Süddeutsche Zeitung

Arbeitszeit:"Zukunftsmodell" 40-Stunden-Woche

Die Union und Wirtschaftsverbände haben längere Arbeitszeiten für die Arbeitnehmer in Deutschland gefordert. CDU-Chefin Angela Merkel und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber empfahlen die Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche beim Elektronik-Konzern Siemens anderen Unternehmen und Branchen zur Nachahmung.

Mit der Vereinbarung sei die 35-Stunden-Woche als "deutscher Sonderweg" am Ende, sagte Stoiber der Bild am Sonntag. Mehr als 100 Unternehmen verhandeln offenbar bereits über eine 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich. Stoiber bezeichnete die Vereinbarung zwischen Siemens und IG Metall als Zukunftsmodell. Am Donnerstag hatten sich Konzern und Gewerkschaft unter anderem auf Mehrarbeit geeinigt, um 2.000 Arbeitsplätze vor der Verlagerung nach Ungarn zu retten. Merkel forderte in der Hannoveraner Neuen Presse Rechtssicherheit für solche betrieblichen Bündnisse für Arbeit.

Der IG-Metall-Vorsitzende Jürgen Peters betonte dagegen erneut, dass es sich bei der Siemens-Vereinbarung um einen Einzelfall handele. Gehe es nur um Kostensenkungen, seien solche Abschlüsse "kategorisch" ausgeschlossen, sagte Peters dem Spiegel. Der IG-BAU-Vorsitzende Klaus Wiesehügel schloss im NDR die Übertragung des Siemens-Modells auf die Baubranche aus, in der ab Montag die Tarifverhandlungen über ähnliche Forderungen der Arbeitgeber beginnen.

Bundesweit Verhandlungen über Arbeitszeitverlängerungen

Einem Bericht der Zeitung Die Welt zufolge verhandeln derzeit mehr als 100 mittelständische Betriebe vor allem aus der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens und Bayerns sowie Großunternehmen wie DaimlerChrysler und MAN über längere Arbeitszeiten sowie Kürzungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld, um Jobverlagerungen ins Ausland zu verhindern. Weitere rund 40 Unternehmen hätten bereits Vereinbarungen über längere Arbeitszeiten auf Grundlage des neuen Metall-Tarifvertrages geschlossen.

Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, forderte die Gewerkschaften im "Focus" zu weiteren Zugeständnissen auf. Handwerkspräsident Dieter Philipp bezeichnete Mehrarbeit mit Lohnverzicht im Deutschlandradio Berlin als das derzeit fruchtbarste Instrument, um Arbeitsplätze zu erhalten. Der mittelstandspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Hartmut Schauerte, forderte in der "Mitteldeutschen Zeitung" die 40-Stunden-Woche für die neuen Bundesländer, um Wettbewerbsnachteile auszugleichen.

Gegen pauschale Arbeitszeitverlängerung sprach sich dagegen der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Hermann-Josef Arentz aus. Nötig seien jeweils angepasste Lösungen über Öffnungsklauseln in Tarifverträgen, sagte Arentz dem Gewerkschaftsmagazin "Transnet-Themen".

Schröder gegen Änderungen an Hartz-IV-Reform

Unterdessen dauerte der Streit um die zum 1. Januar geplante Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe an. Während Bundeskanzler Gerhard Schröder im "Spiegel" alle Forderungen nach Abstrichen bei der Reform zurückwies, forderte CDU-Chefin Merkel stärkere Sanktionen für Sozialhilfeempfänger, die eine zumutbare Tätigkeit ablehnten.

Die Bundesregierung dementierte zudem einen Spiegel-Bericht über angebliche Pläne zur Streichung des Feiertags am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit. Auch sei entgegen dem Bericht keine Streichung von Urlaubstagen zur Verlängerung der Jahresarbeitszeit geplant.

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