Arnold Schwarzenegger:Jäger des verlorenen Schatzes

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Chaos im Traumland: Kalifornien steht unter Arnold Schwarzenegger vor der Pleite - nun soll ein Sparhaushalt das Desaster verhindern.

R. Klüver

Der Gouverneur sprach wie ein alttestamentarischer Prophet. "Der Tag der Abrechnung ist da", polterte Arnold Schwarzenegger in einem wohlkalkulierten, kaum eine Viertelstunde währenden Auftritt vor dem Abgeordnetenhaus und Senat Kaliforniens in Sacramento. "Unser Geldbeutel ist leer, unsere Bank ist geschlossen, unser Kredit ist aufgebraucht."

Arnold Schwarzenegger: "Der Tag der Abrechnung ist da" (Foto: Foto: AP)

Tatsächlich steht der einst so wohlhabende US-Bundesstaat vor der Pleite. Das Haushaltsdefizit beträgt nicht weniger als 24,3 Milliarden Dollar. Wenn Kaliforniens Parlament bis zur Mitte des Monats keinen Sparhaushalt verabschiedet, dann müssen die Behörden des Bundesstaates nach Berechnungen des kalifornischen Finanzministers spätestens am 29. Juli ihre Zahlungen einstellen.

"Es geht da nicht um mich"

Die Sparvorschläge Schwarzeneggers drastisch zu nennen, wäre noch untertrieben. Sollten sie alle umgesetzt werden, wäre Kalifornien "nicht wiederzuerkennen", schreibt die New York Times. Tatsächlich würden fast eine Million Kinder aus einkommensschwachen Haushalten ihre staatliche Krankenversicherung verlieren.

Die Sozialhilfe für eine halbe Million Familien soll ersatzlos gestrichen werden. 38.000 Strafgefangene können auf ihre vorzeitige Entlassung hoffen. 220 staatliche Parks sollen schließen. Die CalGrants - eine Art Bafög - würden auslaufen. Den Schulen sollen 5,2 Milliarden Dollar gestrichen werden. In Los Angeles zum Beispiel wurden vorsorglich schon 1000 Lehrer gefeuert und alle Aktivitäten während der mehr als zwei Monate währenden Sommerferien gestrichen: 200.000 Kinder stehen dort nun auf der Straße. Fast alle Sparmaßnahmen gingen zu Lasten ärmerer Kalifornier.

Die Haushaltsmisere in Kalifornien ist nicht wirklich neu. Schwarzenegger selbst jagte seinen Vorgänger, den Demokraten Gray Davis, vor fast sechs Jahren mit dem Schlachtruf aus dem Amt: "Schluss mit der verrückten Schuldenmacherei". Trotz aller markigen Terminator-Sprüche und ernstgemeinter Kompromissvorschläge seither hat er daran aber auch nichts ändern können.

Der Staat Kalifornien - mit gut 36 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Bundesstaat der USA (für sich genommen wäre Kalifornien immerhin die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt) - lebt über seine Verhältnisse und gibt beständig mehr als, als er einnimmt.

Merkwürdiger Verfassungszusatz

Das liegt zum einen an den Demokraten im kalifornischen Kongress, die sich ihre Mehrheit immer wieder durch teure staatliche Wohltaten für ihre Klientel, vor allem gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer, gesichert haben. Zum anderen aber haben es die oppositionellen Republikaner stets verstanden, sämtliche Steuererhöhungen zu verhindern.

Ein merkwürdiger Verfassungszusatz, der 1978 per Volksabstimmung abgesegnet worden war, schreibt vor, dass Steuererhöhungen nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Kongress beschlossen werden können. Das gibt ihnen praktisch Veto-Macht.

Finanziell war Kalifornien also längst auf der schiefen Bahn. Die Rezession hat die Fahrt in den Abgrund indes beschleunigt. Die Arbeitslosenquote liegt bei 11, 2 Prozent, deutlich über dem amerikanischen Durchschnitt von 8,9 Prozent (Stand April). Die Zwangsversteigerungen von Häusern und Wohnungen sind auf einsamer Rekordhöhe. Zum ersten Mal seit 1938 schrumpfen die Steuereinnahmen - und das dramatisch: um 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Ratingagentur Moody's hat kalifornische Staatsanleihen mit A2 bewertet - fünf Stufen unter dem Spitzenwert.

Im Februar hatte sich der Republikaner Schwarzenegger mit der demokratischen Mehrheit im kalifornischen Kongress auf einen Haushaltskompromiss geeinigt, der Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen enthielt. Um das Veto seiner eigenen Parteifreunde zu umgehen, wurde Mitte Mai per Volksabstimmung über die Vorschläge entschieden. Die Erhöhungen der Mehrwertsteuer, der Einkommenssteuer, der Kraftfahrzeugsteuer: Sie alle wurden abgeschmettert - zwar bei geringer Wahlbeteiligung, aber mit klaren Mehrheiten zwischen 60 und 70 Prozent. Allein die Maßnahme, dass die Gehälter des Gouverneurs und anderer Spitzenbeamter Kaliforniens in Jahren mit einem Haushaltsdefizit nicht erhöht werden dürfen, fand eine Mehrheit.

Schwarzenegger selbst hatte die Vorschläge unterstützt, allerdings nie lautstark für sie geworben. "Es geht da nicht um mich", hatte er erklärt. Am Tag der Abstimmung hielt er sich ostentativ außerhalb Kaliforniens auf: Er zeigte sich an der Seite von Präsident Barack Obama im Weißen Haus.

Dennoch hat ihn der Kampf um den Haushalt schwer gebeutelt. Seine Umfragewerte sind im Keller, sein leicht großmäuliger Charme scheint nicht mehr recht zu wirken: "Er hat nicht mehr die Fähigkeit, die Leute zum Einlenken zu bewegen, wie er es noch vor ein paar Jahren vermochte", urteilt Dan Schnur, ein Politologe und angesehener republikanischer Parteistratege.

Vor allem ist es um das politisches Erbe des gebürtigen Österreichers gerade schlecht bestellt. In anderthalb Jahren läuft seine Amtszeit aus. Noch vor ein paar Wochen hatte Schwarzenegger gesagt, dass er gerne als "Reform-Gouverneur" in die kalifornischen Geschichtsbücher eingehen würde. Nach jetzigem Stand der Dinge steht er kurz vor einem Eintrag als Kaliforniens Bankrott-Gouverneur.

© SZ vom 05.06.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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