Atomausstieg:Schwarz-gelbe Energiewende kostet Milliarden

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Die Regierung hat ein erstes Konzept für den Energieumstieg erarbeitet - nach SZ-Informationen würden Bürger und Unternehmen dadurch erheblich belastet.

M. Bauchmüller, S. Braun und C. Hulverscheidt

Die von der Bundesregierung geplante Energiewende könnte Bürger und Betriebe pro Jahr mit etwa drei Milliarden Euro belasten. Das haben nach Informationen der Süddeutschen Zeitung erste regierungsinterne Berechnungen ergeben. Über die Details will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Freitag mit den Ministerpräsidenten der Länder beraten.

Ohne Nebenwirkungen: Nach dem Unglück im japanischen Atomkraftwerk Fukushima-1denken auch Union und FDP verstärkt über alternative Energieerzeugung nach. (Foto: dpa)

Die Koalition will nach dem Unglück im japanischen Atomkraftwerk Fukushima schneller aus der Nutzung der Kernenergie aussteigen als bisher vorgesehen. Dazu ist es notwendig, mehr Geld in den Ausbau alternativer Energien zu stecken. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hatten dazu in der vergangenen Woche ein gemeinsames Papier erarbeitet.

Es sieht unter anderem vor, Energie zu sparen, indem die Mittel für die Wärmedämmung alter Gebäude deutlich aufgestockt werden. Sie waren im Zuge der Haushaltssanierung gerade erst reduziert worden. Auch soll der Energie- und Klimafonds, über den der Bund weitere Fördermaßnahmen finanziert, aus dem Haushalt auf eine Milliarde Euro aufgestockt werden. Bisher speist er sich aus Beiträgen der Kernkraftwerks-Betreiber. Angesichts der unklaren Zukunft der Atomkraft haben diese ihre Zahlungen aber einstweilen eingestellt.

Nach Angaben aus Regierungskreisen würde eine Umsetzung des Konzepts von Röttgen und Brüderle pro Jahr durchschnittlich drei Milliarden Euro kosten. Dabei läge die Summe zu Beginn niedriger, mittelfristig dann höher. Allerdings gibt es in der Rechnung noch zahlreiche Unbekannte, da beispielsweise offen ist, wie lange die 17 deutschen Atomkraftwerke am Netz bleiben sollen. Zudem ist unklar, wie die Kosten auf die Stromkunden und die Steuerzahler verteilt werden.

Auch die Kernbrennstoffsteuer, aus der sich der Fiskus jährlich bis zu 2,3 Milliarden Euro versprach, wird absehbar weniger abwerfen, wenn Kernkraftwerke stillgelegt werden. Noch ist fraglich, woher neue Mittel kommen könnten. Dies werde dann besprochen, wenn das ganze Ausmaß zusätzlicher Belastungen bekannt sei, hieß es in den Kreisen.

Chance Atomausstieg

Der niedersächsische Regierungschef David McAllister (CDU) sagte der SZ, seit Fukushima habe die Kernenergie in Deutschland "endgültig keine Zukunft mehr". Schon als die schwarz-gelbe Koalition die Laufzeiten der Kernkraftwerke im vergangenen Herbst verlängert habe, sei eine Mehrheit der Bevölkerung dagegen gewesen.

"Selbst in unserer eigenen Anhängerschaft war die Meinung mindestens geteilt", erklärte er. Vor diesem Hintergrund müssten CDU und CSU den Atomausstieg jetzt entschlossen umsetzen. "Die Energiewende ist die Riesenchance für die Union - wenn wir konsequent bleiben", sagte McAllister.

Die Bundesnetzagentur warnte allerdings davor, weitere Kernkraftwerke einfach vom Netz zu nehmen. Zwar gebe es "bisher keine Hinweise auf akute Gefährdungen der Systemsicherheit", heißt es in einem Bericht an das Wirtschaftsministerium. Sollten aber Reaktoren zusätzlich abgeschaltet werden, könne sich dies ändern.

Aus technischen Gründen muss immer eine bestimmte Menge Strom im Netz sein, anderenfalls kommt es zum Zusammenbruch. Derzeit sind neun Kernkraftwerke nicht in Betrieb. Jedoch gehen während des dreimonatigen Moratoriums der Regierung fünf weitere Meiler für Wartungsarbeiten vom Netz. Ende Mai werden damit für einige Tage 13 der 17 Reaktoren keinen Strom liefern. Diese Planung müsse "überprüft und eventuell umgestaltet werden", so die Netzagentur.

© SZ vom 15.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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