Arcandor:Kein Geld für die Miete

Arcandor geht das Kapital aus. Der Konzern zahlt nach SZ-Informationen bereits keine Mieten mehr. Doch Kanzlerin Merkel bleibt hart: Staatshilfe gibt es nicht. Und auch Ex-Konzernchef Middelhoff droht Ärger.

Der Handels- und Touristikkonzern Arcandor hat offenbar seine Mietzahlungen eingestellt - und zwar seit Freitag. Informationen der Süddeutschen Zeitung zufolge hat Vorstandschef Karl-Gerhard Eick das beim Krisentreffen im Wirtschaftsministerium eingeräumt. Nach der Veräußerung sämtlicher Warenhäuser vor zwei Jahren ist der Konzern an allen Standorten nur noch Mieter.

Arcandor, dpa

Arcandor zahlt nach SZ-Informationen keine Mieten mehr.

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Eigentümer nahezu sämtlicher Karstadt-Häuser ist seit zwei Jahren die Immobiliengesellschaft Highstreet, an der die Investmentbank Goldmann Sachs mit 51 Prozent und die Deutsche Bank-Tochter Preef und Pirelli Real Estate mit 49 Prozent beteiligt sind. Die Mietverträge haben eine Laufzeit von 15 Jahren; die Mietzahlungen summieren sich auf 280 Millionen Euro. Zudem zahlt Arcandor in jedem Jahr 42,6 Millionen Euro Miete für fünf Standorte, die Eigentum eines vom Bankhaus Sal. Oppenheim aufgelegten Fonds sind.

Der ums Überleben kämpfende Handels- und Reisekonzern gab keine Stellunganhe ab. "Das sind Details zu Geschäftsbeziehungen, die wir nicht kommentieren", sagte Unternehmenssprecher Gerd Koslowski am Samstag.

Merkel gegen Staatshilfe

Der Touristik- und Handelskonzern Arcandor mit etwa 50.000 Mitarbeitern hatte am Donnerstag einen Rettungsbeihilfekredit über 437 Millionen Euro beantragt. Der Konzern muss nach eigener Aussage bis Freitag nächster Woche Kredite über 650 Millionen Euro refinanzieren, um seine Zahlungsfähigkeit abzuwenden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt Staatshilfen für Arcandor ab. "Bei Arcandor muss man zunächst einmal die Eigentümer und die Gläubiger stärker fordern", sagte die CDU-Politikerin der Bild am Sonntag. Teile des Konzerns wie der Touristikbereich seien wirtschaftlich gesund. "Das sind Fragen, die beantwortet werden müssen, bevor über Staatshilfen nachgedacht wird."

Die CDU-Chefin warf Arcandor Missmanagement mit äußerst ungünstigen Vertragsgestaltungen, zum Beispiel bei den Mietverträgen, vor. "Da ist es überhaupt nicht einzusehen, warum manche in der SPD den deutschen Steuerzahler mit einem Risiko belasten wollen und nicht vielmehr an diesen Ursachen ansetzen." Die Standorte von Karstadt seien attraktiv, so dass für viele eine Fortführung wahrscheinlich sei, wenn die Eigentümer und die Gläubiger einen Beitrag leisteten. "Ich empfinde es aber als Zumutung, wenn Leute nach dem Staat rufen, die selbst etwas tun müssen."

Stattdessen forderte Merkel die Geschäftsführung auf, Gespräche mit dem Konkurrenzkonzern Metro über eine Fusion der beiden Ketten zu führen. "Es gibt zum Beispiel andere Unternehmen wie die Kaufhof-Betreiber, die Interesse an den Karstadt-Häusern haben. Ich rate der Geschäftsleitung sehr dazu, die entsprechenden Gespräche zu führen und nicht zu versuchen, stattdessen allein den Staat unter Druck zu setzen."

Interesse von Otto

Arcandor ist zwar bereits in Gesprächen mit Metro. Doch Unternehmenschef Karl-Gerhard Eick sieht eine schnelle Fusion skeptisch und nur als mittelfristige Lösung. Metro will bei einer Karstadt-Übernahme 40 Warenhäuser in Deutschland schließen. Betroffen wären zehn Filialen der eigenen Tochter Kaufhof und 30 Karstadt-Häuser. Damit würden rund 5000 Vollzeitstellen wegfallen. Insgesamt betreiben beide Ketten derzeit in Deutschland 206 Warenhäuser.

Inzwischen hat sich offenbar noch ein anderer Konzern gefunden, der Interesse an Teilen von Arcandor hat. Sollte es eine privatwirtschaftliche Lösung bei Arcandor geben, so wäre die Otto Group sicher Teil dieser Lösung, sagte ein Konzernsprecher der Wirtschaftszeitung Euro am Sonntag. Otto sei insbesondere an den Sportfilialen der Karstadt-Gruppe interessiert, erfuhr das Blatt aus Konzernkreisen. Sollte es zu einer Herauslösung der Sporthäuser kommen, wäre dies eine gute Ergänzung zu den SportScheck-Filialen, hieß es.

Unterdessen kommt auch der ehemalige Konzernchef Thomas Middelhoff noch einmal in die Bredouille. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel zufolge ihre nordrhein-westfälische Ressortkollegin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) gebeten, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Middelhoff zu prüfen. Sie sei "angesichts der laufenden Bemühungen um die Rettung der Arcandor AG sehr beunruhigt" über Presseberichte, die sich mit den "Immobiliengeschäften der Arcandor AG unter Middelhoff" befassten. Dabei geht es um Beteiligungen Middelhoffs und seiner Ehefrau an Immobilienfonds, die Gebäude zu außergewöhnlich hohen Mieten an den zu Arcandor gehörenden Karstadt-Konzern verpachten.

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