Süddeutsche Zeitung

Arbeit und Soziales:Arbeitslosenzahl steigt im Juni um 40 000

Insgesamt sind in Deutschland damit etwa 2,85 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Die Zahl der neu angemeldeten Kurzarbeiter ging stark zurück.

Von Alexander Hagelüken

Die Zahl der Arbeitslosen steigt wegen der Corona-Pandemie weiter. Im Juni waren 40 000 Menschen mehr ohne Stelle als im Monat zuvor - insgesamt 2,85 Millionen. Allerdings bremst der Anstieg deutlich ab. Im Mai und April hatten zusammen fast eine halbe Million Bürger ihren Job verloren.

"Der Arbeitsmarkt ist wegen der Corona-Pandemie weiterhin unter Druck", sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele. "Der massive Einsatz von Kurzarbeit stabilisiert aber." So meldeten Unternehmen für 340 000 Beschäftigte zusätzlich Kurzarbeit an. Auch dieser Anstieg flacht sich ab: Von März bis Mai meldeten die Firmen 11,8 Millionen Beschäftigte an. Wie viele davon tatsächlich kurzarbeiten, wird erst mit Verzögerung klar. Im April waren es fast sieben Millionen. Das sind weit mehr als beim letzten großen Konjunktureinbruch, der Finanzkrise 2008/2009.

Die Corona-Krise hat deutliche Spuren am Arbeitsmarkt hinterlassen. Normalerweise nimmt die Beschäftigung Anfang des Sommers zu. Im Vergleich zum Jahr davor gibt es aber nun 640 000 Arbeitslose mehr.

Die Lage am Arbeitsmarkt hängt maßgeblich davon ab, wie schnell Deutschland aus der Krise findet. Die meisten Forschungsinstitute erwarten, dass die Wirtschaftsleistung dieses Jahr um sechs bis sieben Prozent schrumpft. Sie gehen aber davon aus, dass sich die Wirtschaft seit Beginn der Lockerungen wieder langsam erholt, was die Chancen auf neue Stellen verbessert. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit, rechnet nach einem kurzfristen Anstieg auf mehr als drei Millionen im Jahresdurchschnitt mit 2,8 Millionen Arbeitslosen. Das wäre eine halbe Million mehr als vergangenes Jahr, aber relativ wenig im Vergleich zu Spanien, Italien oder den USA, wo die Lage schlimmer ist.

Bei ihren relativ optimistischen Prognosen unterstellen die deutschen Forscher, dass es keine zweite Infektionswelle mit neuerlich starken Einschränkungen der Unternehmen gibt. Sie unterstellen auch eine langsame Erholung der Weltwirtschaft. Beides ist nicht sicher.

Es gibt unabhängig von der Frage eines zweiten Lockdowns aber auch skeptischere Prognosen. So geht der frühere Wirtschaftsweise Bert Rürup davon aus, dass die Zahl der Arbeitslosen bis Ende des Jahres auf 3,5 Millionen steigt und dort im Verlauf des kommenden Jahres verharrt. Dann hätte die Corona-Pandemie drastische Spuren am Arbeitsmarkt hinterlassen.

Andere Forscher betonen etwa den Effekt der umfangreichen staatlichen Hilfspakete. So rechnet das Nürnberger IAB-Institut damit, dass allein das Konjunkturprogramm mit der gesenkten Mehrwertsteuer das Wirtschaftswachstum 2020 und 2021 um drei Prozent erhöht - und die Zahl der Beschäftigten um 440 000.

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