Arbeitsmarkt:Schlechteste Juli-Zahlen seit sechs Jahren

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt angespannt: Im vergangenen Monat waren 4,352 Millionen Menschen erwerbslos gemeldet. Höher war die Arbeitslosigkeit im Monat Juli zuletzt 1997 mit damals 4,354 Millionen Jobsuchern.

Von Robert Jacobi

(SZ vom 07.08.03) - "Eine grundlegende Besserung auf dem Arbeitsmarkt lässt weiterhin auf sich warten", sagte Florian Gerster, Chef der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit (BA).

Die "besonders günstige Entwicklung der beiden Vormonate" habe sich im Juli verlangsamt, was teilweise auch auf die Ferienzeit zurückzuführen sei. Insgesamt sei aber die Wirtschaft noch zu schwach, auch wenn einige Frühindikatoren auf eine wirtschaftliche Belebung" hindeuteten.

Nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) nehmen die Anzeichen für Wachstum zwar zu, aber die Impulse seien " noch zu schwach, um am Arbeitsmarkt entlastend zu wirken".

"Größtmögliche Blockade für Investitionen und Arbeitsplätze"

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte, die Bundesregierung selbst sei "die größtmögliche Blockade für Investitionen und Arbeitsplätze in diesem Land". CSU-Chef Edmund Stoiber forderte mehr betriebliche Bündnisse für Arbeit und eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten.

Nicht saisonbereinigt stieg die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Juni um 94.500 und erreichte damit den zweithöchsten Stand in einem Juli seit der Wiedervereinigung. In den beiden Vormonaten war die Zahl noch gesunken.

In Westdeutschland lag die Arbeitslosenquote im Juli bei 8,4 Prozent, in Ostdeutschland bei 18,5 Prozent. Der relativ geringe Anstieg hat nach Angaben der Bundesanstalt "mit konjunktureller Besserung nichts zu tun", sondern sei auf eine härtere Gangart gegenüber den Arbeitslosen zurückzuführen.

Allein im Juli verschwanden 329.000 Arbeitslose aus der Statistik, ohne eine Stelle gefunden zu haben. Entlastet hat die Statistik auch die steigende Zahl von Arbeitslosen, die sich als Ich-AG mit Zuschüssen selbstständig machen. Seit Jahresbeginn gab es 42.300 Anmeldungen.

Harter Winter

Behördenchef Gerster korrigierte seine Prognose für das Gesamtjahr von 4,3 auf 4,4 bis 4,5 Millionen Arbeitslose. Schon mehrfach hatte er davor gewarnt, dass ein harter Winter die Zahl über fünf Millionen treiben könnte.

Gerster sagte, dass die Lage ohne die jüngeren Reformgesetze noch schlechter wäre. Nach Angaben von Finanzvorstand Frank-Jürgen Weise braucht die Bundesanstalt in diesem Jahr einen Bundeszuschuss zwischen 6,5 und 7,5 Milliarden Euro.

Konjunkturdaten deuteten am Mittwoch nicht auf eine Besserung hin. Im zweiten Quartal dieses Jahres war die gesamtwirtschaftliche Produktion in Deutschland nach vorläufigen Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) erneut rückläufig.

Das saisonal bereinigte Bruttoinlandsprodukt sei um 0,2 Prozent gesunken. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht die offiziellen Daten am Donnerstag. Nach Ansicht der DIW-Forscher fehlt nicht nur die binnenwirtschaftliche Dynamik. Wegen der Euro-Stärke und der Wirtschaftsschwäche in den übrigen Ländern des Euroraums blieben außenwirtschaftliche Impulse aus.

Auslandsnachfrage

Allerdings erhöhte sich im Juni der Auftragseingang der Industrie vor allem wegen der Auslandsnachfrage um 2,3Prozent im Vergleich zum Vormonat. Zuletzt hatte der steigende Geschäftsklimaindex des Münchner Ifo-Instituts die Hoffnung auf den Aufschwung genährt.

Die Lage auf dem Lehrstellenmarkt ist nach Angaben der Bundesanstalt weiter "wesentlich angespannter" als im vergangenen Jahr. Bis Ende Juli hätten Betriebe nur 483.400 Ausbildungsplätze gemeldet, das sind 9,1 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Es gebe aber 670.200 Bewerber und damit eine Lücke von 148.000, die sich erfahrungsgemäß aber bis zum Beginn des Ausbildungsjahrs im Oktober teilweise schließt.

Wirtschaftsminister Clement sagte, die Bundesanstalt werde "jedem Jugendlichen, der sich jetzt arbeitslos meldet, Ausbildung, Beschäftigung oder Qualifizierung anbieten".

Zugleich müssten die jugendlichen Schulabgänger sich "aktiv bemühen". Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt rief die Betriebe auf, dringend mehr Lehrstellen zu schaffen.

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