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Aufsichtsratsvorsitzender von Schalke 04:Neues Steuerverfahren gegen Tönnies

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Die Bielefelder Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Fußballfunktionär und Fleischfabrikanten Clemens Tönnies. Es geht unter anderem um eine wohltätige Stiftung seiner Ehefrau, die Tönnies genutzt haben soll, um Steuern zu hinterziehen. Doch bereits im vergangenen Jahr scheiterte eine Anklage gegen Tönnies.

Hans Leyendecker

Mittlerweile sieben Beschuldigte, Razzien von 20 Fahndern in der Konzernzentrale der "B. & C. Tönnies Fleischwerk GmbH" in Rheda-Wiedenbrück, eine Spur, die nach Liechtenstein weist - das Steuerstrafverfahren mit dem Aktenzeichen 6 Js 43/11 der mit der Aufklärung von schwerster Wirtschaftskriminalität vertrauten Bielefelder Staatsanwaltschaft scheint Gewicht zu haben.

Immerhin zählen zu den Beschuldigten der Fleischunternehmer Clemens Tönnies, der auch Aufsichtsratsvorsitzender von Schalke 04 ist, der Kaufmann Josef Tillmann ("Tillmann Schnitzel") und der ehemalige Schalke-Funktionär und Steuerexperte Josef Schnusenberg.

Bei näherem Hinsehen ist das Verfahren, das vor allem wegen des Namens Tönnies in diesen Tagen bundesweit Aufsehen erregt, eher "ein steuerliches Allerlei mit vielen kleinen Erbsen", wie ein Insider sagt. Fraglich ist, ob und was bei der Erbsenzählerei am Ende strafrechtlich herauskommen wird. Erst im vergangenen Jahr waren Ankläger gescheitert, Tönnies in einem Prozess Bestechung und Steuerhinterziehung nachzuweisen. Von 24 Anklagepunkten blieb am Ende ein Verstoß gegen die Lebensmittelverordnung.

Das neue Verfahren gegen Clemens Tönnies und andere spielt auch vor dem Hintergrund eines Familienstreits mit dem Neffen Robert Tönnies, der in den vergangenen Monaten angeblich undurchsichtige Konstruktionen und eine Vermischung privater und unternehmersicher Engagements seines Onkels angeprangert hatte.

Wohltätige Stiftungen, um Steuern zu sparen

Steuerfahnder haben den Verdacht, dass in einigen Fällen geldwerte Vorteile für Arbeitnehmer - wie die Nutzung von Firmenautos - nicht der Lohnsteuer unterworfen worden seien. Ob Kosten für die private Jagd des Clemens Tönnies in Ribnitz-Damgarten zu Unrecht direkt oder indirekt über Scheinrechnungen als Betriebsausgaben abgesetzt wurden, wird geprüft. Dadurch könnten die Gewinne in der Bilanz des Unternehmens, das etwa 4,6 Milliarden Euro Umsatz hat, als zu niedrig ausgewiesen worden sein.

Clemens Tönnies steht auch im Verdacht, schenkungssteuerpflichtige Vorgänge nicht dem Finanzamt Detmold angezeigt zu haben. So hatte er bereits 2005 in Wiedenbrück für einen seiner Söhne ein Konto eröffnet, auf das er größere Geldbeträge überwies. Nach Feststellungen der Steuer sollen von diesem Konto Baurechnungen für ein Jägerhaus und für eine Sauna mit Tunnelgang bezahlt worden sein, die auf dem Grundstück des Sohnes errichtet wurden. Der Vater soll ein Nießbrauchsrecht haben.

Vor knapp einem Jahrzehnt wurde zudem der Verein "Aktion Kinderträume e. V." gegründet, dessen Schirmherrin Margit Tönnies ist, die Ehefrau des Unternehmers. Der Verein hilft unheilbar erkrankten Kindern und sammelt Hunderttausende Euro bei Veranstaltungen wie "Weiß-Blaue-Nacht". Der Verdacht der Ermittler ist, dass Aufwendungen für diese Veranstaltungen von dem Unternehmen Tönnies Fleischwerke als Aufwand verbucht worden seien. Auch dadurch könnten Steuern verkürzt worden sein.

Was dem Fall die internationale Note gibt, ist vor allem der Umstand, dass Tönnies in seinen Steuererklärungen die Einkünfte aus einer Liechtensteiner Stiftung namens "Gafluna" dem Fiskus verschwiegen hatte. Die Stiftung war 1988 von dem 1994 verstorbenen Bruder Bernd auf den Namen von Clemens Tönnies eingerichtet worden; eine Stiftung namens Overseas gab es ebenso wie einen Firmenmantel namens Orgaplan.

Auf den Konten lagerten kleine Beträge. Angeblich sind die Gesellschaften als Vorratsgesellschaften für Investments im Ausland gegründet worden. Im Zuge des Familienkrieges mit dem Neffen Robert spielten die Stiftungen eine Rolle, Clemens Tönnies reichte am 25. Mai 2012 beim Finanzamt für die Jahre 2000 bis 2010 eine Nacherklärung ein. Ob überhaupt und wenn ja welche Summe derart dem Fiskus verschwiegen wurde, soll auch geklärt werden.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2012
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