Audi:Noch mehr mögliche Betrugsfälle

Abdeckkappen fuer Radmuttern an Fahrzeuge des Tys Audi A3 liegen an der Fertigungslinie im Audi Werk

Diverse Audi-Diesel, die teilweise bis zum vergangenen Jahr verkauft wurden, enthalten Schummelsoftware.

(Foto: Stephan Görlich/imago)

Wegen des Rückrufs weiterer Dieselautos ermittelt nun die Staatsanwaltschaft München.

Von Max Hägler, Klaus Ott

Am Anfang, als die Staatsanwaltschaft München II in der Abgasaffäre bei Audi zu ermitteln begann, ging es nur um 80 000 Autos. Jetzt sind es schon mehr als drei Mal so viele Fahrzeuge, insgesamt 253 000, bei denen die Strafverfolger dem Verdacht einer illegalen Software nachgehen. Einer Software, die dazu gedient haben soll, Schadstoffmessungen zu manipulieren. Die Staatsanwaltschaft München II bestätigte auf Anfrage, das inzwischen auch die von der neuesten Rückrufanordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) betroffenen 127 000 Fahrzeuge Gegenstand der Ermittlungen seien. Damit ist das Verfahren, das die Ingolstädter VW-Tochter Audi betrifft, noch einmal deutlich größer geworden.

Die Staatsanwaltschaft hat ihre Untersuchungen wiederholt ausgeweitet; jeweils nach Hinweisen des in Flensburg ansässigen KBA. Das Amt, das dem Bundesverkehrsministerium unterstellt ist, überprüft seit Beginn des Abgasaffäre bei Volkswagen im September 2015 zahlreiche Modelle in- und ausländischer Autohersteller. Bei Audi ist das Kraftfahrt-Bundesamt wiederholt fündig geworden. Teils betraf das Fahrzeuge der Ingolstädter VW-Tochter; teils Autos von Porsche mit Audi-Motoren. Porsche gehört ebenfalls zum Volkswagen-Konzern.

Die neueste Rückrufaktion betrifft die Audi-Modelle A4, A5, A6, A7, A8, Q5, SQ5 und Q7 mit der Abgasnorm Euro 6. Hier habe das KBA "unzulässige Abschaltvorrichtungen" festgestellt, bestätigte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums am Wochenende, nachdem die Bild am Sonntag darüber berichtet hatte. Bei in Fabrikation befindlichen Wagen ist die Software bereits geändert. Doch die Software wurde erst vor Kurzem angepasst, einige fehlerhafte Wagen sind noch auf den Höfen der Händler zu finden; ihre Auslieferung wird sich nun verzögern bis eine neue Software zugelassen und aufgespielt ist.

Nach Angaben des Verkehrsministeriums handle es sich bei der Abschalteinrichtung um eine sogenannte schnelle Motoraufwärmfunktion, die den Abgasausstoß mindert. Doch springt bei den zurückgerufenen Fahrzeugen diese Aufwärmfunktion nahezu nur in einem bestimmten Prüfzyklus an. Im realen Verkehr unterbleibe diese Stickoxid-Schadstoffminderung. Das widerspricht Anordnungen des Zulassungsamtes, aber könnte auch strafrechtlich relevant sein. Durch die Abschalteinrichtung, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, seien die Käufer betrogen worden. Ihnen seien schmutzige Fahrzeuge als sauber verkauft worden.

Der zum VW-Konzern gehörenden Autobauer untersucht seit Monaten alle Diesel-Antriebe des gesamten Konzerns "systematisch und detailliert" auf etwaige Unregelmäßigkeiten. Dabei arbeite man eng mit den zuständigen Behörden zusammen. Im Zuge dessen, heißt es aus Ingolstadt, seien auch die 127 000 Fälle entdeckt und ans KBA gemeldet worden - das dann eben den Rückruf anordnete. Für das A8-Modell ordnete das Amt nach Darstellung von Audi nachträglich ein Zulassungsverbot an, verschärfte also die Maßnahme. Dort wie auch bei den anderen Wagen muss der Autobauer bis Anfang Februar Software-Updates vorlegen, die dann vom KBA überprüft und gegebenenfalls freigegeben werden. Fahrzeughalter haben hernach 18 Monate Zeit, das Programm aufspielen zu lassen. Das Prozedere kennt man nun schon aus vorangegangenen Fällen im Diesel-Skandal.

Und es könnte sein, dass mehr folgt - an Rückrufen und gegebenenfalls auch an Betrugsermittlungen: Es werde noch einige Wochen dauern, bis man alle Fahrzeuge selbst auf Unregelmäßigkeiten hin überprüft habe, heißt es aus Ingolstadt. Bis Februar soll die sogenannte Diesel-Task-Force ihre Arbeit fortsetzen, danach soll wie in normalen Zeiten der Ausschuss Produkt-Sicherheit (APS) diese Überprüfungen weiterführen. Schon jetzt hätten die Audi-internen Prüfer weitere Unregelmäßigkeiten ans KBA gemeldet, die das Amt noch gar nicht bewertete habe, heißt es aus dem Konzern.

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