Jobmarkt im Mai:Arbeitslosenzahl rutscht unter drei Millionen

Die Erholung des deutschen Arbeitsmarktes hat im Mai zwar an Tempo verloren. Doch die Zahl der Arbeitslosen fällt erstmals seit November 2010 unter die Marke von drei Millionen. Experten halten Jubelmeldungen aber für verfehlt.

Eine Ziffer mit Signalwirkung: Die Arbeitslosenzahl ist im Mai erstmals seit sieben Monaten wieder unter die Drei-Millionen-Marke gerutscht. Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg mitteilte, waren 2,960 Millionen Menschen arbeitslos, das waren 118.000 weniger als im April. Die Arbeitslosenquote fiel um 0,3 Punkte auf 7,0 Prozent, vor einem Jahr waren es noch 7,7 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr waren im Mai 276.000 Arbeitslose weniger registriert.

Zahl der Arbeitslosen im Maerz gesunken

Die Zahl der Arbeitslosen ist im Mai zwar weniger stark gesunken als von den meisten Experten erwartet worden war. Die Prognosen für den Arbeitsmarkt sind für das weitere Jahr 2011 aber gut.

(Foto: ddp)

BA-Chef Frank-Jürgen Weise sagte: "Die gute Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat sich auch im Mai fortgesetzt. Die Erwerbstätigkeit und die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sind gestiegen." Der Arbeitsmarkt profitiere vom stabilen Aufschwung der deutschen Wirtschaft. Die Nachfrage nach Arbeitskräften schwäche sich zwar leicht ab, liege aber weiter auf hohem Niveau, sagte Weise weiter.

Allerdings bestehen Zweifel, ob die amtlichen Zahlen tatsächlich die Lage am Arbeitsmarkt realistisch widerspiegeln: "Offiziell wird von weniger als drei Millionen Arbeitslosen gesprochen, doch tatsächlich sind vier oder fünf Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos", sagte Gerd Bosbach, Professor für Mathematik und Statistik an der Fachhochschule Koblenz, zu sueddeutsche.de.

Denn Arbeitslose, die beispielsweise krank oder bei privaten Arbeitsvermittlern gemeldet seien, fänden ebenso wenig Eingang in die reguläre Statistik wie viele Erwerbslose über 58 Jahren oder Menschen, die sich in Schulungsmaßnahmen befänden.

Geschönte Zahlen

Weil über die Jahre die Zahl solcher Ausnahmen zugenommen habe, seien die Arbeitslosenzahlen zudem immer weniger vergleichbar, so Bosbach. "Die Regel, dass Arbeitslose, die von privaten Vermittlern betreut werden, bei den offiziellen Zahlen nicht mehr berücksichtigt werden, gibt es jetzt seit knapp zwei Jahren. Die heutige Arbeitslosenzahl ist gegenüber der Zahlen von vor zwei Jahren also geschönt."

Auch den offiziellen Angaben zufolge fiel der Rückgang der Arbeitslosigkeit im Mai etwas geringer aus als üblich. "Das dürfte daran liegen, dass ein Großteil der Frühjahrsbelebung aufgrund der guten konjunkturellen Entwicklung und der milden Witterung schon früher realisiert wurde", teilte die BA mit. Und die Behörde erkennt neben dem Konjunkturaufschwung auch andere - weniger vorteilhafte - Gründe für die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt. So sei die Alterung der Gesellschaft von Vorteil für den Arbeitsmarkt, weil "ein seit mehreren Jahren rückläufiges Arbeitskräfteangebot" entlastend wirke.

Negative Entwicklung im Osten

Bei den saisonbereinigten Zahlen gab es obendrein eine Enttäuschung. Denn rechnet man die jahreszeitlich üblichen Schwankungen heraus, ging die Erwerbslosenzahl um lediglich 8000 auf 2,974 Millionen zurück - Experten hatten im Schnitt einen Rückgang um circa 30.000 erwartet.

Zudem gab es sogar regionale Verschlechterungen: Während die um jahreszeitliche Einflüsse bereinigte Erwerbslosenzahl im Westen um 9000 zurückging, legte sie im Osten um 1000 zu.

Die Zahlen zur Erwerbstätigkeit fielen nach offizieller Lesart wiederum sehr positiv aus. Sie stiegen nach den jüngsten Daten vom April saisonbereinigt um 28.000 an. Auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nahm zuletzt um 68.000 zu. Unbereinigt erhöhte sich die Erwerbstätigkeit im Zuge der Frühjahrsbelebung um 205.000 auf 40,72 Millionen. Gegenüber dem Vorjahresmonat ist dies ein Plus von 515.000.

Die Zahl der Menschen mit einem regulären, sozialversicherungspflichtigen Job stieg ohne Saisoneffekte im März auf 28,09 Millionen - ein Zuwachs von 692.000 binnen eines Jahres.

Die bisherigen Daten vom Ausbildungsmarkt zeigen, dass bis Mai 424.800 Ausbildungsstellen gemeldet wurden, bei 447.600 Bewerbern. Aktuell sind noch knapp 198.000 Stellen unbesetzt, als unversorgt gelten 211.000 junge Menschen.

Jubelmeldungen vom Arbeitsmarkt sind in diesem Jahr noch viele zu erwarten: Die Bundesregierung rechnet beispielsweise allein im Jahresschnitt 2011 mit 2,9 Millionen Arbeitslosen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erwartet sogar nur 2,8 Millionen - dies wäre der niedrigste Stand seit 1991. Allerdings war die Arbeitslosenzahl vor zwanzig Jahren nach Expertenmeinung noch weit umfassender - der Vergleich dürfte also hinken.

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