Autohersteller:Ohne die vier Ringe: Wie Audi Käufer in China gewinnen will

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Die Kühlerhaube des neuen Elektroautos für China zieren vier Großbuchstaben. (Foto: Audi AG)

Der deutsche Hersteller baut mit dem chinesischen Produzenten SAIC Elektrofahrzeuge unter einer neuen Marke. Jetzt wurde das erste Modell vorgestellt. Warum vom Erfolg dieser Kooperation für Audi sehr viel abhängt.

Von Christina Kunkel, Ingolstadt

Der Weg zu ihrem Arbeitsplatz in Ingolstadt dürfte sich für einige Audi-Ingenieure zuletzt angefühlt haben wie ein Besuch in einem chinesischen Autohaus. Im Foyer des Entwicklungsgebäudes hatte der deutsche Konzern Elektroautos chinesischer Marken ausgestellt. Ein SUV von Li Auto stand Mitte Oktober dort, aber auch ein sportliches Modell von Avatr. Es wirkte ein bisschen wie ein Weckruf an alle die, die es noch immer nicht kapiert haben: In China fährt die Konkurrenz den deutschen Herstellern immer schneller davon.

Auch Audi leidet darunter. Dass der Gewinn der Ingolstädter zuletzt um 91 Prozent einbrach und man 16 Prozent weniger Autos verkaufte, liegt auch am schwachen China-Geschäft. Seit Jahresbeginn kommt Audi auf eine operative Rendite von 2,5 Prozent – das ist gerade einmal ein Drittel dessen, was Audi im Vorjahreszeitraum schaffte. Damit der Hersteller in China nicht komplett untergeht, setzt Audi ähnlich wie die Marke VW auf enge Kooperationen mit chinesischen Herstellern. Doch die Zusammenarbeit von Audi mit dem Staatskonzern SAIC geht besonders weit: Die beiden Firmen entwickeln nicht nur Fahrzeuge auf einer neuen Elektroplattform gemeinsam, sondern gründen eine komplett neue Marke für den chinesischen Markt.

Mitte Oktober flog Audi chinesische Journalisten nach Ingolstadt ein, um das erste Modell aus der Kooperation zu zeigen. Die neue Marke, um die Audi ein großes Geheimnis machte, entpuppte sich schließlich zumindest aus deutscher Perspektive als marginale Veränderung: So haben die SAIC-Audi-Fahrzeuge keine vier Ringe mehr als Logo, sondern den ausgeschriebenen Audi-Schriftzug in Versalien. Man könnte also sagen: Aus Audi wird Audi. Zumindest in Ingolstadt sieht man diese Neuerung als große Sache, als Beginn einer neuen elektrisch betriebenen Fahrzeuglinie, mit der Audi die meist jungen chinesischen Autokäufer endlich besser erreichen will.

Anfang 2025 soll es eine Serienversion der neuen Limousine geben. (Foto: Audi AG)

Die Zusammenarbeit von chinesischen und deutschen Ingenieuren habe die Entwicklungszeit um 30 Prozent verkürzt, sagen sie bei Audi. Tatsächlich hat das erste Modell, eine sportlich aussehende Limousine, viele Elemente, die chinesische Hersteller ihren Kunden schon länger anbieten – einen Avatar als digitalen Assistenten, ein riesiges Display und viel Platz für die Passagiere auf dem Rücksitz.

Das Auto soll in zehn Minuten Strom für 370 Kilometer nachladen können

Einige technische Daten gibt es bereits: Das Auto soll rund 700 Kilometer Reichweite haben und in zehn Minuten Strom für 370 Kilometer nachladen können. Von außen erinnert der SAIC-Audi an Modelle der chinesischen Konkurrenz, zum Beispiel an genau das Fahrzeug von Avatr, das im Foyer des Entwicklungszentrums stand.

Noch ist die Audi-SAIC-Limousine ein Konzeptfahrzeug, doch schon Anfang 2025 soll es die Serienversion geben, insgesamt plant Audi mit zunächst drei Fahrzeugen aus der Kooperation. Diese sind rein für den chinesischen Markt gedacht, ein Export ist aktuell nicht geplant, sagt Audi-Chef Gernot Döllner. Es wird viel davon abhängen, ob Audis neuer Plan für China aufgeht, also ob der Wechsel von vier Ringen hin zum Audi-Schriftzug und das Know-how chinesischer Software-Experten den deutschen Premiumhersteller im größten Automarkt der Welt wieder erfolgreich machen können.

Denn klar ist auch: Sollte sich die Lage für Audi in China weiter verschlechtern, dürfte es auch in Ingolstadt mittelfristig Diskussionen um Arbeitsplätze geben. Das Audi-Werk in Brüssel, das voraussichtlich schon im Februar 2025 dichtgemacht wird, könnte dann erst der Anfang gewesen sein. In der Audi-Chefetage zeigte man sich bei der Vorstellung des neuen Modells zumindest sehr beeindruckt von der Arbeitseinstellung der Chinesen. Man habe deshalb bereits erste „China-Speed“-Projekte in Ingolstadt gestartet, war dort zu hören. Was das genau für die dortigen Mitarbeiter bedeutet, blieb jedoch offen.

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