Arbeitslosenzahlen:Clement sieht Land, Meyer sieht schwarz

Die Arbeitslosenquote fiel im vergangenen Monat mit 10,4 Prozent enttäuschend hoch aus - fast ein Prozentpunkt über dem Vorjahresmonat. Trotzdem sieht Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD)positive "Signale". Die Union kontert mit starken Worten

Trotz der anhaltend hohen Zahl von Erwerbslosen sieht Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) positive Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt. "Derzeit mehren sich die Signale, dass die Konjunktur langsam wieder Fahrt aufnimmt", sagte Clement am Donnerstag in Berlin.

Arbeitslosenzahlen: Zu optimistisch? Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD)

Zu optimistisch? Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD)

(Foto: Foto: dpa)

Dies werde mit einem Zeitverzug von einigen Monaten auch auf dem Arbeitsmarkt spürbar werden. Aus Sicht der Opposition sind dagegen keine Anzeichen für eine Entspannung zu erkennen.

"Die Arbeitslosigkeit verfestigt sich auf hohem Niveau", hieß es von der CSU. Der DGB verlangte mehr öffentliche Investitionen, um eine Trendwende zu erreichen. Im August waren 4,314 Millionen Menschen ohne Job. Dies waren knapp 37.800 weniger als im Juli, aber 296.000 mehr als vor einem Jahr.

Starker Anstieg im ersten Quartal

Die Arbeitslosenquote lag gegenüber dem Vormonat unverändert bei 10,4 Prozent, wie die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg mitteilte. Vor einem Jahr hatte sie bei 9,6 Prozent gelegen. Nach Angaben von Behördenchef Florian Gerster änderte sich die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit im August nicht, nachdem sie im Durchschnitt der vergangenen drei Monate gesunken, im ersten Quartal aber stark gestiegen war.

Trübe seien die Aussichten auf dem Lehrstellenmarkt. Dort stünden noch rund 113.100 weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung als Bewerber vorhanden seien.

Clement hob hervor, die bereits realisierten Reformen am Arbeitsmarkt begännen Wirkung zu zeigen. So entschieden sich immer mehr Arbeitslose für den Weg in die Selbstständigkeit. "Wir werden aber nur dann zu einem deutlichen und anhaltenden Rückgang der Arbeitslosenzahlen kommen, wenn der von uns eingeleitete Reformkurs konsequent fortgesetzt und nicht aufgehalten wird", erklärte der Minister weiter.

Clement fordert mehr Ausbildungsplätze

Besorgt äußerte sich Clement über die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Ebenso wie auch Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) rief der Wirtschaftsminister die Unternehmen erneut auf, mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen.

Kritik an Clement übten die Jusos. "Herr Clement scheint mit seiner Ausbildungstour lieber PR-Eigendarstellung zu betreiben, als die Ausbildungsmisere nachhaltig anzugehen", erklärte der stellvertretende Juso-Vorsitzende Björn Böhning.

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer warf der Regierung vor, die wahre Dramatik der Lage durch geschönte Statistiken zu verschleiern. Als Beleg verwies er auf die Zahl der Erwerbstätigen, die im vergangenen Jahr um 622.000 gesunken sei.

Von einem "dramatischen Versagen von Rot-Grün in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik" sprach der CSU-Wirtschaftsexperte Johannes Singhammer. Er drängte auf eine weitere Flexibilisierung des Arbeitsrechts, um betriebliche Bündnisse für Arbeit zu erleichtern. Auch der CDU-Politiker Karl-Josf Laumann wies darauf hin, die "mit großem Pomp von der Regierung vor einem Jahr verkündeten und eingeführten Hartz-Reformen" hätten "praktisch keine Effekte" erzielt.

Liberale: längste Stagnation seit Kriegsende

FDP-Vize Rainer Brüderle erklärte, die Regierung sei verantwortlich für die längste Stagnation auf dem Arbeitsmarkt in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler rief die Europäische Zentralbank (EZB) auf, die Zinsen weiter zu senken. Von der Geldpolitik müsse ein wesentlicher, zusätzlicher Konjunktur- und Arbeitsmarktimpuls ausgehen, erklärte Stiegler in Berlin.

Der SPD-Abgeordnete Klaus Brandner erklärte, der leichte Rückgang der Arbeitslosenzahl widerlege pessimistische Vorankündigungen: "Der Tiefpunkt ist eindeutig überwunden." Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte zusätzliche Maßnahmen, um die Binnenkonjunktur anzukurbeln.

(sueddeutsche.de/AFP)

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