MünzfundeGotische Geldanlagen

Lesezeit: 2 Min.

Im November ist in Eisleben in Sachsen-Anhalt bei Instandsetzungsarbeiten in einer Kirche überraschend ein Schatz gefunden worden.
Im November ist in Eisleben in Sachsen-Anhalt bei Instandsetzungsarbeiten in einer Kirche überraschend ein Schatz gefunden worden. (Foto: Heiko Rebsch/picture alliance/dpa)

In den vergangenen Monaten häufen sich Meldungen über den Fund historischer Münzen, wie zuletzt in einer Kirche in Sachsen-Anhalt.  Ist das Zufall oder handelt es sich um die wohl längsten „Buy and Hold“-Investments der Geschichte?

Von Julius Seibt

Für Numismatiker, zu deutsch Münzkundler, scheint das neue Jahr spannend zu werden. Vor wenigen Tagen ist nach Angaben der Universität Haifa ein spektakulärer Fund gelungen: Archäologen entdeckten bei Ausgrabungen im Westjordanland mehr als 2000 Jahre alte Münzen aus der Zeit des jüdischen Königs Alexander Jannäus. In England machte kürzlich der Fund von gleich 321 Silbermünzen Schlagzeilen. Sie stammen aus der Zeit von Eduards des Bekenners, der von 1004 bis 1066 n. Chr. lebte. Kurios: Die Münzen wurden auf der Baustelle für ein neues Atomkraftwerk gefunden. Und in der gotischen St. Andreas-Kirche in Eisleben in Sachsen-Anhalt entdeckten Restauratoren, wie kürzlich berichtet wurde, im Hohlraum einer Sandsteinstatue vier Beutel mit Gold- und Silbermünzen aus dem 17. Jahrhundert.

Dass die Münzschätze über die Jahrhunderte unentdeckt bleiben konnten, liegt in allen drei Fällen daran, dass sie sehr gut versteckt waren. Archäologen gehen davon aus, dass politisch turbulente Zeiten die unbekannten Besitzer dazu verleitet haben könnten, ihre Münzen zu vergraben oder in einer Statue zu verbergen.

So wurde der in Deutschland gefundene Schatz zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges versteckt, als schwedische Soldaten in der Gegend um Eisleben buchstäblich raubten und brandschatzten. Wie die Zeitschrift Live Science berichtet, war der Münzschatz möglicherweise das aerarium pastorale, also eine Art Pensionsfonds und Versicherung für Pastoren der St. Andreas-Kirche. Gut möglich, dass der Verwalter der Eislebener Münzen, wahrscheinlich ein Geistlicher, den Dreißigjährigen Krieg weniger unbeschadet überstand als sein Schatz, der so in Vergessenheit geraten konnte.

In diesen Säckchen war der Münzschatz von Eisleben in einem Epitaph versteckt.
In diesen Säckchen war der Münzschatz von Eisleben in einem Epitaph versteckt. (Foto: Heiko Rebsch/picture alliance/dpa)

Die St. Andreas-Kirche hat, wenn man so will, mit ihrem Goldschatz das Prinzip „Buy and Hold“ unbewusst auf die Spitze getrieben: eine Anlagestrategie, bei der Geldanlagen nach dem Kauf über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg gehalten werden. Dabei war die Kirche durchaus erfolgreich: Historische Wirtschaftsdaten sind zwar nur mit allergrößter Vorsicht zu genießen, dennoch deutet eine statistische Darstellung des Finanzforums Seeking Alpha darauf hin, dass der Materialwert der Goldmünzen sich seit dem Dreißigjährigen Krieg auch inflationsbereinigt vervielfacht hat. Hinzu kommt der Sammlerwert der seltenen Münzen, der noch einmal deutlich höher als der Gold- und Silberwert liegen dürfte. Jedoch wird der evangelische Kirchengemeindeverbund Lutherstadt Eisleben, dem der Schatz gehört, seine Investmentgewinne nicht unmittelbar realisieren – momentan werden die Münzen vom Kunstmuseum Moritzburg in Halle an der Saale untersucht und erfasst.

Für alle Besitzer historischer Gebäude sollten die Münzfunde der letzten Zeit ein Zeichen sein, selbst noch einmal auf die Suche zu gehen – in hohlen Statuen, hinter vergilbten Ölschinken, auf staubigen Dachböden. Wer weiß, welche unbekannten Münzschätze sich noch finden lassen? Gerade der Staatsapparat könnte in Zeiten von Schuldenbremse, gescheiterten Sondervermögen und leeren Sozialkassen davon profitieren, noch einmal auf dem Dachboden von Schloss Bellevue nachzusehen. Vielleicht findet sich ja die ein oder andere Goldmünze mit dem Konterfei vom Alten Fritz, mit der sich die Staatskasse aufpolieren lässt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Sansibar
:Eine Trauminsel versinkt im Dreck

Immer mehr Touristen kommen nach Sansibar – und mit ihnen der Abfall. Das Ferienparadies vor der Ostküste Afrikas braucht die Einnahmen aus dem Tourismus dringend, doch jetzt droht ein Mülldesaster.

SZ PlusVon Judith Raupp

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: