Apples riskantes Geschäftsmodell:Göttlich - und gefährlich

Steve Jobs' Geschäftsmodell war faszinierend: Er konnte Magie in Gewinne verwandeln, weil er die Welt der elektronischen Produkte besser verstand als andere. Aber Jobs war auch von einem Kontrollwahn getrieben. Er wollte wie ein Gott eine eigene Welt schaffen. Das hat nun Folgen - für Mitarbeiter und für Aktionäre.

Karl-Heinz Büschemann

Wo gibt es so was? Der Chef eines Weltkonzerns muss jedes neue Produkt persönlich vor den TV-Kameras der Welt anpreisen. Das gab es bisher nur bei Apple, dem kalifornischen Computer- und Mobiltelefon-Unternehmen mit dem magischen Touch. Es kommt auch nur bei der Weltmarke aus Kalifornien vor, dass Kunden vor der Tür ihrer Filialen bei Eis und Schnee übernachten, nur um das neueste Elektronik-Spielzeug so schnell wie möglich zu ergattern.

Tributes to the late Steve Jobs are left outside the Apple Store in London

Anerkennung für Steve Jobs. Diese Äpfel liegen vor einem Apple-Geschäft in London.

(Foto: REUTERS)

Das sind die Fans, manche sagen Opfer, von Steve Jobs. Der Computer-Unternehmer, der mit 56 Jahren als Legende starb, hat einen neuen Typ von Unternehmer erfunden, eine Figur, die im dunklen Rollkragenpullover auf die Bühne tritt wie ein Magier und die nächste Innovation wie eine Religion verkauft: iMac-Computer, iPod-Musikspieler, das mobile iPhone, das iPad. Die Produktankündigungen von Jobs wurden zum Gottesdienst. Den Gläubigen war egal, dass sie ihre Apple-Spielzeuge überteuert kauften. Die Pods und Pads sind von erlesenem Design, leicht bedienbar, ein nettes Gesprächsthema bei Tisch und ein sicherer Image-Zugewinn für den Besitzer.

Steve Jobs konnte mit seiner charismatischen Begabung Magie in Gewinne verwandeln. Sein Geschäftsmodell ist aber nicht zur Nachahmung empfohlen - es fehlt die Nachhaltigkeit. Ja, Jobs war ein Visionär, der die Welt der elektronischen Produkte besser verstand als andere. Aber zugleich war er von einem Kontrollwahn getrieben. Er wollte eine eigene Welt schaffen, wie ein Gott. Jetzt müssen Aktionäre und Mitarbeiter um ihre Zukunft bangen.

Jobs hat an führender Stelle einen Konzern mit Weltgeltung und 260 Milliarden Euro Wert geschaffen. Das macht es für seine Nachfolger schwer. Sie müssen ein Unternehmen führen, das wie eine Sekte vollständig auf den charismatischen Chef zugeschnitten war. Apple ist auf die Zeit nach Jobs nicht wirklich vorbereitet. Auf einen Gott kann kein Normalsterblicher folgen. Jobs hätte wissen müssen, wie gefährlich es ist, Guru zu sein. Mitte der achtziger Jahre hatte der Unternehmer eine Gemeinde für seine menschenfreundlichen Computer um sich geschart. Er war kompromisslos. Seine Software sollte elegant sein, fortschrittlich, schön. Und niemand sollte in seiner schönen Welt stören. Er untersagte Lizenzfertigungen. Alles Gute durfte nur aus seiner Firma kommen.

Microsoft schafft einen Weltstandard

Sein großer Gegenspieler Bill Gates machte es anders. Ihm war die Schönheit von Software immer egal und er drückte ein veraltetes und miserables Betriebssystem (MS-Dos) in den Markt. Er vergab Lizenzen und machte damit den Weg frei für die Überschwemmung der internationalen Bürowelt mit IBM-Rechnern und seinen mediokren Programmen. Aber er gewann. Microsoft schaffte einen Weltstandard. Gates wurde der reichste Mann der Welt. Apple war irgendwann so gut wie pleite. Jobs stieg aus.

Später kam er wieder und ihm gelang in diesem Jahrtausend mit iPod und iPhone sogar der eigentliche Schub für Apple. Die Konkurrenten schauten hilflos auf den Magier aus Cupertino. Seiner Wisch-Software hatten sie nichts entgegenzusetzen.

Spätestens jetzt muss jedem klar sein, dass der Apple-Erfolg eine Blase ist. Jobs verkaufte weiter seine Produkt-Religion. Aber er wollte auch die Inhalte kontrollieren. Er wählte aus, wann welches Musikstück zu kaufen ist. Er versuchte mit seiner Macht, die Freiheit des Journalismus zu beschneiden und setzte Verlage mit brutaler Preispolitik unter Druck. So hat Jobs den Abstieg von Apple selbst mit eingeläutet. Er machte sich Feinde.

Als Experte fürs Netz hätte er wissen müssen, dass Diktatoren keine Zukunft mehr haben. Monopolisten halten sich nicht lange. Dann holt die Realität sie ein, der Markt bringt Freiheit zurück. Apples Rivalen haben unter dem Aufsteiger gelitten, aber sie haben von Jobs gelernt. Und holen mit neuen Produkten auf.

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