Vision Pro:Die 4000-Euro-Brille von Apple kommt nach Deutschland

Lesezeit: 3 Min.

Anfang Februar brachte Apple die Vision Pro in den USA auf den Markt. (Foto: Apple)

Ist Apples Computerbrille die Zukunft oder doch nur ein überteuertes Spielzeug? Die wichtigsten Antworten zum Verkaufsstart.

Von Simon Hurtz, Berlin

Mark Zuckerberg ist weder für seinen Humor noch für sein Charisma bekannt. Wenn der Meta-Chef über ein Produkt spottet und dabei halbwegs überzeugend wirkt, dann hat der Hersteller ein Problem. Dass es sich dabei um Apple handelt, den erfolgreichsten Hardware-Hersteller, macht die Sache noch ungewöhnlicher.

Anfang Februar brachte Apple die Vision Pro in den USA auf den Markt, kurz darauf verglich Zuckerberg die Computerbrille des Konkurrenten mit Metas eigenem Headset. Die Quest biete nicht nur das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis, sie sei „das bessere Produkt, Punkt“. Allein die Tatsache, dass danach ernsthaft diskutiert wurde, ob Zuckerberg recht haben könnte, ist ein Alarmsignal für Apple: Metas Quest 3 kostet rund ein Siebtel der Vision Pro. Ein knappes halbes Jahr später bringt Apple die Brille nun in weitere Länder.

Wann kommt die Vision Pro nach Deutschland?

Apple nimmt seit Ende Juni Vorbestellungen an, die am Freitag, dem 12. Juli, ausgeliefert werden sollen. Von Freitagmorgen an kann man die Brille auch in Apple-Stores ausprobieren. Die Preise beginnen bei 4000 Euro für das günstigste Modell mit 256 GB Speicherplatz. Wer ein Terabyte möchte und einen zweiten Akku, eine Tragetasche und Korrekturgläser benötigt, zahlt mehr als 5000 Euro.

Was soll die Vision Pro eigentlich sein?

Apple spricht von „der Ära des räumlichen Computings“. Wer sich die Brille aufsetzt, kann komplett in der virtuellen Realität (VR) verschwinden oder die reale Umgebung durch virtuelle Elemente erweitern lassen (Augmented Reality, kurz AR). Dabei blickt man aber nicht durch die Gläser hindurch, vielmehr erfassen Kameras die Umgebung und projizieren das Bild auf die Displays vor den Augen der Nutzer. Im Gegensatz zu anderen Headsets benötigt man keine Controller, sondern kann die Computerbrille mit Bewegungen der Augen und Hänge steuern.

Was macht man mit der Vision Pro?

In Apples Werbefilmen sieht man Menschen, die das Headset bei jeder Gelegenheit tragen: zu Hause und auf Reisen, bei der Arbeit, für Filmabende und virtuelle Work-outs. Kurz nach dem Marktstart liefen in den USA vereinzelt Testerinnen und Early Adopter mit der Computerbrille durch die Stadt. Dieser Anblick ist bislang aber selten. Obwohl man theoretisch Apps und Videospiele nutzen, Webseiten aufrufen und Dokumente bearbeiten kann, ist die Vision Pro für die meisten Menschen in erster Linie eine immersive und teure Leinwand. Für Filme, Serien und Youtube-Videos eignet sich die Brille offenbar gut, bei anderen Anwendungen überwiegen die Nachteile.

Was spricht gegen die Vision Pro?

Wer 4000 Euro für ein portables Kino ausgibt, in dem immer nur eine Person Filme anschauen kann, ist Cineast, Technikfan oder muss nicht aufs Geld achten – vermutlich alles auf einmal. Fast alle Testberichte erwähnen die gleichen Kritikpunkte. Die Vision Pro sei zu schwer, um sie lange zu tragen – was ohnehin nur in der Nähe einer Steckdose möglich wäre, weil der externe Akku gerade mal zwei Stunden durchhält. Auch nach einem halben Jahr gibt es nur wenige brauchbare Apps und kaum Spiele. Display und Handhabung seien der Konkurrenz überlegen, aber längst nicht perfekt. Wenn man den Kopf schnell bewege, verschwimme die Umgebung, Gesten würden teils unzuverlässig erkannt. Die Vision Pro scheint ein beeindruckendes Stück Technik zu sein, das in der ersten Generation aber schlicht zu teuer und unausgereift für den Massenmarkt ist.

Wie verkauft sich die Vision Pro bislang?

Apple nennt keine offiziellen Zahlen, Analysten zufolge liegt der Absatz aber unter den Erwartungen. Bereits nach wenigen Tagen gaben die ersten Käuferinnen ihre Brillen zurück, die mäßigen Testberichte schreckten offenbar viele Interessierte ab. Bis Ende des Jahres werden wohl weniger als eine halbe Million Stück verkauft werden. In den USA ist der Absatz im vergangenen Quartal eingebrochen, frustrierte Kunden verkaufen ihre gebrauchten Gadgets mit drastischem Wertverlust. In einer Zeit, in der Technik immer unauffälliger wird und sich nahtlos in den Alltag integriert, schrecken viele Menschen offenbar davor zurück, sich eine riesige Brille auf den Kopf zu setzen.

War es das mit Virtual Reality?

„VR wird das nächste große Ding“ ist das digitale Äquivalent zu „Der Wedding kommt“. Genau wie dem Berliner Kiez wird der virtuellen Realität seit vielen Jahren der Durchbruch prognostiziert, der aber auf sich warten lässt. Mark Zuckerberg hat Dutzende Milliarden aufs Metaverse gesetzt und seinen Konzern umbenannt, bislang sieht es nach einer schlechten Wette aus. Wenn selbst Apple, das fast ein Jahrzehnt an der Vision Pro gearbeitet haben soll, keine Begeisterung schüren kann, ist das ein schlechtes Zeichen. Für einen Abgesang ist es aber noch zu früh. Meta und Apple haben zu viel investiert, um jetzt schon aufzugeben. Auch das iPhone und die Apple Watch wurden trotz Hypes zum Start auch von vielen belächelt, der große Verkaufserfolg kam erst mit späteren Generationen.

Wie geht es mit der Vision Pro weiter?

Bloomberg und The Information berichten übereinstimmend, dass sich Apple darauf fokussiere, eine günstigere Version seiner Computerbrille zu entwickeln. Die Apple Vision, so könnte das Produkt heißen, soll weniger als 2000 Dollar kosten und Ende 2025 auf den Markt kommen. Mit einem Nachfolger für die Vision Pro ist demnach frühestens in zwei Jahren zu rechnen. Parallel soll Apple an kleineren AR-Brillen arbeiten, die der gefloppten Google Glass oder Metas smarter Ray Ban ähneln. Sein großes Autoprojekt hat Apple im Februar aufgegeben – für die Vision scheint es weiter eine Vision zu geben.

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