Arbeitskampf:Gewerkschafter werfen Post Einschüchterung vor

Warnstreik der Post-Zusteller

Post-Zusteller bei einer Protest-Kundgebung in Hamburg.

(Foto: Bodo Marks/dpa)
  • Die Gewerkschaft Verdi wirft der Post vor, Angestellte einzuschüchtern, um sie von der Teilnahme an Streiks abzuhalten.
  • Auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung bestritt die Post die Vorwürfe nicht ausdrücklich.
  • Wirtschaftsminister Gabriel formulierte in einem Brief an Post-Chef Appel: Allen Arbeitgebern, "ganz besonders aber den großen Unternehmen mit Bundesbeteiligung", müsse die "unbedingte Achtung sowohl persönlicher wie kollektiver Arbeitnehmerrechte abverlangt werden".

Von Detlef Esslinger

Die Deutsche Post soll Streikenden mit dem Verlust ihres Jobs gedroht haben - und zwar jenen, die nur einen befristeten Vertrag haben. Das wirft die Gewerkschaft Verdi dem Konzern vor und hat deshalb Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel eingeschaltet. Der hält die Vorwürfe für glaubhaft. In seiner Eigenschaft als SPD-Vorsitzender forderte Gabriel den Vorstandschef der Post, Frank Appel, zur Stellungnahme auf. Auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung bestritt die Post die Vorwürfe nicht ausdrücklich.

Einzelgespräche nach dem Warnstreik

Verdi stützt sich auf Anrufe, Gedächtnisprotokolle und Vermerke von Betroffenen. Eine Arbeitnehmerin zitierte eine Führungskraft mit den Worten, die "übergeordneten Stellen" schauten darauf, wer streike und wer nicht: "Und die haben auch schon den Hinweis gegeben, dass sie gerade bei befristeten Kräften genau auf die Verträge schauen." In einem Zustellstützpunkt habe der Leiter mit allen befristet Beschäftigten, die an einem Warnstreik teilnahmen, Einzelgespräche geführt. "Einige sind total eingeschüchtert und erklärten mir, dass sie an keinem Streik mehr teilnehmen", berichtete daraufhin eine Betriebsrätin der Gewerkschaft. Verdi-Vize Andrea Kocsis stellte die Vorwürfe in anonymisierten Zitaten in einem vierseitigen Brief an SPD-Chef Gabriel zusammen und sagte, Zeitpunkt, Wortwahl und Argumentationsketten fügten sich zu einem "systematisch gesteuerten Bild".

Dass Gabriel die Vorwürfe für zutreffend hält, wird aus der Wortwahl des Briefes deutlich, den er am 4. Mai an Post-Chef Appel schrieb. Darin formulierte er: "Offenbar haben Vorgesetzte Druck ausgeübt, um Verdi-Mitglieder gegen ihre Gewerkschaft in Stellung zu bringen." Allen Arbeitgebern, "ganz besonders aber den großen Unternehmen mit Bundesbeteiligung", müsse jedoch die "unbedingte Achtung sowohl persönlicher wie kollektiver Arbeitnehmerrechte abverlangt werden". Der Bund hält an der Post AG noch 21 Prozent.

Die Deutsche Post reagierte auf SZ-Anfrage mit einem schriftlichen Statement eines Sprechers. Es sei "nicht Teil unseres Führungs- und Kommunikationsverständnisses, Druck auf Verdi-Mitglieder auszuüben", hieß es darin. Es sei "jedoch selbstverständlich, dass unsere Führungskräfte unseren Beschäftigten die Auffassung des Unternehmens zur Notwendigkeit der Schaffung wettbewerbsfähiger Löhne intensiv erläutern und mit ihnen diskutieren". In dem Konflikt geht es um Löhne, Arbeitszeiten sowie den Plan der Post, einen Teil des Paketgeschäfts in Billig-Gesellschaften auszulagern.

Verdi wirft dem Unternehmen außerdem vor, im April Streikenden zu viel Lohn abgezogen zu haben - und zwar pro Streiktag 1/23 ihres Lohns, obwohl nur 1/30 zulässig gewesen wären. Dazu erklärte die Post auf SZ-Anfrage, sie werde ihre Praxis nun umstellen. Mit der Lohnzahlung im Juni werde die April-Auszahlung "korrigiert" und die Differenz erstattet. Die Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion für Arbeitnehmerrechte, Beate Müller-Gemmeke, sagte der SZ, die Bundesregierung müsse "endlich ihren Einfluss im Aufsichtsrat nutzen, damit die Post zu einem fairen Umgang zurückfindet".

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