Audi-Prozess:Italienischer Wein und Ingolstädter Diesel

Hatz of Porsche presents the new Porsche 911 Carrera S during the Volkswagen group night ahead of the Frankfurt Motor Show (IAA) in Frankfurt

Opel, Fiat, Audi, Porsche: Wolfgang Hatz hat Karriere in der Autoindustrie gemacht. Im Abgasskandal muss er sich vor Gericht verantworten.

(Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Im Audi-Prozess bestreitet der ehemalige Motorenchef Wolfgang Hatz, am Abgasbetrug beteiligt gewesen zu sein - und spricht über sein Verhältnis zum Mitangeklagten Giovanni P.

Von Jan Schmidbauer, München

In der Branche, in der Wolfgang Hatz Karriere gemacht hat, ist die Hochzeit ein besonderer Moment. So nennt man den Augenblick, in dem Karosserie und Motor zusammengesetzt werden. Im Gerichtssaal der JVA Stadelheim, wo der erste Strafprozess zum Dieselskandal verhandelt wird, geht es am Mittwoch aber zunächst um Hatz' persönliche Trauung. Eine echte Hochzeit.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 61-Jährigen, der bis 2009 die Audi-Motorenabteilung leitete, unter anderem Betrug und strafbare Werbung vor. In den letzten zwei Wochen hatte Hatz Gelegenheit, sich zu diesen Vorwürfen zu äußern. Nun hat das Gericht noch einige Fragen. Zu E-Mails, Folien und anderen Dokumenten. Etwa zu einer "Mappe an Herrn Hatz", in der es um Probleme mit der kalifornischen Umweltbehörde CARB geht. Was Hatz von dieser Mappe wisse, fragt der Vorsitzende Richter Stefan Weickert. Die habe er "bestimmt nie gekriegt", sagt Hatz. Da sei er sich sehr sicher. Weil er zu dieser Zeit auf Hochzeitsreise war, sagt er.

Hatz ist nicht das prominenteste Gesicht in diesem Prozess. Das ist zweifellos der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft vor, auch nach Auffliegen des Skandals manipulierte Dieselautos in den Verkauf gebracht zu haben. Die Vorwürfe gegen Hatz sowie gegen die mitangeklagten Techniker Henning L. und Giovanni P., auf deren Aussagen wichtige Teile der Anklage beruhen, wiegen noch schwerer. Sie sollen an der Entwicklung der manipulierten Motoren beteiligt gewesen sein.

Was Hatz dazu vor Gericht erzählt, reiht sich ein in seine bisherige Argumentation. Das Wort "erinnern" fällt häufig. Wobei er meist sagt, dass er sich an etwas nicht erinnert. Weil er anderweitig beschäftigt war. Aber auch, weil er als hochrangiger Manager schlicht zu viel zu tun hatte, um sich mit den vermeintlichen Abgasdetails zu befassen. Von 12-bis-14-Stunden-Tagen spricht er.

Mit Manipulationen habe er aber so oder so nichts zu tun gehabt. Im Gegenteil: "Ich habe mich immer für große SCR-Tanks eingesetzt", sagt Hatz. Er meint die Behälter für das Stickoxid-neutralisierende Adblue, die sich später als unterdimensioniert herausstellen sollten. Die Folge ist bekannt: Ingenieure halfen nach und die Autos pusteten mehr Stickoxid in die Luft als versprochen. Hatz sagt: "Zu meiner Zeit waren die SCR-Tanks ausreichend groß." Soll heißen: Hatz-Zeiten waren saubere Zeiten.

Die Verteidiger fordern ein Gutachten, das Hatz entlasten soll

So argumentierten auch seine Verteidiger Gerson Trüg und Jörg Habetha, als sie einen Tag zuvor die Staatsanwaltschaft mit Vorwürfen konfrontieren. Die Anklage gegen Hatz würde in einem wichtigen Punkt auf falschen Daten basieren, so die Verteidiger. Als Hatz 2009 von Audi zu Porsche wechselte, sei bei den Audi-Dieselmotoren noch eine Software-Version im Einsatz gewesen, die nicht zwischen Prüfstand und echtem Fahrbetrieb unterschieden habe. Die Vorwürfe der Ermittler basierten aber auf einer neueren Software. Hatz' Verteidiger dringen nun auf ein Gutachten eines Professors der TU München, das ihren Mandanten entlasten soll. Ob es dazu kommt, ist noch nicht klar.

Sehr interessiert zeigte sich das Gericht am Verhältnis von Hatz zu seinem ehemaligen Mitarbeiter und Mitangeklagten Giovanni P. Beide haben zusammen bei Fiat gearbeitet, sie kennen sich lange. Hatz sagt: "Es war eine reine Arbeitsbeziehung." Dass der Italiener P. seinem Chef Hatz aber einmal eine Kiste Wein aus dem Piemont vorbeibrachte, fand der Vorsitzende Richter dann doch spannend. "Dass ich ein Italienfreund war und auch bin, ist ja glaube ich aktenkundig", sagt Hatz. Der Wein von Herrn P. stehe übrigens noch bei ihm zu Hause, sagt er. Er könne sogar mal eine Flasche mitbringen. Der Prozess wird am 12. Januar fortgesetzt.

Zur SZ-Startseite
Marvel Fusion

SZ PlusLasertechnik
:Dieses Start-up plant die Energie der Zukunft

Die Firma Marvel Fusion glaubt, den Heiligen Gral der Energieversorgung gefunden zu haben. Nun will sie ein Versuchskraftwerk bauen. Doch bei den Bürgern formiert sich der Widerstand.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: