Kontrollgremium:Aufsichtsräte öffentlicher Banken weniger kompetent

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Bankenviertel in Frankfurt. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Mitglieder im Kontrollgremium privater Banken hätten hingegen mehr Sachkenntnis, bescheinigt das Ifo-Institut – und warnt vor den Folgen.

Die Aufsichtsräte von öffentlich-rechtlichen Banken in Deutschland sind dem Ifo-Institut zufolge deutlich weniger fachkompetent als bei Privatbanken. Marcel Thum, Leiter der Ifo-Niederlassung Dresden, sagte: „Es gibt zahlreiche Studien, die einen Zusammenhang zwischen der Fachkompetenz in Aufsichtsräten und dem wirtschaftlichen Erfolg der Banken aufzeigen. Mehr Fachkompetenz in den Aufsichtsgremien von öffentlichen Banken könnte helfen, um künftige Krisen besser zu bewältigen.“

Bereits nach der Finanzkrise 2008/09 veröffentlichten die Autoren eine Studie zum Thema. Seitdem hätten die Aufsichtsgremien von öffentlich-rechtlichen Banken deutlich an Kompetenz aufgeholt, allerdings hinkten sie im Vergleich zu Privatbanken noch immer hinterher, so das Ifo. „In den Bereichen Finanzmarktkompetenz und Erfahrung im Management ist der Abstand zwischen Aufsichtsräten von öffentlichen Banken und Privatbanken besonders groß“, sagte Thum.

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und der Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB) erklärten, die Studienergebnisse seien in dieser Allgemeinheit nicht nachvollziehbar: „In den vergangenen Jahren sind gerade die Eignungsanforderungen an die Mitglieder von Aufsichtsgremien von Banken im europäischen Raum und damit auch in Deutschland noch einmal gestiegen.“ Insbesondere das Kreditwesengesetz mache hier strenge Vorgaben. „Es ist selbstverständlich, dass auch die öffentlich-rechtlichen Banken in Deutschland diese Anforderungen vollumfänglich erfüllen.“ Der Bundesverband deutscher Banken (BdB), die Lobby der privaten Institute, äußerte sich nicht.

Die Bewertung der Fachkompetenz vollzieht das Ifo auf Grundlage des persönlichen Bildungshintergrundes, der Erfahrung im Management und im Finanz- oder Bankenmarkt der einzelnen Mitglieder in den Aufsichtsräten zwischen 2008 und 2023. Insgesamt umfasst die Studie 17 Banken in Deutschland, wovon neun Banken privat und acht öffentlich-rechtlich organisiert sind. Darunter befinden sich acht der zehn größten deutschen Banken nach der Bilanzsumme.

In der Finanzkrise waren viele Landesbanken massiv unter Druck geraten und mussten teilweise von ihren staatlichen Eignern mit Kapitalspritzen vor dem Aus gerettet werden. 2009 wurden im Kreditwesengesetz (KWG) Regelungen zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungsrats- oder Aufsichtsratsorganen eingeführt. Vor allem müssen Aufsichts- und Verwaltungsräte die notwendige Sachkunde besitzen und gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) belegen. „Seit 2010 wurden von der Bafin nur extrem wenige Kandidaten abgelehnt“, schreiben die Ifo-Autoren. Der Paragraf dazu im reformierten KWG greife nicht wirklich. „Bleibt die Bankenaufsicht hier zahnlos, wird die eigentliche Intention des Gesetzgebers untergraben und bereitet indirekt neue Bankenkrisen vor“, warnen die Forscher.

Der Niedergang der schweizerischen Credit Suisse sollte der deutschen Bankenaufsicht als Lehrbeispiel dienen, „dass Aufsichtsratskompetenz kein Nebenschauplatz der Bankenaufsicht ist“. Vielmehr stelle sie ein wichtiges Merkmal dar, das das langfristige Risiko einer Bank mitbestimme, erklärte das Ifo. In dieser Hinsicht habe man die Lektionen aus der Finanzkrise nicht wirklich gelernt.

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