Audi kauft Ducati:Ein Spielzeug für den Chef

VW-Patriarch Ferdinand Piëch macht sich zu seinem 75. Geburtstag ein ganz besonderes Geschenk: Mit Ducati kauft er sich kein neues Motorrad, sondern gleich einen ganzen Hersteller. Der finanzielle Aspekt ist bei dem Geschäft zwar zweitrangig - der Kauf der Italiener könnte sich am Ende aber durchaus lohnen.

Thomas Fromm

An einem Juli-Tag im Jahre 1972 brach Ferdinand Piëch nach Italien auf. Sein Ziel: der Turiner Industriedesigner Giugiaro. Ein bisschen Italienisch lernen, die mediterrane Arbeitswelt kennenlernen - für den späteren Auto-Patriarchen war die Alpenüberquerung so etwas wie eine frühe Bildungsreise auf den Apennin. Wie so oft in jener Zeit ließ Piëch sein Auto in der Garage stehen. Stattdessen packte er das Gepäck für einen Monat auf eine Honda 750 - und fuhr in Richtung Süden.

A Ducati Hypermotard is seen in a Ducati motorbike shop in Rome

Der italienische Motorradhersteller Ducati legte 2011 das beste Jahr in seiner fast 90-jährigen Geschichte hin. Nun übernimmt die VW-Tochter Audi das Unternehmen für 860 Millionen Euro.

(Foto: REUTERS)

Inzwischen fährt Piëch längst Ducati - und dass er sich pünktlich zu seinem 75. Geburtstag kein neues Motorrad kauft, sondern mit Ducati gleich einen ganzen Hersteller, ist keine Überraschung: Schon seit Jahren stehen die Italiener auf der Einkaufsliste des VW-Patriarchen. Ducati ist so etwas wie die Diva unter den Motorradmarken. Piëchs Traum-Projekt. Daher ist das Timing perfekt: Schon bei der VW-Hauptversammlung am Donnerstag soll der 860-Millionen-Euro-Deal groß gefeiert werden. Ob der Kauf sinnvoll ist, ob Ducati zum Rest des VW-Reiches passt - all dies sind zweitrangige Fragen, wenn sich einer wie Piëch ein besonderes Geschenk machen will.

Es gehe bei all dem nicht unbedingt um das, was betriebswirtschaftlich notwendig und finanziell lukrativ ist, sagen Branchenanalysten. Sondern um das neue Spielzeug eines Mannes, der schon viele Marken gekauft hat. Zuletzt Porsche und MAN. Wenn einer schon alles hat, dann geht es am Ende vor allem um eines: wahre Leidenschaften. Piëch und Italien, der Alte und seine Motorräder - es ist ein großes Capriccio. Zuerst kaufte er sich 1998 über die VW-Tochter Audi die italienische Supersportwagenmarke Lamborghini. Dann war vor zwei Jahren Giugiaro an der Reihe - jenes Designunternehmen, bei dem Piëch vor 40 Jahren sein italienisches Praktikum machte. Und nun also Ducati, die Edelmarke.

Ducatis sind nicht billig. Für das 1199 Panigale fallen an die 25.000 Euro an. Da sind das Design, die Leichtigkeit, die ausgeklügelte Technik, der markante Motorenklang. Und die Farbe. Meistens rot. Ducatis, le Rosse, das sind so etwas wie die Ferraris unter den Motorrädern. Und sie befinden sich in guter Gesellschaft: In ihrer Heimat Emilia Romagna sind auch andere große Namen zu Hause. Lamborghini, Maserati, Ferrari.

Nicht nur eine "Entscheidung von Midlife-Crisis-Managern"

VW und Ducati - mehr als nur die "Entscheidung von Midlife-Crisis-Managern", wie es ein Analyst formulierte? Das Geschäft gilt gerade in Europa als schwierig - ein Geschäft vor allem für ältere Männer. Aber: Es hängt auch davon ab, was man daraus macht. Es kann für Autohersteller interessant sein, auch im Motorradmarkt vertreten zu sein.

BMW macht es seit jeher vor; erst 2007 kauften sich die Bayern die Offroad-Marke Husqvarna mit dazu. Und BMW gilt den Niedersachsen als heimliches Vorbild. Der Münchner Premiumhersteller hat in den vergangenen Jahren trotz Krise dazugewonnen und verkaufte 104.000 Motorräder - auch und vor allem auf Kosten der Großen aus Japan, der Hondas, Suzukis und Kawasakis.

Es geht um die richtige Strategie. VW könnte vor allem dann von Ducati profitieren, wenn man dort die Produktpalette ausweitet. Kompaktere, kleinere Maschinen, E-Roller für die Stadt könnten gebaut werden. Autokonzerne wie Daimler und BMW wittern hinter dem Verkauf von Zweirädern eines der Boom-Geschäfte der Zukunft. Elektrische Roller und Motorräder sind günstiger als Elektroautos und könnten deren Weg in die Großstädte in den kommenden Jahren allmählich vorbereiten. BMW arbeitet längst an allen möglichen Plänen - auch eng verzahnt mit dem elektrischen Leichtbau-Auto i3, das 2013 an den Start gehen soll. Gut für VW: Die Tochter Audi hat bereits Erfahrung mit Zweirädern. Wenn auch die letzten NSU-Maschinen vor Jahrzehnten gebaut wurden.

Die Traditionsschmiede Ducati, lange Jahre ein Sanierungsfall, gehört zu 70 Prozent dem Finanzinvestor Investindustrial und steht nach harten Sparrunden und Umbauten längst wieder oben. 2011 war das beste Jahr in der fast 90-jährigen Geschichte des Unternehmen: 480 Millionen Umsatz machten die Italiener im vergangenen Jahr; der Gewinn lag bei 110 Millionen Euro. 42.000 Motorräder wurden verkauft.

Ducati gilt in der Branche nicht nur als Juwel - die Firma ist Branchenkreisen zufolge auch der einzige namhafte Motorradhersteller, der derzeit zum Verkauf steht. Von Anfang an galt VW als der wahrscheinlichste Käufer. BMW hatte kein Interesse an einem Zukauf in Italien; und Daimler, über seine Sportwagentochter AMG immerhin in einer Kooperation mit Ducati verbunden, wollte ebenfalls nicht zugreifen. Am Ende wurde Ducati, die alte Marke, zu einem Geburtstagspräsent.

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