Apple:Vom Verspielen der Coolness

Apple's New IPad Makes Debut In Sydney To Widen Lead On Google

Apple streitet mit Samsung um die Vormachtstellung auf dem Technologiemarkt.

(Foto: Bloomberg)

Verschlafene Neuerungen und Pannen bei dem Kartendienst: Apples iPhones haben ihren Nimbus verloren. Es fehle die Vision von Steve Jobs, sagt der frühere Apple-Designer Tom Schönherr. Währenddessen kündigt Samsung das "nächste große Ding" an.

Von Artur Lebedew

Die Massen warten eingepfercht zwischen den Absperrgittern vor dem Laden auf das neue iPhone. Daneben stolziert ein Mann vorbei und fährt lässig mit seinem Zeigefinger über das Display seines Samsung-Smartphones. Fassungslos erfährt die Apple-Gemeinde, dass dieses Samsung-Telefon Dinge kann, die ihr Gerät vielleicht im nächsten Jahr mit sich bringt. Oder im übernächsten. Immerhin, die Apple-Jünger dürfen sich auf einen neuen coolen Adapter freuen.

Das sind die Träume, die Samsung in der eigenen Werbung zeigt. Wie lange dauert es noch, bis aus Samsungwunsch Wirklichkeit wird? "Das nächste große Ding ist schon da", wirbt der koreanische Konzern in dem Spot - bei Samsung müssten die Kunden nicht mehr darauf warten, dass etwas passiert. Den Vorsprung in der Technologie habe Samsung schon - und es werde womöglich nicht mehr lange dauern, dann sei auch Apples Coolness-Vorsprung dahin, sinniert das Wall Street Journal.

Auf der Technologiemesse CES in Las Vegas kündigte der Marktführer Samsung kürzlich den Verkauf des neuen Galaxy S4 für das erste Quartal 2013 an: Es hat Features wie einen unzerbrechlichen Bildschirm, einen mehr als zwei Gigabyte großen Arbeitsspeicher und eine neue Akkutechnik, die bis zu 47 Prozent weniger Strom verbraucht - so will Samsung seine Position gegenüber Apple weiter stärken. Auf dem Mobile World Congress im Februar soll das neue Gerät der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Schon in der Vergangenheit konnte Samsung mit einem im Vergleich zu Apple geringeren Preis, zahlreichen unterschiedlichen Modellen sowie Googles beliebter Software Android punkten. Der Technologiekonzern war auch durch zahlreiche damalige Neuerungen, wie dem Touchpad-großen Display oder einer Frontkamera, der Konkurrenz voraus.

Apple hält sich bislang mit Informationen über eine mögliche neue iPhone-Variante zurück. Doch der Konzern hat seinen Nimbus verloren. Seit dem 19. September stürzte der Aktienkurs um etwa 40 Prozent ab. Der Absatz für das neuen iPhone 5 läuft zwar gut, kann die hohen Erwartungen aber nicht erfüllen. Es scheint, als habe Apple seinen Coolness-Vorsprung, der bei vielen Käufern einen Muss-ich-haben-Reflex auslöste - an Samsung verloren.

"Apple hat bei dem neuen iPhone sein Erfolgsgeheimnis verraten", sagt Tom Schönherr, Gründer und Chef von Phoenix Design aus Stuttgart. Schönherr hatte in den 1980er Jahren zusammen mit Steve Jobs an dem Design des ersten tragbaren Apple-Computers mitgewirkt. Die Entwürfe des Unibody, der minimalistischen und wie aus einem Guss gestaltete Oberfläche, entstanden schon damals. Die Reduktion auf das Wesentliche prägen seither die iPods, iPads oder Macbooks des Unternehmens. Die Beliebtheit von Apples Produkten ist stark mit ihrem Aussehen und ihrer Gestaltung verknüpft.

Designer findet das iPhone 5 langweilig

"Das iPhone 5 wirkt gewöhnlich, nicht so radikal wie die vorherigen Produkte", sagt der Designer. Es sehe aus wie seine Konkurrenz und sei zu verspielt. Schönherr erkennt bei der Gestaltung des iPhone 5 eine Abkehr von dem konsequenten und stark reduzierten Design der Vorgängermodelle.

Er verbindet den Erfolg der Marke vor allem mit dem Namen des langjährigen und verstorbenen Konzernchefs Steve Jobs. Der habe das einfache und konsequente Design gelebt. "Vielleicht ist es das, was Apple heute fehlt", sagt Schönherr.

Nach Ansicht des Designers glichen die Produkte von Samsung dagegen einem "Lifestyle-Gefühl": Samsung wirke verspielt, das solle wohl auch so sein. Bei Apple sei das anders. Oder zumindest anders gewesen.

Und jetzt, wofür steht Apple jetzt?

Einer, der sich mit solchen Fragen beschäftigt, ist Andreas Steinle, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts in Wien. Steinle bezeichnet die Abgesänge auf Apple als "Kaffeesatzleserei". Für ihn bleibt der US-Konzern auch in der Zukunft cool und sehr wohl in der Lage, das "nächste große Ding zu landen". Wichtig seien Innovationen und Überraschungen. Darin sei Apple so stark wie kein anderes Unternehmen. "So wurde der Konzern groß, das ist das, was er am besten kann."

Zwar beurteilt der Zukunftsforscher Steinle die vergangenen Pannen, wie den vermasselten Kartendienst oder die miesen Arbeitsbedingungen in Apples Fabriken, als ein "Image-Desaster". Aber das Unternehmen habe in der Vergangenheit ein derart stabiles Bild seiner Marke aufgebaut, dass es solche Probleme überstehen werde. Bestes Beispiel sei die anhaltende Begeisterung für die Apple Stores. Diese glichen eher Pilgertempeln denn gewöhnlichen Verkaufsräumen. "Etwas Vergleichbares ist mir bei Samsung nicht bekannt", sagt Steinle.

Konkurrenz von Google und aus China

Die Begeisterung für Apple spiegelt sich auch in den Börenwerten wider: Während Samsung etwa 217 Milliarden Dollar wert ist, macht der hohe Apple-Kurs das Unternehmen aus Cupertino mit 417 Milliarden Dollar fast doppelt so teuer. Ähnlich sieht es beim Gewinn aus: Der war im vierten Quartal 2012 fast doppelt so hoch wie der von Samsung.

Als den größten Konkurrenten für Apple in absehbarer Zukunft sieht Steinle allerdings nicht Samsung, sondern Google. "Die haben das, was man braucht, um die Marktspitze zu erklimmen: jede Menge Geld und einen starken Innovationsdrang." Die Google-Brille oder selbststeuernde Autos, die der Internet-Riese seit einiger Zeit entwickele, seien nicht weit von alles-könnenden Smartphones entfernt.

Zudem wächst in China für Apple ein mächtiger Gegner heran: Der chinesische Telekommunikationskonzern Huawei holt mit großen Schritten auf. Im vergangenen Quartal verkauften die Chinesen 10,8 Millionen Smartphones und schoben sich auf den dritten Rang der größten Telefonhersteller der Welt. Huawei könnte Apple vor allem durch den Erfolg in den wachsenden Schwellenländern gefährlich werden. Die Chinesen verbuchen besonders in Lateinamerika und Osteuropa starke Absatzzuwächse.

Doch in Sachen Coolheit hat Apple vorerst nicht viel aus China zu befürchten: Zwar werden in dem Land viele Produkt-Ikonen für ausländische Unternehmen gefertigt, doch selbst erfolgreiche zu kreieren - das ist dort noch nicht gelungen.

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