Philippsburg//Mannheim (dpa) - Die letzten hochradioaktiven Atomabfälle aus Frankreich dürfen wie geplant im Standort-Zwischenlager Philippsburg (Landkreis Karlsruhe) eingelagert werden. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim lehnte Eilanträge gegen die Genehmigung ab. Damit ist der Weg frei für den bis Jahresende geplanten Transport von vier Castoren.
Bei dem Transport geht es um Abfälle, die nach der Wiederaufbereitung von Brennelementen aus deutschen Atomkraftwerken übrig geblieben sind. Ein Termin für den Transport soll aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlicht werden.
Stadt sorgt sich um Sicherheitslage
Die Stadt und mehrere Grundstückseigentümer in der Nähe des Zwischenlagers hatten mit dem Eilantrag die Einlagerung stoppen wollen. Die verschärfte geopolitische Sicherheitslage sei nicht genügend berücksichtigt worden, so Bürgermeister Stefan Martus (parteilos). So gebe es inzwischen zum Beispiel panzerbrechende Waffen, die bei der ursprünglichen Genehmigung 2003 noch gar nicht existiert hätten. Auf dieser basierten die jüngsten Änderungsgenehmigungen. Aus Sicht des Rathauschefs hätte es einer neuen Genehmigung samt Neubewertung bedurft.
VGH lehnt aufschiebende Wirkung ab
Aus Sicht des Gerichts müssen befürchtete kriegsbedingte Einwirkungen im Rahmen einer militärischen Auseinandersetzung mit Russland bei der Auslegung kerntechnischer Anlagen nicht berücksichtigt werden. Ein wirksamer Schutz werde letztlich nur durch die Bundeswehr gewährleistet.
Auch gebe es derzeit „keine konkreten Anhaltspunkte, dass das Zwischenlager gegen Sabotageakte oder terroristische Anschläge nicht hinreichend gesichert ist“. Das Risiko derartiger Szenarien werde durch die Sicherheitsbehörden regelmäßig bewertet. Im Rahmen eines geänderten Sicherheitskonzepts würden aktuell mehrere baulich-technische Maßnahmen umgesetzt. Auch die Auswirkungen eines gezielten oder zufälligen Flugzeugabsturzes auf das Zwischenlager seien voraussichtlich rechtsfehlerfrei untersucht worden.
Punktuell weiterer Aufklärungsbedarf
Inwiefern moderne Waffensysteme bei den Szenarien berücksichtigt wurden und ob der zufällige Absturz eines bewaffneten Kampfflugzeugs praktisch ausgeschlossen und deshalb von der Genehmigungsbehörde zu Recht dem sogenannten Restrisiko zugeordnet wurde, ließ der VGH offen. Hier sieht er „punktuell weiteren Aufklärungsbedarf“ im Hauptsacheverfahren.
Das letzte Wort ist nicht gesprochen
Der VGH wies darauf hin, dass sich Deutschland gegenüber Frankreich zur Rücknahme der Behälter bis Ende 2024 vertraglich verpflichtet hat. Der Transport sei langfristig vorbereitet worden. Eine zusätzliche radioaktive Exposition der Bevölkerung sei damit nicht verbunden, die maßgeblichen Grenzwerte würden weiterhin deutlich unterschritten. Die Behälter dürfen bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren eingelagert werden. Doch das Gericht betonte: Mit der Genehmigung des Transports würden keine irreversiblen Tatsachen geschaffen: Denn eine Auslagerung der Behälter im Fall eines Erfolgs der Klage sei jederzeit möglich (Az. 10 S 1555/24). Der Beschluss ist unanfechtbar.
Warten auf das Endlager
Da es noch kein Endlager gibt, lagern auf dem Gelände des stillgelegten Kernkraftwerkes Philippsburg seit 2007 in einem Zwischenlager radioaktive Abfälle in Form bestrahlter Brennelemente aus der Kernspaltung. 102 Plätze sind schon belegt. Bis auf die vier nun geplanten Behälter sollen keine weiteren folgen. Der Betrieb des Brennelemente-Zwischenlagers in Philippsburg ist aktuell bis zum Jahr 2047 genehmigt. Von einer Verlängerung wird ausgegangen. Es gibt noch Atomabfälle in England. Die sollen auf die staatlichen Brennelemente-Zwischenlager in Biblis (Hessen), Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Isar (Bayern) verteilt werden.
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