Arbeitsmarkt:Unter dem Schirm der Kurzarbeit

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Die Arbeitsmarktdaten sind besser als gedacht. Doch die ganz harten Zeiten und Entscheidungen auf dem Arbeitsmarkt stehen noch bevor.

Detlef Esslinger

Immer noch keine Katastrophe auf dem Arbeitsmarkt. Nur um 52.000 ist die Zahl der Arbeitslosen im Juli gestiegen, wieder blieb es der Bundesagentur für Arbeit (BA) erspart, die Republik mit dramatischen Nachrichten zu schockieren.

Etwas Hoffnung mag noch bestehen, dass es demnächst wieder besser wird, dass zum Beispiel das zweite Konjunkturpaket der Bundesregierung tatsächlich die Wirkung entfaltet, die es entfalten soll. Wenn aber nicht? Dann wird vielen Unternehmern auch die Kurzarbeit zu teuer sein, dann werden sie Mitarbeiter entlassen. (Foto: Foto: dpa)

Aber mit dem Monatsbericht der Nürnberger Behörde ist es derzeit wie mit dem Wetterbericht am Ende einer Sonnenscheinperiode: Noch ist es warm und der Himmel blau, und auch wenn man es sich angesichts dessen kaum vorstellen kann - es wird blitzen und krachen, die Prognosen sind leider eindeutig.

Verlust von einer Milliarde Euro

Derzeit wird der Arbeitsmarkt noch durch den Schirm der Kurzarbeit geschützt. Noch. Aber Daimler meldet in diesen Tagen wieder einen Verlust von einer Milliarde Euro (in einem Quartal!), die Lufthansa einen Gewinnrückgang um 90 Prozent, und beim deutschen Maschinenbau sind die Aufträge im Juni um 46 Prozent eingebrochen.

Etwas Hoffnung mag noch bestehen, dass es demnächst wieder besser wird, dass zum Beispiel das zweite Konjunkturpaket der Bundesregierung tatsächlich die Wirkung entfaltet, die es entfalten soll. Wenn aber nicht? Dann wird vielen Unternehmern auch die Kurzarbeit zu teuer sein, dann werden sie Mitarbeiter entlassen. Und die Rechnung dafür werden auch jene bezahlen, die glücklicherweise ihren Job behalten.

Jede Zeit hat ihre Tabus, im Wahlkampf ist dies eine Diskussion über die Erhöhung von Steuern und Abgaben. Noch schwadronieren Union und FDP über Steuersenkungen für den Fall, dass sie von Herbst an gemeinsam das Land regieren dürfen; niemand wird jetzt eine Debatte über den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung lostreten. Nur Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt spricht indirekt aus, was vermutlich vielen schwant: Er verlangte am Mittwoch ein "Belastungsmoratorium" für die Unternehmen.

Na ja. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung beträgt seit Jahresbeginn 2,8 Prozent. Er ist so niedrig wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr, und gesenkt wurde er auch, weil die Arbeitgeber dies verlangten angesichts der Überschüsse, die die BA im Aufschwung erzielt hatte. Doch nun kostet vor allem die Kurzarbeit so viel Geld, dass die Reserven der Behörde bis zum Jahresende aufgebraucht sein werden - danach wird sie auf ein Darlehen des Bundes angewiesen sein. Das ist zwar zinslos. Aber zurückgezahlt werden muss es doch. Es dürfte ausgeschlossen sein, dass sie mit einem Beitragssatz von 2,8 Prozent dazu fähig ist. Auch die 3,0 Prozent, die von 2011 an gelten sollen, reichen dazu nicht aus.

Belastungsmoratorium? Schön, dass den Arbeitgebern solch ein achtsilbiges Ungetüm einfällt. Aber man sollte künftig davon absehen, den Beitrag auf ein Maß zu senken, das auf Dauer unhaltbar ist. Die tatsächliche Entlastung eines Betriebs fällt stets sehr viel geringer aus als die gefühlte Belastung später. Nach der Wahl muss die Politik diesen Kampf führen; sie hätte ihn sich sparen können.

© SZ vom 31.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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