Aramco:Größter Börsengang der Geschichte

Der saudische Ölmulti Aramco ist fast zwei Billionen Dollar wert, und die Welt diskutiert über Klimaschutz. Wie geht das eigentlich zusammen?

Von Paul-Anton Krüger

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman dürfte zufrieden sein mit dem von ihm betriebenen Börsengang des staatlichen Ölkonzerns Aramco. Am ersten Handelstag an der Börse von Riad stiegen die Aktien um zehn Prozent über den Ausgabepreis, das erlaubte Tageslimit. Umgerechnet auf den Gesamtwert würde das heißen, dass die Anleger Aramco auf 1,88 Billionen Dollar taxieren - und damit recht nahe an der Marke von zwei Billionen Dollar sind, die der Thronfolger als seine Vorstellung kundgetan hatte. Mit Blick auf diese von vielen Analysten angezweifelte Bewertung sagte Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman: "Es ist ein großartiger Tag für Saudi-Arabien, für die Führung Saudi-Arabiens und die Bevölkerung Saudi-Arabiens. Er sprach von einem "D-Day für Aramco" und einem "Tag der Abrechnung und Rechtfertigung".

MbS, wie der Kronprinz oft nur genannt wird, hat angekündigt, mit den Einnahmen den Umbau der Wirtschaft zu finanzieren, die er mittelfristig vom Öl unabhängig machen will. Dafür aber werden die 25,6 Milliarden Dollar nicht reichen, die Saudi-Arabien mit dem Börsengang erlöst hat. Insgesamt hatte Mohammed bin Salman geplant, 100 Milliarden Dollar zu erzielen. Doch der geplante Börsengang fiel deutlich bescheidener aus, als ursprünglich anvisiert. So brachte Aramco nur 1,5 Prozent seiner Anteile an die Tadawul, auf eine Emission an einer internationalen Leitbörse wie New York oder London verzichtete das Königshaus. Offen ist, ob sich dort ausreichend Interessenten gefunden hätten.

Participants attend the official ceremony marking the debut of Saudi Aramco's IPO on the Riyadh's stock market, in Riyadh

Eingeläutet: Den Börsengang des saudischen Ölkonzerns Aramco nannte der Energieminister des Landes „großartig“.

(Foto: Ahmed Yosri/Reuters)

Mehr als drei Viertel der Aktien gingen an saudische Investoren, 13,2 Prozent kaufte die Regierung über ihr nachgeordnete Institutionen selber. Banker und Geschäftsleute berichten, reichen saudischen Familien sei mit Nachdruck nahegelegt worden, dass es eine patriotische Pflicht sei, die Papiere zu zeichnen. Zu den ausländischen Investoren zählen die Staatsfonds des Emirats Abu Dhabi und Kuwaits, die laut dem Wall Street Journal 2,5 Milliarden Dollar beisteuerten. Für andere ausländische Anleger blieben demnach nur noch Aktien im Wert von 1,44 Milliarden Dollar.

Allerdings hofft Saudi-Arabien, dass eine anhaltende Kursrallye noch den Enthusiasmus westlicher Kapitalanleger wecken könnte - und man einen Börsengang auf internationalem Parkett nachziehen kann. International dürfte die Aufmerksamkeit steigen, wenn die Titel demnächst in bekannte Indizes wie MSCI und FTSE aufgenommen werden. Der Versuch Aramcos, westliche Investoren zu gewinnen, war allerdings maßgeblich an den Preisvorstellungen der Saudis gescheitert. Zudem hielten auch grundlegende Bedenken Investmentfonds davon ab, Anteile zu kaufen.

Zum einen hatte ein Angriff mit Drohnen und Marschflugkörpern auf wichtige Anlagen von Aramco Mitte September die Hälfte der Produktionskapazitäten des Konzerns vorübergehend lahmgelegt. Zum anderen rief die Attacke, die Saudi-Arabien wie die USA und wichtige europäische Staaten Riads regionalem Rivalen Iran zuschreiben, in Erinnerung, wie volatil die geopolitischen Randbedingungen sind. Überdies fragen sich einige Investoren, ob angesichts der Bestrebungen zum Klimaschutz der größte Produzent fossiler Brennstoffe eine nachhaltige Anlage ist.

Wie sich die Aktie und damit auch der Wert von Aramco entwickelt, wird sich erst noch zeigen. Anlegern, die ihre Papiere mindestens 90 Tage halten, wurden Bonusaktien in Aussicht gestellt, überdies gibt es Renditeversprechen. Bei anhaltend hoher Nachfrage können die mit der Ausgabe betrauten Banken weitere Anteile im Zuge sogenannter Mehrzuteilungsoptionen verkaufen. "Die Bewertung ist sehr hoch, das Rückschlagpotenzial vom Kurs darf man nicht unterschätzen," warnte Chefanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. Den Superlativ des größten Börsengangs hat Aramco aber bereits für sich verbucht, die Firma ist nun auch das wertvollste börsennotierte Unternehmen der Welt und überholt Apple und Microsoft. An diesem Donnerstag könnte sogar die Zwei-Billionen-Dollar-Marke durchbrochen werden.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: