ARD: Brisantes über Quandt:Der Justiziar schaut fern

Heimlich, still und leise hob die ARD die brisante Dokumentation "Das Schweigen der Quandts" ins Programm - und überrumpelte die für ihre Verschwiegenheit bekannte Dynastie.

Melanie Ahlemeier

Eigentlich ist auf die Programmplaner des Ersten Deutschen Fernsehens Verlass. Das, was in der TV-Zeitschrift angekündigt wird, wird auch gezeigt. Ausnahmen erlauben nur Katastrophen und spektakuläre oder brisante Großereignisse.

Die Tatsache, dass die ARD die 60-minütige Dokumentation "Das Schweigen der Quandts" ohne große Ankündigung und nahezu spontan ins Programm hievte, zeigt, für wie brisant die ARD-Programmverantwortlichen die Generalanklage der Autoren Eric Friedler und Barbara Siebert einstufen: als sehr brisanten Stoff. Aus "Angst vor einer einstweiligen Verfügung" sei der in fünfjähriger Recherche-Arbeit entstandene Film am Sonntagabend ins Programm genommen worden, hieß es am Montag in ARD-Kreisen.

Der Film traf die Familie Quandt ohne Vorankündigung. "Wir sind von dem Film überrascht worden", sagte der Sprecher der Familie Quandt, Jörg Appelhans, zu sueddeutsche.de.

Die einzelnen Familienmitglieder müssten sich den Film zunächst ansehen, erst danach werde es eine Stellungnahme geben. "Die entsprechenden inhaltlichen Darstellungen und die Vorwürfe in diesem Film müssen erst einmal überprüft werden", sagte Appelhans weiter.

Beobachter schließen eine Klage der wohl reichsten und einflussreichsten Unternehmerfamilie Deutschlands nicht aus. Mit einer Stellungnahme wird erst in ein paar Tagen gerechnet.

Da die Dokumentation am Sonntag beim Hamburger Filmfest gezeigt wurde, sollte der Beitrag "am selben Abend auch im Ersten laufen", heißt es in einer Mitteilung, die der Norddeutsche Rundfunk (NDR) am Montagmittag veröffentlichte. Mehr Details gab es nicht zur Begründung.

Trotz der relativ späten Sendezeit um 23.30 Uhr verfolgten 1,29 Millionen Zuschauer (13,5 Prozent) die filmische Abrechnung mit der Geschichte der Unternehmerfamilie Quandt, deren Milliardenvermögen auf die Ausbeutung von Zwangsarbeitern während der Nazi-Diktatur fußen soll.

Am 22. November wird die Dokumentation ein weiteres Mal ausgestrahlt. Dann zeigt der NDR das lange Schweigen der Quandts - als 90-Minutenfilm.

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