Süddeutsche Zeitung

Athen zahlt Schulden zurück:Wie Deutschland an der Griechenland-Hilfe verdient

Athen ist unter dem Rettungsschirm und bekommt Milliarden Euro. Doch diese Hilfe ist nicht geschenkt, sondern verzinst - und Griechenland zahlt heute drei Milliarden an die Europäische Zentralbank zurück. Wenn alles gutgeht, ist das für Deutschlands Steuerzahler ein gutes Geschäft.

Benjamin Romberg

Eine Angst treibt die Deutschen seit Beginn der Euro-Krise um: Sie müssen zahlen. Am heutigen Montag fließt Geld in die andere Richtung. Die griechische Regierung überweist 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB). Die Währungshüter hatten nervösen Händlern Staatsanleihen abgekauft, die Athen nun zurückzahlen muss. "Kein Problem", sagte ein Mitarbeiter des griechischen Finanzministeriums. "Wir haben das nötige Geld."

Die Finanzhändler hatten der EZB wohl einen guten Preis gemacht, um die Papiere loszuwerden. Somit macht die EZB bei diesem Deal womöglich sogar Gewinn - die Rettungsmaßnahmen für Griechenland können sich am Ende für die deutschen Steuerzahler lohnen. Ein Überblick, wie Deutschland von der Krise profitiert - wenn alles gutgeht.

Jene 3,2 Milliarden Euro, die Athen nun zurückzahlt, machen nur einen kleinen Teil der griechischen Schulden bei der EZB aus. Insgesamt halten die Währungshüter Staatsanleihen im Wert von mehr als 200 Milliarden Euro, das legt die Zentralbank offen. Wie viel davon griechische Anleihen sind, ist offiziell geheim. Doch das griechische Finanzministerium hatte im Frühjahr diese Daten indirekt veröffentlich. Damals verhandelten die privaten Gläubiger mit Athen über einen Schuldenerlass. Und Griechenland veröffentlichte, wie viele Milliarden davon betroffen wären. Damit war klar: Die restlichen Anleihen sind im Besitz der Zentralbanken - insgesamt 56,5 Milliarden Euro, analysierte die Financial Times Deutschland damals.

Wenn die Anleihen fällig werden, kassieren die Notenbanken Zinsen. Die summieren sich alleine für dieses Jahr laut FTD auf 2,5 Milliarden Euro. Bis 2026 kommen so 12,7 Milliarden Euro an Zinsgewinnen zusammen. Die EZB schüttet ihre Gewinne an die Euro-Länder aus. Deutschland, der größte Kapitalgeber der Bank, bekommt davon auch den größten Anteil.

Und der Profit könnte noch höher liegen, wenn die EZB günstig eingekauft hat. So wurden Griechische Papiere im Wert von zehn Milliarden Euro für sieben Milliarden angeboten. Athen zahlt nun aber zehn Milliarden plus Zinsen zurück - eine satte Rendite für Jene also, die für sieben Milliarden gekauft haben.

Deutschland selbst bezahlt kaum noch etwas für seine Schulden

Deutschland profitiert auch direkt von der Krise. Das Bundesfinanzministerium kauft zwar keine Staatsanleihen, gibt aber selbst welche aus. Die Zinsen, die Deutschland dafür zahlen muss, fallen und fallen - teilweise sind sie sogar negativ. Verunsicherte Vermögensverwalter sind froh, dass ihr Kapital sicher ist. Deutschland bekommt dann dafür Geld, dass es Kredite aufnimmt.

Der Kieler Ökonom Jens Boysen-Hogrefe hat ausgerechnet, wie groß dieser Effekt ist. Hätte Deutschland in den vergangenen dreieinhalb Jahren Zinsen wie vor der Krise bezahlt, hätte dies den Haushalt mit 154 Milliarden Euro belastet, rechnet Boysen-Hogrefe im Handelsblatt vor. Weil Deutschland als sicherer Hafen in der Krise gilt, ist die Zinslast dem Forscher zufolge um 12 Milliarden Euro gesunken. Weil außerdem die EZB den Leitzins auf ein Rekordtief herabgesetzt hat und das Wirtschaftswachstum nachlässt, sind die Zinsen zusätzlich deutlich gefallen. Das habe die Zinslast Deutschlands um 56 Milliarden Euro gesenkt, so Boysen-Hogrefe. Somit habe die Bundesrepublik seit Beginn der Krise nur noch 86 Milliarden Euro für neue Kredite zahlen müssen.

Das Bundesfinanzministerium kann auf Anfrage die Berechnung des Ökonomen nicht nachvollziehen. Es sieht die niedrigen Zinsen als Ergebnis einer soliden Finanzpolitik und der guten wirtschaftlichen Entwicklung. "Die EZB hat den Bankenmarkt der Eurozone mit ausreichender Liquidität ausgestattet, und diese Beträge suchen einen sicheren Anlagehafen - das ist nun einmal auch der Bund", sagte ein Sprecher.

Zinsen für das Rettungspaket

Es sind aber nicht nur die eingesparten Zinsen, an denen Deutschland verdienen kann. Das erste Rettungspaket hat Griechenland bekommen, als es noch keinen Rettungsfonds gab. Diese Notkredite sind ordentlich verzinst. Deutschland hat damals 15,2 Milliarden Euro nach Athen überwiesen. Der Zinssatz, den Griechenland dafür zahlen muss, basiert auf dem sogenannten Euribor. Er zeigt, zu welchen Zinsen sich europäische Banken untereinander Geld leihen. Der Griechenland-Zins orientiert sich am Euribor für dreimonatige Kredite. Vor zwölf Monaten lag er noch bei 1,6 Prozent, zuletzt ist er auf 0,3 Prozent gefallen.

Griechenland muss auf den Satz allerdings noch 1,5 Prozentpunkte aufschlagen. Vor dem mit Athen vereinbarten Schuldenschnitt war der Aufschlag zwar noch höher. Aber auch so liegen die Zinskosten, die das Land zahlen muss, also Euribor und Aufschlag zusammen, über den Kreditkosten, die Deutschland aktuell selbst für Kredite bezahlen muss. Anfang August zahlte das Finanzministerium für neue zehnjährige Staatsanleihen nur 1,4 Prozent. Der Staat profitiert von dieser Spanne.

Das Geld kommt zurück - außer bei einer Pleite

Anders sieht es bei den Krediten aus, die aus dem Rettungsschirm EFSF kommen. Sie sind keine lukrative Einnahmequelle, sondern nur mäßig verzinst. Die angeschlagenen Länder zahlen lediglich die Gebühr, zu dem der EFSF selbst Kredite aufnimmt plus einen geringfügigen Serviceaufschlag, für die Verwaltungskosten.

Dazu kommt das Risiko. Geht ein Land in die Insolvenz, ist im schlimmsten Fall kein Geld mehr da - auch nicht für Deutschland. Die Kredite würden plötzlich zu echten Verlusten, die im Haushalt fehlen würden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1445399
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/bero/bbr/luk
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.