Arbeit:Ohne Corona-Test keine Arbeit? Bundesrichter entscheiden

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Können Unternehmens Corona-Tests vorschreiben? Mit dieser Frage beschäftigt sich jetzt das Bundesarbeitsgericht. Foto: Matthias Balk/dpa (Foto: dpa)

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Erfurt (dpa) - Mit ihrem Widerstand gegen eine vom Arbeitgeber verordnete Corona-Testpflicht hat sich eine Flötistin der Bayerischen Staatsoper durch alle Gerichtsinstanzen gekämpft:

Heute sollen nun Deutschlands höchste Arbeitsrichter in Erfurt entscheiden, ob Arbeitgeber ihren Angestellten Corona-Tests vorschreiben können. Rechtlich geht es um das Weisungsrecht von Arbeitgebern und die Konsequenzen daraus. Damit landet ein weiterer Corona-Streitfall vor dem Bundesarbeitsgericht.

Offen ist, ob sich die Bundesarbeitsrichter bei ihrer Entscheidung an einem Tarifvertrag für Orchestermusiker orientieren wie die Vorinstanzen in München, oder ein Grundsatzurteil fällen. Dies hätte nach Ansicht von Fachleuten Auswirkungen auf Zehntausende Arbeitnehmer, wenn die Zahl der Corona-Infektionen im Herbst in Deutschland wieder drastisch steigen sollte. "Ein Grundsatzurteil kann für die nächste Infektionswelle entscheidende Hinweise zur Abwägung von Daten- und Gesundheitsschutz geben", sagt der Bonner Arbeitsrechtsprofessor Gregor Thüsing.

Keine Arbeit ohne Test

Die Orchestermusikerin weigerte sich, wie von ihrem Arbeitgeber vorgeschrieben, zum Spielzeitbeginn 2020/21 einen PCR-Test zu absolvieren. Das Hygienekonzept der Staatsoper in München sah vor, dass sich alle Mitarbeiter bei Dienstantritt kostenfrei testen lassen. Sonst sollten sie von Proben und Aufführungen ausgeschlossen werden. Auf die Test-Verweigerung der Flötistin reagierte der Arbeitgeber prompt - keine Arbeit und damit kein Gehalt waren die Konsequenz.

Noch keine staatlichen Vorgaben

Der Fall spielt in einer relativ frühen Phase der Corona-Pandemie, im August 2020, als viele Regelungen und Verordnungen noch im Entstehen waren. Eine staatlich verordnete Pflicht zu Tests für ungeimpfte Arbeitnehmer jenseits von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen bestand erst von November 2021 bis März 2022. Die Bayerische Staatsoper stellte - wie viele andere Arbeitgeber in Deutschland auch - ein eigenes Hygienekonzept für ihre zu diesem Zeitpunkt etwa 1000 festen Mitarbeiter auf, darunter 140 Orchestermusiker.

Was die Klägerin will

Die Flötistin pocht darauf, dass ihr Gehalt für die Monate August bis Oktober 2020 nachgezahlt wird. Sie vertritt die Auffassung, dass es keine rechtliche Grundlage für anlasslose, allgemeine PCR-Tests gab und weder Datenschutz noch Arztgeheimnis gewahrt worden seien.

Ihr Arbeitgeber begründet sein Vorgehen mit einem Tarifvertrag für Orchestermusiker (TVK), bei dem es einen Passus zum Ausschluss ansteckender Krankheiten gibt. Die ersten beiden Instanzen in Bayern wiesen die Klage der Flötistin ab und verneinten Gehaltsnachzahlungen. Sie beriefen sich allerdings auf den Tarifvertrag. Arbeitsrechtler Thüsing hofft nun, dass grundsätzlich über Weisungsrechte entschieden wird.

© dpa-infocom, dpa:220601-99-501278/3

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