.

Die echte große Bewährungsprobe allerdings kommt für ihn 2010. Dann will die Bundesregierung ein Energiekonzept vorlegen, es soll auch den Weg bahnen für längere Laufzeiten einiger deutscher Kernkraftwerke. Und das ist kein Thema, mit dem man als Umweltminister viel gewinnen kann.

Text: Michael Bauchmüller, SZ vom 30.12.09 Foto: dpa

Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom, Foto: dpa

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Elinor Ostrom

Der Umgang mit knappen Ressourcen ist das große Thema der Politikwissenschaftlerin Elinor Ostrom. Sie möchte Lösungen finden für reale Probleme, und dabei ist ihr das Ziel wichtiger als der Weg. Immer wieder hat die heute 76-jährige Amerikanerin deshalb die Grenzen der Disziplinen durchbrochen - und wurde nun, als erste Frau überhaupt, mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet, obwohl sie selber gar keine Ökonomin ist.

Auf ihre Forschung greifen Ethnologen und Umweltschützer ebenso zurück, wie Politik- und Wirtschaftswissenschaftler. Die Frage beschäftigt viele: Wie können knappe Ressourcen, auf die viele Menschen zugreifen, am besten genutzt werden - also zum Beispiel sauberes Trinkwasser, die Fische im Meer oder auch das Weideland in bestimmten Regionen?

Ostrom räumte mit dem Vorurteil auf, dass diese Güter entweder vom Staat verwaltet werden oder in privatem Besitz sein müssten. Sie zeigte einen dritten Weg auf, bei dem alle Nutzer das Gut gemeinschaftlich verwalten.

Stets geht es ihr dabei auch darum, eine ungerechte Verteilung zu verhindern. Konsequent kritisierte sie überhöhte Managergehälter und wachsende Unterschiede zwischen Arm und Reich.

Ostrom, die seit den sechziger Jahren an der Indiana University in Bloomington lehrt, gilt unter Kollegen und Studenten als bescheidene, fleißige und sozial engagierte Frau.

Für Studenten und Mitarbeiter nimmt sie sich viel Zeit. Das Preisgeld von einer halben Million Euro möchte sie überwiegend für Studenten und Forschung spenden.

Text: Silke Bigalke, SZ vom 30.12.09 Foto: dpa

Conenergy-Vorstand Andreas von Zitzewitz, Foto: dpa

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Andreas von Zitzewitz

Schon einmal stand Andreas von Zitzewitz kurz vor dem Sprung nach ganz oben. Im Alter von 39 Jahren wurde der Elektroingenieur Vorstand im Chipkonzern Infineon, 2005 hatte er gute Chancen, den Chefposten der neuen Tochter Qimonda zu übernehmen.

Doch eine Razzia macht alle Ambitionen zunichte. Es folgte der tiefe Fall. Zitzewitz räumte ein, Bestechungsgelder angenommen zu haben und trat im Sommer 2005 zurück.

Für den heute 49-Jährigen begann eine schwere Zeit. Zitzewitz akzeptierte einen Strafbefehl über ein Jahr Haft auf Bewährung sowie die Zahlung von 100.000 Euro.

Zur Untätigkeit in der eigenen Branche verdammt, steigt er als Geschäftsführer beim kleinen Reisemobilhersteller Bavaria Camp in der bayerischen Provinz ein. Kärrnerarbeit in Landsberg statt internationale Chipmessen:

Zitzewitz gelingt, was kaum jemand für möglich hält. Binnen weniger Monate saniert er den zuvor chronisch unprofitablen Betrieb.

Im März 2008 beginnt er eine völlig neue Karriere beim Hamburger Solarhersteller Conergy - und steht doch vor bekannten Problemen. Wieder sind Ermittler im Spiel. Die Staatsanwaltschaft Hamburg verdächtigt mehrere Personen, darunter ehemalige Conergy-Vorstände, Bilanzen gefälscht, den Aktienkurs manipuliert und Insiderhandel betrieben zu haben.

Doch eines ist anders: Diesmal soll Zitzewitz aufräumen. Weil der anfangs skeptische Aufsichtsrat nach einigen Monaten von seiner Arbeit überzeugt ist, wird Zitzewitz Anfang 2009 in den Vorstand berufen. Im Juli avanciert er zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden mit der Aussicht, im Sommer 2010 Nachfolger von Noch-Chef Dieter Ammer zu werden.

"Kaum jemand hätte gedacht, dass er zurückkommt", sagt ein früherer Weggefährte. Plötzlich findet sich Zitzewitz in einer längst nicht mehr erwarteten Rolle wieder: der des Hoffnungsträgers.

Text: Markus Balser, SZ vom 30.12.09 Foto: dpa

Twitter-Gründer Biz Stone, Foto: Reuters

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Biz Stone

Ausgerechnet Fernsehen. Nicht interaktiv, ein Medium des vergangenen Jahrhunderts. Aber Biz Stone sagt, er mache nichts lieber als vor der Mattscheibe herumzuhängen. Ausgerechnet Biz Stone. Der amerikanische Software-Entwickler betreibt eine der weltweit erfolgreichsten Webseiten, und die könnte fortschrittlicher und interaktiver nicht sein.

Twitter - übersetzt: Gezwitscher - heißt der Dienst, auf dem jeder, der sich gratis registriert, jederzeit Kurzmeldungen absetzen kann, die von allen anderen Twitter-Nutzern gelesen werden können. Zugegeben: Das klingt simpel, und auch überflüssig. Denn wer möchte schon wissen, was zum Beispiel Biz Stone - der seine eigene Webseite auch benutzt - am vergangenen Mittwochnachmittag gemacht hat?

Nun, um genau zu sein, waren an der Information, dass Stone an diesem Tag beim Augenarzt war, 1.574.030 Menschen interessiert.

Biz Stone ist heute zweifellos einer der gefragtesten Menschen im Internetgeschäft - auch bei Investoren und Wettbewerbern. Denn davon träumen sie alle, die Programmierer und Investoren, in Indien, China und im Silicon Valley in Kalifornien: mit einer einfachen Idee verdammt erfolgreich und unverhältnismäßig reich zu werden.

Mit dem Reichtum ist das bei Stone allerdings so eine Sache: Denn obwohl er persönlich gut verdienen dürfte, hat Twitter bis heute kein funktionierendes Ertragsmodell.

Die Investoren allerdings vertrauen auf die Zukunft der Internet-Plattform: Ihr Wert bemisst sich auch in dem Netzwerk, das die Mitglieder durch ihre andauernde Interaktion bilden: ein perfekter Markt für Online-Werbung.

Text: Johannes Boie, SZ vom 30.12.09 Foto: Reuters

VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech, Foto: AP

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Ferdinand Piëch

Er war vermutlich der Einzige, der in diesem Jahr in der Autobranche etwas zu lachen hatte. Mit der Eingliederung von Porsche ins VW-Reich und dem möglichen Zusammenschluss von MAN und Scania scheint der Patriarch am Ziel.

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Liz Mohn, Foto: AP

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Liz Mohn

Schon lange führte im Bertelsmann-Konzern kein Weg an ihr vorbei. Nach dem Tod ihres Mannes Reinhard Mohn Anfang Oktober aber wurde es offiziell: Liz Mohn hat bei Europas größtem Medienhaus das Sagen.

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Elmar Degenhart, Foto: dpa

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Elmar Degenhart

Elmar wer? Als der 50-jährige Schaeffler-Manager im Sommer an die Spitze von Continental berufen wurde, war er in der breiten Öffentlichkeit unbekannt. Doch immerhin: Seither herrscht Ruhe zwischen Schaeffler und Conti.

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Christoph Franz, Foto: AP

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Christoph Franz

Die Sanierung der Fluggesellschaft Swiss war sein Meisterstück. Im Frühjahr 2009 rückte er zum stellvertretenden Vorstandschef der Lufthansa auf - und gilt seither als möglicher Nachfolger von Konzernchef Mayrhuber.

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Wolfgang Reitzle, Foto: dpa

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Wolfgang Reitzle

Wo immer im vergangenen Jahr ein Spitzenposten zu vergeben war, wurde sein Name genannt. Wolfgang Reitzle ist dennoch Chef von Linde geblieben. Nur den Posten des Chefkontrolleurs bei Conti nahm er an.

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Bundesbank-Präsident Axel Weber, Foto: Getty

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Axel Weber

Mit der Finanzkrise avancierte der Chef der Deutschen Bundesbank zu einem der wichtigsten Berater der Kanzlerin. Das hat sich für ihn gelohnt. Er soll jetzt die volle Kontrolle bei der Bankenaufsicht bekommen.

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Michael Vassiliadis, Foto: dpa

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Michael Vassiliadis

Im Oktober rückte der 45-Jährige an die Spitze der IG Bergbau Chemie Energie - und ist jetzt der jüngste Gewerkschaftschef in Deutschland. Das wird sich ändern, wenn er seinen Job, wie er sagt, bis zur Rente machen will.

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Andreas Mundt, Foto: dpa

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Andreas Mundt

Der Leiter der Grundsatzabteilung des Kartellamtes rückte an die Spitze der Wettbewerbsbehörde. Sein Vorgänger Bernhard Heitzer wurde Staatssekretär in Berlin.

Texte: SZ vom 30.12.09 Foto: dpa

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