Süddeutsche Zeitung

Arbeitslosigkeit:Schäubles Gedankenspiele

Einfach mal die Sozialabgaben nach oben schrauben: Die Bundesregierung erwägt, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung deutlicher als bisher geplant anzuheben.

Thomas Öchsner, Berlin

Die Bundesregierung erwägt, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung deutlicher als bisher geplant anzuheben. Das geht aus einem vom Finanzministerium erstellten Katalog mit Vorschlägen für Sparmaßnahmen und Einnahmeverbesserungen hervor, wie der Spiegel berichtet. Die Idee ist nicht neu: Bereits im Dezember vergangenen Jahres wurden Überlegungen bekannt, diese Sozialabgabe zu erhöhen, um Haushaltslöcher zu stopfen.

Weniger Geld im Portemonnaie

Derzeit beläuft sich der Beitrag, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen, auf 2,8 Prozent. Schon lange vorgesehen ist, diesen Satz von 2011 an auf 3,0 Prozent anzuheben. Eine deutlich stärkere Erhöhung würde einerseits die Lohnnebenkosten steigern und die Nettoverdienste der Arbeitnehmer drücken, was als konjunkturschädlich gilt. Andererseits fließt mehr Geld in die Staatskassen: Eine Beitragserhöhung um einen Prozentpunkt würde den Bundeshaushalt um acht Milliarden Euro entlasten. Der Bund muss den defizitären Haushalt der Bundesagentur für Arbeit (BA) in diesem Jahr voraussichtlich mit einem Zuschuss von elf Milliarden Euro stützen.

Der Vorstandschef der Nürnberger Behörde, Frank Jürgen Weise hatte allerdings gesagt, die Bundesagentur könne in den kommenden vier Jahren trotz der Wirtschaftskrise mit einem Beitragssatz von 3,0 Prozent auskommen. Dies setze aber voraus, dass das Bundesverfassungsgericht den sogenannten Eingliederungsbeitrag kippt. Mit dieser Abgabe von jährlich mehr als fünf Milliarden Euro beteiligt der Bund die Arbeitslosenversicherung am Arbeitslosengeld II (Hartz IV), das eigentlich aus Steuern finanziert wird. Gegen den Eingliederungsbeitrag hatten Unternehmer mit Unterstützung der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) geklagt.

In dem Katalog des Finanzministeriums wird auch vorgeschlagen, Ausnahmen für Unternehmen bei der Ökosteuer zu streichen. Die Firmen entlastet dies derzeit um etwa sechs Milliarden Euro. Diese Steuersubvention ließe sich um die Hälfte oder ein Drittel kürzen, schlagen die Beamten vor. Außerdem wird der Liste zufolge daran gedacht, die Lkw-Maut zu erhöhen und die Gebühreneinnahmen des Bundes um einige hundert Millionen Euro zu steigern.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die anderen Ministerien bereits zum Sparen aufgefordert. Die Bundesregierung will am 6. und 7. Juni die Prioritäten für ihr Einsparkonzept festlegen. Dies soll helfen, den Vorgaben durch die im Grundgesetz fixierte Schuldenbremse zu genügen. Das Kabinett soll dann den Entwurf des Etats 2011 und die mittelfristige Finanzplanung spätestens Anfang Juli beschließen.

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Quelle:
SZ vom 22./23./24.05.2010/mel
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