Porträt:Der Testfall

Porträt: Der designierte Arbeitgeber-Chef Rainer Dulger hat sich einiges vorgenommen.

Der designierte Arbeitgeber-Chef Rainer Dulger hat sich einiges vorgenommen.

(Foto: Jan Hosan)

Der designierte Arbeitgeber-Chef Rainer Dulger gilt als forscher als seine Vorgänger. Was bedeutet das für die Republik?

Von Alexander Hagelüken

Es gibt einfachere Zeiten, um so ein Spitzenamt anzutreten. Das merkt man im Gespräch gleich. Rainer Dulger sitzt abends in der Firma in Heidelberg und sagt, Unternehmen wollten "Verantwortung für unser Land und unsere Arbeitsplätze übernehmen". Aber wie wird das mit den Jobs in der Corona-Krise? Zumal es schon zuvor Herausforderungen wie Digitalisierung und Dekarbonisierung gab?

Die Vereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) spricht für die private Wirtschaft, in der drei von vier Beschäftigten angestellt sind. Es ist ein Laden von erstaunlicher Kontinuität. Wird Dulger an diesem Donnerstag wie geplant gewählt, ist er erst der dritte Präsident in 24 Jahren - sein Vorvorgänger begann unter Kanzler Helmut Kohl. Schon deshalb richten sich die Blicke darauf, wie dieser Rainer Viktor Dulger, den manche allzu forsch finden, seine Sache machen wird.

Fragt man den 56-Jährigen, was ihn prägt, redet er sofort über seinen Betrieb, der Dosierpumpen etwa für die Energiebranche herstellt. Er wünscht sich Anreize für junge Menschen, Unternehmer zu werden wie sein Bruder und er. Schulen und Unis sollten das mehr vermitteln, findet er. Gegründet hat die Firma sein Vater. Als den Vater anfangs Rivalen belächelten, nannte er die Firma "Prominent". Er wollte es denen zeigen, und er behielt recht: Heute ist Prominent weltweit tätig.

Der Vater blieb in der Firma lange präsent, und der Sohn erzählt offen, dass so etwas "immer konfliktbehaftet sei". Letztlich habe man aber alle Konflikte gelöst. Für Prominent reist der Sohn seit 25 Jahren durch die Welt - und lernt dabei viel. Etwa: "Wir Deutsche haben immer die schlechteste Meinung von uns. Andere sagen: Ihr macht es toll und habt eine fähige Regierung". Was er international auch erlebt, ist scharfer Wettbewerb. Dulger fordert von der Regierung daher Veränderungen: "Deutschland hat mit die höchsten Unternehmenssteuern und Lohnkosten, aber gleichzeitig eine der schlechtesten Infrastrukturen, sowohl bei digitalen Netzen wie bei Verkehr und Energienetz". Er warnt, Deutschland sei wieder auf dem Weg dazu, Europas kranker Mann zu werden. "Von Gerhard Schröders Agenda ist leider fast nichts mehr übrig. Was unseren Wohlstand ausmacht, wird Stück für Stück zurückgedreht." Er geißelt Überregulierung und verlangt, Sozialbeiträge in der Verfassung auf unter 40 Prozent des Lohns zu begrenzen.

Wie wird sich Dulger als Arbeitgeberchef schlagen? Seine Vorgänger traten konziliant auf. Der bisherige BDA-Präsident Ingo Kramer trug nach eigener Einschätzung dazu bei, "die Verhältnisse in Berlin stabil zu halten. Polarisierer gibt es genug". Für genau so einen Polarisierer hält mancher Dulger, der der IG Metall kürzlich "vollkommenen Unsinn" vorwarf. Aus der Gewerkschaft heißt es, der neue BDA-Präsident pflege ein überholtes Gesellschaftsbild. Als Chef von Gesamtmetall habe er sich in der Tarifrunde 2018 verkalkuliert, weil er nicht glaubte, dass männliche Arbeitnehmer für ein Thema wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf die Straße gehen.

In Berlin wird erzählt, es habe in der BDA bis hin zu Kramer Vorbehalte gegen Dulger gegeben, was dieser dementiert: "Diese Diskussion hat es in der BDA nie gegeben." Und die Vorwürfe, er trete zu aggressiv auf? "Ich hoffe nicht. Sie können davon ausgehen, dass ich immer entschieden in der Sache und offen und fair im Umgang sein werde". Im Verband ist zu hören, Dulger ziele oft auf Konsens, werde aber einiges klarer ansprechen als der Vorgänger. Das wäre im Sinne mancher Unternehmer, die Kramer zu soft finden.

Dulger freut sich sichtlich auf das Amt. Beim Gespräch am Montag Abend wirkt er locker, wie man ihn nicht immer erlebt. Er entspannt am besten mit der Familie, erzählt er. Um bei ihnen zu sein, setzt er sich morgens zu Frau und Sohn an den Tisch, obwohl er selbst der Linie wegen nicht mehr frühstückt.

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