Arbeitsmarkt:Weise: Lieber Arbeit als Hartz IV bezahlen

Frank-Jürgen Weise

Frank-Jürgen Weise hält einen staatlich geförderten Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose für sinnvoll.

(Foto: dpa)
  • Im Gespräch mit der SZ spricht sich der scheidende BA-Chef Weise für einen subventionierten Arbeitsmarkt für bestimmte Hartz-IV-Empfänger aus.
  • Das wäre ein "großer Wurf", sagte er.
  • Weise, der vorübergehend auch Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) war, kritisierte, dass man ihn und sein Team nicht schon lange vor Ausbruch der Flüchtlingskrise dafür gerufen hatte.

Von Thomas Öchsner und Uwe Ritzer

Für Frank-Jürgen Weise, dem scheidenden Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), ist eines im Leben sicher: "Arbeiten will ich immer", sagt er. Ich könnte mir überhaupt nicht vorstellen, mich auf die faule Haut zu legen".

Nun kann der Manager es zumindest ein bisschen ruhiger angehen lassen. Ende März geht er als Vorstandschef der BA in Nürnberg in den Ruhestand, wo er seit 2004 Regie führte. Den Zusatzjob als Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte er bereits aufgegeben.

Beide Behörden hatte der Oberst der Reserve auf Effektivität getrimmt. Am kommenden Dienstag wird er in der Französischen Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt in Berlin verabschiedet. Das Aufhören fällt ihm schwer. "Ich mag es überhaupt nicht, wenn mich Leute darauf ansprechen und von Ruhestand reden", sagte er in seinem Abschiedsinterview mit der Süddeutschen Zeitung.

Darin spricht er sich für einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt für bestimmte Hartz-IV-Empfänger aus. "Wir sollten Langzeitarbeitslose ohne Qualifikation, die auf dem normalen Jobmarkt keine Chance haben, nicht weiter in akademische Schulungsprogramme schicken, sondern einen staatlich subventionierten Arbeitsmarkt für sie schaffen. Wir bezahlen ihnen Arbeit, statt ihnen Hartz IV und die Wohnkosten zu zahlen", sagte Weise. Das werde "nicht viel teurer".

Dies wäre zwar "ein großer Wurf". Der 65-jährige BA-Chef zeigte sich aber zuversichtlich, dass es für solche Hartz-IV-Empfänger "genug Arbeit gibt, in gemeinnützigen Bereichen, in kleinen Lebensgemeinschaften, in Vereinen".

"Wer in einer Firma ein Problem lösen muss, laviert auch nicht"

Im Gespräch mit der SZ findet Weise außerdem noch einmal klare Worte zu seiner Zeit im Flüchtlingsamt. Er bedauert es zutiefst, dass man ihn und sein Team ins Bamf "nicht ein Jahr früher gerufen hat". Das Migrationsamt sei lange vor der Grenzöffnung nach Ungarn nicht mehr richtig arbeitsfähig gewesen. "Man hätte sehen müssen, dass die Sache bereits schief läuft, und sich früher helfen lassen sollen. Dann wäre den Geflüchteten einiges erspart geblieben und manche schlimmen Bilder wären erst gar nicht entstanden. Und damit auch nicht der Unwille in Teilen der Bevölkerung gegen die Flüchtlinge, der Rechtspopulisten den Vorwand für ihre fragwürdige Ideologie liefert", sagte Weise.

Die Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel "Wir schaffen das" verteidigte der scheidende BA-Chef. Diese sei unbedingt notwendig gewesen. "Was hätte die Bundeskanzlerin denn sonst sagen sollen? Wir probieren es mal? Wir gucken mal, wie es wird? Wer in einer Firma ein Problem lösen muss, laviert auch nicht, sondern sagt: Okay, das schaffen wir."

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