An der Wirtschaft hängen Wohl und Wehe der Menschen, aber die Rahmenbedingungen des Zusammenlebens bestimmt zuerst die Politik - derzeit wieder ganz besonders heftig. Donald Trump wütet gegen Iran, die Vereinigten Staaten wollen das Regime in Teheran in die Knie zwingen. Der amerikanische Präsident kündigt den Atom-Vertrag mit Iran und will das Land wirtschaftlich isolieren. Das ist das genaue Gegenteil der Politik seines Vorgängers Barack Obama, was Trump so wenig schert wie die in allen Rechtssystemen verankerte Regel des "pacta sunt servanda", Verträge sind einzuhalten. Das allein ist schlimm genug, aber noch schlimmer ist, dass die USA wie selbstverständlich davon ausgehen, dass ihr Bann von Unternehmen in aller Welt zu beachten sei. Dieser Allmachtanspruch ist rechtlich fragwürdig und politisch unerträglich.
Die Sanktionen gegen Iran treffen Unternehmen, die bereits in Iran aktiv sind oder es sein wollen. Namentlich deutsche Firmen hatten sich nach dem Abschluss des Iran-Abkommens große Hoffnungen auf Geschäfte dort gemacht. Geschäfte, die ebenso zum Wohle dieser Unternehmen sind wie zum Wohle der iranischen Gesellschaft, und die auch dem internationalen Frieden dienen. Wer miteinander handelt, der schießt nicht aufeinander, so einfach ist die Welt manchmal; leider gilt häufig auch der Umkehrschluss.
Geschäfte binnen 180 Tagen abwickeln
In den Zentralen der betroffenen Unternehmen, darunter große deutsche und europäische Konzerne von Airbus über Daimler bis Siemens, herrscht Alarmstimmung. Man geht davon aus, dass der Druck der USA so groß sein wird, dass man dem nicht ausweichen kann. Die amerikanische Regierung erwartet von den Unternehmen, dass sie ihre Geschäfte mit Iran binnen 180 Tagen abwickeln. Wer dem nicht folgt, muss mit US-Sanktionen rechnen. Er kommt auf eine schwarze Liste, kein amerikanisches Unternehmen darf mit ihm noch Geschäfte machen.
Den iranischen Markt behalten und dafür den nordamerikanischen verlieren, das ist für die Manager angesichts der Größenverhältnisse keine Option. Drei Milliarden Euro betrug 2017 das Volumen der deutschen Ausfuhren nach Iran, das waren 0,2 Prozent der Gesamtexporte. Der Handel mit den USA dagegen, der größten Volkswirtschaft der Welt, liegt bei mehr als 110 Milliarden Euro. Und sogar Unternehmen, die gar nicht direkt in den USA engagiert sind, wären von einem US-Bann betroffen, weil sie beispielsweise ihre Dollar-Verträge nicht mehr über amerikanische Banken abwickeln könnten. Ganz offensichtlich ist die Position der USA in der Weltwirtschaft immer noch so stark, dass man sich besser nicht gegen sie stellt.
In dieser Situation kommt es auf die Politik an. Sie muss die Firmen absichern, muss ihnen helfen. Der französische Präsident Emmanuel Macron propagiert immerhin, dass Europa Einigkeit und Stärke im Umgang mit den USA zeigt. "Seien wir nicht schwach!", sagt er. Seine Minister setzen sich in Gesprächen mit der US-Regierung für die betroffenen französischen Unternehmen ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel dagegen hat nicht mal öffentlich den neuen US-Botschafter in Berlin in seine Schranken gewiesen, der sich per Twitter direkt an die deutschen Unternehmen gewandt und sie regelrecht angewiesen hat, ihre Geschäfte zurückzufahren. Bei so viel Zurückhaltung müssen die Unternehmen davon ausgehen, dass sie den USA schutzlos ausgeliefert sind. Man kann deutschen Konzernchefs dann nicht verdenken, wenn sie - wie mehrfach vorkommen - den US-Präsidenten bei passender Gelegenheit liebedienerisch umgarnen.
Eine solche Situation ist einer Wirtschaftsnation von der Bedeutung Deutschlands nicht würdig. Die Politik muss agieren, mutig und notfalls auch konfrontativ. Mit demonstrativen Gesten, etwa einem runden Tisch in Berlin, präsidiert von der Kanzlerin, dem Wirtschaftsminister und den Präsidenten der Wirtschaftsverbände. Und durch einen europäischen Schulterschluss. Solange Europa am Atomabkommen festhält und sich den US-Sanktionen politisch nicht anschließt, haben die Unternehmen alle Berechtigung, ihre Geschäfte fortzusetzen. Die sind zwar noch nicht groß, aber haben Potenzial. Und je mehr Iran in die Weltwirtschaft integriert wird, desto kleiner wird die Gefahr eines Flächenbrandes im Nahen Osten.