Arbeitskampf am Frankfurter Flughafen:"Im Zweifel können wir ein paar Wochen weiterstreiken"

Die Fronten im Tarifstreit sind verhärtet: Derzeit gibt es keine Gespräche zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft. Die droht mit wochenlangen Streiks, falls es keine Einigung gibt - Flughafenbetreiber Fraport hält die Forderungen für überzogen. Die Reisenden ärgern sich erneut über 280 gestrichene Flüge.

Jens Flottau, Frankfurt

Die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) hat damit gedroht, ihre Streiks am Frankfurter Flughafen fortzusetzen, falls es am Wochenende keine Einigung mit der Fraport AG gibt. "Die Zeit ist auf unserer Seite", sagte GdF-Tarifvorstand Markus Siebers der SZ. "Im Zweifel können wir das auch ein paar Wochen weitermachen." Derzeit gibt es Siebers zufolge keine Gespräche zwischen der Gewerkschaft und dem Flughafenbetreiber.

Ein weiterer Streik der Vorfeldkontrolleure würde jeweils 24 Stunden vor Beginn angekündigt werden, so die GdF. Am Wochenende soll der Betrieb am größten deutschen Flughafen normal laufen. Die Vorfeldkontrolleure hatten bereits am Donnerstagnachmittag einen ersten Streik angetreten. Deswegen waren rund 150 Flüge ausgefallen. Am Freitag morgen setzten sie den Ausstand fort und wollten ihn bis 20 Uhr durchziehen. Rund 280 der täglich rund 1300 Flüge von und nach Frankfurt wurden daher schon bis zum Morgen gestrichen.

Flughafenbetreiber Fraport versuchte, rund die Hälfte aller Verbindungen aufrecht zu erhalten. In den Terminals bildeten sich lange Schlangen wartender Passagiere. Die Fluggesellschaften versuchten, vor allem die Langstreckenflüge durchzuführen, bei denen ihre Gäste nicht auf Alternativen wie die Bahn oder Auto umsteigen konnten. Fraport forderte die Gewerkschaft öffentlich auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Einen direkten Kontakt zwischen den beiden Seiten hat es aber bis Freitagnachmittag offenbar nicht gegeben.

Von Verdi zur GdF

Die Überwachung des Vorfeldes obliegt rund 200 Mitarbeitern, die auf Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und die Verkehrszentrale aufgeteilt sind. Die Gruppe wurde ursprünglich von der Gewerkschaft Verdi vertreten, ist aber zur GdF, die bis dahin nur die Lotsen der Deutschen Flugsicherung repräsentiert hat, übergewechselt. Auch die Lotsen befanden sich im vergangenen Jahr in einem Tarifkonflikt mit ihrem Arbeitgeber, der erst nach Monaten und einigen Warnstreiks beigelegt wurde. Lufthansa und Air Berlin haben deswegen eine Klage auf Schadensersatz gegen die Gewerkschaft eingereicht.

Bei den Vorfeldmitarbeitern will die GdF nun hohe Gehaltssteigerungen von bis zu 70 Prozent, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Zulagen durchsetzen. All diese Forderungen sollen nach dem Wechsel von Verdi zur GdF Teil eines komplett neu verhandelten Tarifvertrages werden. Das bisherige Abkommen basierte noch auf Regelungen aus dem Öffentlichen Dienst, von denen wollen die Mitarbeiter aber wegkommen. Fraport hatte bereits nach der zweiten Verhandlungsrunde den ehemaligen Regierenden Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust, als Schlichter vorgeschlagen.

Kritik an der Gewerkschaft

Dessen Spruch nahm die Gewerkschaft schon am Montag der vergangenen Woche an, der Flughafen lehnte ihn jedoch am gleichen Tag ab. Beide Seiten streiten, wer für das Scheitern der Verhandlungen und der Schlichtung verantwortlich ist. Die Gewerkschaft sieht sich aus zwei Gründen scharfer Kritik gegenüber. Arbeitgeber, aber auch die Vorsitzende des Fraport-Betriebsrates Claudia Amier, halten die Höhe der Forderungen für überzogen, unter anderem deswegen, weil sie in keinem Verhältnis zu den Steigerungen bei anderen Berufsgruppen am Flughafen stehen. Gerade die Mitarbeiter der Bodenverkehrsdienste stimmten 2010 einem Kompromiss mit dem Flughafen zu, in dem sie sogar auf Ansprüche verzichteten, um ihren Unternehmensteil rentabler zu machen.

Siebers findet, zwischen Verdi und Fraport herrsche ein "so dicker Filz, dass man ihn mit keinem Messer durchschneiden könne." Der ehemalige Gewerkschafter Herbert Mai ist als Arbeitsdirektor Vorstandsmitglied bei Fraport. Zudem richtet sich die Kritik auf den Umstand, dass eine kleine Gruppe mit einem Streik einen so großen Schaden anrichten kann. "Dass 200 von 20 000 Mitarbeitern des Frankfurter Flughafens versuchen, den ganzen Betrieb lahmzulegen, ist nicht akzeptabel und führt das Streikrecht ad absurdum", sagte Klaus-Peter Siegloch, Chef des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrsindustrie (BDL).

"Das rücksichtslose Machtspiel von 200 Beschäftigten und der GdF schädigt den Luftverkehr und die Gesamtwirtschaft in unserem Land", so der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, Ralph Beisel. "Die Politik muss einem solchen Treiben einen klaren Riegel vorschieben." Siebers weist dies zurück und betont, niemand würde auf die Idee kommen, Ähnliches im Falle von Verdi fordern.

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