Arcandor in massiver Schieflage"Ohne die Hilfe der Politik geht es nicht"

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Kooperation in der Not: Arcandor forciert die Warenhaus AG und pocht auf staatliche Hilfen. Und die Gewerkschaft? Die erhöht schon mal den Druck auf die Politik.

Es bleibt kaum noch Zeit: Der angeschlagene Handelskonzern Arcandor steht kurz vor der Insolvenz und strebt nun unter Hochdruck sowohl ein Zusammengehen von Kaufhof und Karstadt als auch staatliche Hilfen an.

Arcandor in großer Not - und der Staat soll helfen. In Wismar (Foto) wurden Unterschriften für den Erhalt des Kaufhauses gesammelt.
Arcandor in großer Not - und der Staat soll helfen. In Wismar (Foto) wurden Unterschriften für den Erhalt des Kaufhauses gesammelt. (Foto: Foto: dpa)

Konzern nennt Bedingungen

Eine Lösung in Richtung Deutsche Warenhaus AG mit dem Metro-Konzern sei eine Möglichkeit, eine der Voraussetzungen für Staatsbürgschaften oder Rettungsbeihilfen zu erfüllen, sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski am Sonntag.

Die Warenhaus AG mit Kaufhof und Karstadt könne der Arcandor-Warenhaussparte helfen. Man dürfe aber nicht vergessen, dass Arcandor 20.000 Menschen im Versandhandel beschäftige: "Auch für sie tragen wir Verantwortung."

Das Thema Warenhaus AG mit Kaufhof und Karstadt ist Thema bei einem Krisengespräch am Sonntag, an dem Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick, Metro-Chef Eckhard Cordes, der dem Deutschland-Chef der Investmentbank Goldman Sachs, Alexander Dibelius, und der Arcandor-Aufsichtsratsvorsitzende Friedrich Carl Janssen, der den Arcandor-Großaktionär Sal. Oppenheim vertritt, teilnehmen. Ort und Zeitpunkt des Treffens wurden zunächst geheim gehalten.

Metro-Sprecher Michael Inacker hatte zuvor verlangt, Arcandor müsse bei dem Treffen Klarheit über den angestrebten Weg zur Rettung der Karstadt-Warenhäuser schaffen: "Dabei sollten Eigentümer und Management von Arcandor erläutern, welcher Lösung - Staatshilfe oder der privatwirtschaftlichen Option - sie den Vorzug geben", sagte Inacker.

Insolvenzantrag - vielleicht noch am Montag

Arcandor droht nach eigener Aussage bereits Montag die Insolvenz. Wenn die Bundesregierung den beantragten Notkredit von 437 Millionen Euro am Montag ablehne, müsse Arcandor noch am gleichen Tag Insolvenz anmelden, sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski am Samstag.

In einem dramatischen Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sofortige Staatshilfe für Arcandor gefordert. "Ohne die Hilfe der Politik geht es nicht", sagte Verdi-Vorstand Margret Mönig-Raane. "Die Rettungsbeihilfe muss am Montag kommen." Eine Rettung der Unternehmen Karstadt und Primondo/Quelle sei möglich. Man sei bereits auf gutem Weg. Mit 1,3 Millionen Unterschriften hätten Karstadt-Kunden signalisiert, dass sie auch künftig bei den Warenhäusern kaufen wollten. "Um das zu ermöglichen, brauchen wir zuallererst das Vertrauen der Politik", meinte Mönig-Raane. Ohne sofortige Hilfe der Bundesregierung sei eine Insolvenz nicht länger abzuwenden.

Wie groß die Not des Konzerns ist zeigt auch die Tatsache, dass die Mietzahlungen für die Karstadt-Warenhäuser offenbar bereits eingestellt wurden, wie die Süddeutsche Zeitung in ihrer Wochenend-Ausgabe berichtete.

Auch der ehemalige Arcandor-Chef Thomas Middelhoff kommt plötzlich wieder ins Spiel. Er soll über einen Immobilienfonds von den ungewöhnlich hohen Karstadt-Mieten profitiert haben, hieß es. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) will den Vorwurf prüfen lassen. Middelhoff selbst reagierte gelassen. Eine Untersuchung, wie sie Zypries anrege, werde "den jetzt aus der Anonymität heraus vorgetragenen Angriffen den Boden entziehen", teilte Middelhoff mit. "Ich werde die Arbeit der zuständigen Stellen vollumfänglich unterstützen."

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich inzwischen erneut skeptisch zum Thema Staatshilfen für Arcandor. Zugleich warf sie der Konzernführung Fehler vor.

Bei Arcandor habe es "ein erhebliches Missmanagement mit äußerst ungünstigen Vertragsgestaltungen, zum Beispiel bei den Mietverträgen" gegeben, sagte Merkel der Bild am Sonntag.

Im Ringen um staatliche Hilfen für ihren Mutterkonzern Arcandor haben Karstadt-Beschäftigte am Sonntag symbolisch des Karstadt-Stammhaus in Wismar besetzt und Unterschriften von Passanten gesammelt.

In Wismar hatte der Kaufmann Rudolph Karstadt 1881 sein erstes Geschäft eröffnet. Bundesweit sind von Sonntag an Mahnwachen, symbolische Hausbesetzungen und Solidaritätsaktionen geplant.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/mel/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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