Audi:Erneuern, aber nicht zu viel

Volkswagen Announces Financial Results For 2016

Immerhin er soll noch bleiben: Audi-Chef Rupert Stadler.

(Foto: Getty Images)

Vier neue Top-Manager sollen den Autobauer aus der Krise ziehen. Doch letztlich bleibt der Konzern mal wieder unter sich.

Von Max Hägler und Klaus Ott

Ein paar Wochen hat es gedauert, aber jetzt hat Volkswagen-Chef Matthias Müller endlich genug Kandidaten beieinander für die VW-Tochter Audi in Ingolstadt. Dort müssen gleich vier der sieben Vorstandsmitlieder vorzeitig gehen. Einen Neuanfang soll das ermöglichen bei der kriselnden Marke, die zu den größten Gewinnbringern im VW-Konzern zählt. Oder anders gesagt: Wenn vier von sieben Managern ausgewechselt werden sollen, dann ist die Not sehr groß.

Die Personalien müssen vom Audi-Aufsichtsrat noch beschlossen werden, dem VW-Chef Müller vorsteht. Die Neuen, so es denn klappt mit ihrer Ernennung, kommen alle aus dem Volkswagen-Imperium. An erster Stelle VW-Generalsekretär Wendelin Göbel, der Personalvorstand bei Audi werden soll, wie die SZ bereits berichtet hat. In Ingolstadt wird geredet, der bisherige Personalchef Thomas Sigi sei den Eigentümerfamilien Porsche und Piëch wohl zu konziliant gegenüber den Arbeitnehmern gewesen: Als etwa im vergangenen Jahr Nachtschichten gestrichen werden sollten, protestierten die Arbeiter, weil damit sehr lukrative Zulagen entfallen wären. Letztlich ließen Personalvorstand Sigi wie auch der bisherige Produktionsvorstand Hubert Waltl ab von den Plänen.

Auch Waltl soll ersetzt werden, und zwar durch Peter Kössler, seit dreißig Jahren Audianer; von 2007 bis 2015 Leiter des Werkes Ingolstadt; derzeit Chef von Audi in Ungarn. Und seit 2009 Mitglied des Aufsichtsrats für die Arbeitnehmerbank. Die Kontrolleure, die Kössler zum neuen Produktionsleiter bestimmen sollen, kennen ihn also schon bestens.

Weiterer neuer Vorstand dürfte wohl Bram Schot werden, der den Vertriebschef Dietmar Voggenreiter ablösen soll. Der gebürtige Niederländer arbeitete einst bei Mercedes und leitet derzeit den Vertrieb von Lieferwagen und anderen Nutzfahrzeugen bei Volkswagen. Der Vertrieb ist neben dem Diesel-Skandal die größte offensichtliche Baustelle in Ingolstadt: Audi ist beim Verkauf zuletzt zurückgefallen hinter die beiden deutschen Konkurrenten BMW und Mercedes; auch in China gab es einen deutlichen Einbruch beim Absatz.

Dort, in China, hat bis zuletzt der vierte wahrscheinliche Neuzugang gearbeitet: Alexander Seitz, bislang Statthalter beim Joint Venture SAIC, unter dessen Dach Volkswagen Autos in China baut und verkauft. Seitz soll Finanzchef Axel Strotbek ersetzen. Weshalb er gehen soll, ist nicht ganz klar; womöglich hat er das Unternehmen zu sehr auf das lang andauernde Schönwetter ausgelegt und nicht genügend für schwere Zeiten vorgesorgt wie die jetzige Krise bei Audi.

Vier Neue, die altbekannt sind im VW-Konzern, und niemand von außen und auch keine Frau: Bei Volkswagen bleibt man lieber unter sich. Das war schon immer die Maxime der Hauptaktionäre, der Familien Porsche und Piëch. Die umgeben sich am liebsten mit Vertrauten. Mit Managern, die sie gut kennen. Das gilt auch für den angeschlagenen Audi-Chef Rupert Stadler, der weiterhin auf die beiden Familien zählen kann. "Stadler ist gesetzt", heißt es aus dem Umfeld der Porsches und Piëchs - wobei das andere im Aufsichtsrat nicht so eindeutig sehen.

Das Festhalten der Familien an Stadler erklärt aber auch, warum es derzeit gar nicht so leicht fiele, Manager von außen zu Audi zu holen. Niemand weiß, ob der umstrittene Stadler wegen der Abgasaffäre noch lange zu halten ist. Sollte Audi in einigen Monaten oder im nächsten Jahr doch einen neuen Chef bekommen, und sollte der sich dann seine Mannschaft selbst zusammenstellen wollen, dann wäre wieder ein Stühlerücken angesagt in Ingolstadt. Wer jetzt von außen käme, von BMW oder Daimler oder sonst woher, liefe Gefahr, bald wieder weg zu sein. Also bleiben wohl nur Manager aus dem eigenen Konzern übrig. Was allerdings nicht gegen deren Qualitäten sprechen muss. Und zwei von ihnen, Bram und Seitz, waren ja vor ihrer Zeit im VW-Konzern bei anderen Autoherstellern.

Aus dem Konzern heißt es: Mehr Mut wäre schön! Peter Mertens etwa zeige, wie viel eine Berufung eines Externen bewirken könne. Der Ingenieur war erst im Mai von Volvo zu Audi geholt worden und sorgt dort offenbar für Aufbruchsstimmung. Erst im Juli hatten die Arbeitnehmervertreter bei einer Versammlung öffentlich und ungewohnt heftig den restlichen Vorstand kritisiert. Es sei "keine Strategie" bei der Produktion erkennbar, gerade was E-Autos anbelangt. Es mangle im Konzern außerdem an einem vertrauensvollen Miteinander; Mitarbeiter müssten besser gefördert werden. Und Vorstandschef Stadler müsse die Kommunikation gegenüber der Belegschaft "deutlich verbessern und die Informationspolitik überdenken". Die zunehmend unruhigen Arbeitnehmer sind indes auch der Grund, wieso die Berufungen noch scheitern könnten: Sie stellen den zweiten Block im Aufsichtsrat, neben den Familien.

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